Nach 25 Jahren: München will Geld für Straßen - Anrainer sollen zahlen

Es gibt Worte, die will niemand hören: Straßenausbaubeitragssatzung zum Beispiel. Nicht nur, dass dieses Ungetüm wahnsinnig lang ist. Dieses Wort bedeutete für viele Hauseigentümer in München viele Jahre lang auch ein finanzielles Grauen.
Die Stadt hat diese Satzung vor gut drei Jahren deshalb abgeschafft. Niemand sollte mehr an sein mühsam Erspartes ranmüssen, nur weil vor seiner Haustür die Straße neu asphaltiert oder der Gehsteig saniert wurde.
Für die erstmalige Erschließung von Grundstücken bittet die Stadt seine Bürger aber weiterhin zur Kasse. Auch dafür gibt es als rechtliche Grundlage ein Wortungetüm: Erschließungsbeitragssatzung heißt es. Und wie sich nun herausstellt, hat auch diese Satzung so ihre Tücken.
1.000 von 6.000 Straßen in München sind per Definition nicht fertig
Umgelegt dürfen die Kosten für die Erschließung nämlich erst dann werden, wenn die Straße fertig ist. Gemäß der Satzung bedeutet "fertig" aber nicht, dass man die Straße befahren kann. Vom Rinnstein über die Beleuchtung bis zur Frostschutzschicht – es muss wirklich alles picobello sein. Nichts darf mehr fehlen oder wackeln.
Von den etwa 6.200 Straßen in München sind gemäß dieser Definition noch etwa 1.000 Straßen nicht fertig. Sie harren einer Verlängerung oder tun auch unfertig ihre Pflicht. Für diese Straßen sind die Kosten deshalb auch noch nicht auf die Anwohner umgelegt worden.
Grundsätzlich wäre das kein Problem. Nach einer Überarbeitung des Kommunalabgabengesetzes muss eine Straße nun aber spätestens 25 Jahre nach dem Spatenstich abgerechnet sein – danach geht nichts mehr.
Gültig ist die neue Regelung ab April 2021. Im städtischen Bauereferat ist deshalb nun geschäftiges Treiben ausgebrochen. Denn die Neuerung bedeutet: Will die Stadt noch Geld kassieren, müssen Straßen, deren Baubeginn vor April 1996 liegt, jetzt schnell noch fertig werden.
Wie viel gezahlt werden muss, hängt von der Grundstücksgröße ab
58 Straßen hat die Stadt ausgemacht, bei denen man die Frist für die technische Fertigstellung noch einhalten kann (siehe unten). Gut möglich, dass sich in München also bald Fälle wie der in der Schittgablerstraße in der Lerchenau häufen: Dort fielen Hauseigentümer kürzlich aus allen Wolken, weil sie für eine Straße, die seit vielen Jahren vollkommen fertig aussah, plötzlich zahlen sollten.
Die Höhe der Beiträge ist abhängig von der Grundstücksgröße. Bei größeren Grundstücken kann aber schon mal eine fünfstellige Summe fällig werden.
Im Stadtrat ist man alles andere als glücklich über die neue Gesetzeslage. Nicht, weil die Hauseigentümer nun zur Kasse gebeten werden müssen. Das sei normal, sagt SPD-Chef Alexander Reissl. Die Neuregelung schaffe aber eine klare Ungerechtigkeit. Denn logisch: Auf die Schnelle lassen sich nicht alle Straßen fertigstellen. Deshalb müssten die einen zahlen – und die anderen kämen ungeschoren davon.
Bis Ende 2019 gibt sich das Baureferat nun für die Baumaßnahmen Zeit. Danach sollen die Abrechnungen erfolgen. Dann also werden in den betroffenen Haushalten die Bescheide eingehen mit dem Betreff: Erschließungsbeitragssatzung. Für Hauseigentümer wirklich kein schönes Wort.
Top 10 auf der Prioritätenliste: Hier soll noch schnell kassiert werden
Das Baureferat will bis zum Ablauf der Frist schnell noch 58 Straßen fertigstellen – und dann auch abrechnen. Das sind die Top 10 auf der Prioritätenliste:
- Achleitnerstraße in Harlaching
- Gabriel-Max-Straße in Harlaching
- Huisler-/Mariabrunner Straße in Aubing
- Kronstadter Straße in Zamdorf
- Rabenkopfstraße in Harlaching
- Reinerstraße in Harlaching
- Truderinger Straße in Steinhausen (zwischen Riedenburger- und Hultschiner Straße)
- Vierheiligstraße in Harlaching
- Weilheimer Straße in Mittersendling
- Wiebekingstraße in Untermenzing
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