MVG-Chef Wortmann sicher: 49-Euro-Ticket wird sehr bald teurer
München - Das Angebot ist ein Verkaufsschlager, keine Frage. Das 49-Euro-Ticket hat in München alle Erwartungen gesprengt. Vor seiner Einführung verkaufte die MVG 250.000 Isarcards im Monat. Im Mai waren es immer noch 150.000 – plus 250.000 (!) Deutschlandtickets.
Wirkung des Deutschland-Tickets bleibt umstritten
400.000 Zeitkarten hat man also verkauft, dazu kommen in München auch noch Kunden, die bei der S-Bahn, der Deutschen Bahn oder ganz anderen Anbietern zugegriffen haben.
Zweifellos ein Erfolg. Doch wie viele Menschen wirklich umsteigen, von wie viel Blechlawinen und Abgasen die Stadt entlastet wird, bleibt umstritten. Und: Schon sehr bald droht von anderer Seite Ungemach. Denn die Fahrkarte wird wohl teurer werden, als jene 49 Euro, die dem Ticket doch im Volksmund seinen Namen gaben.
MVG-Chef Wortmann: "Bisher fängt die Politik die Differenz auf"
Ingo Wortmann ist nicht nur Chef der MVG – sondern auch Präsident des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen VDV. Auf Nachfrage der AZ bestätigte er am Montag, dass er fest davon ausgeht, dass das Deutschlandticket schon Anfang 2024 teurer wird. "Bisher fängt die Politik die Differenz zu den vorherigen Einnahmen für die Verkehrsbetriebe auf", sagte Wortmann.
Er gehe aber nicht davon aus, dass sie das bei der hohen Inflation weiter tun werde. Im SWR hatte er zuvor auch über "Mehraufwendungen, Materialkosten, Personalkosten" und über die Tarifforderungen der letzten Wochen geklagt.
Wortmann: "Alle Ticketpreise werden erhöht werden müssen"
Bund und Länder hätten in ihren Verhandlungen über die Finanzierung die Chance, den Preisanstieg beim Deutschlandticket abzufedern, sagte Wortmann.
"Aber zu 100 Prozent wird das nicht gelingen", sagte der MVG-Chef im Gespräch mit der AZ. Dass damit die klassischen Isarcard-Abos für viele Kunden des Deutschlandtickets wieder attraktiver werden, glaubt er nicht. "Ich denke, alle Ticketpreise werden erhöht werden müssen."
Preiserhöhung beim Deutschlandticket? SPD-Verkehrsexperte findet das "absurd"
Eben darüber könnte sich eine heftige politische Diskussion abzeichnen. Nikolaus Gradl, der Verkehrsexperte der Rathaus-SPD, sagte am Montag: "Ich finde absurd, wenn ein Abopreis nicht mal zwölf Monate gilt. Für uns steht eine Preiserhöhung nicht zur Debatte." Das Defizit solle weiter aus dem Bundes- und Landeshaushalt finanziert werden.
Gradl glaubt anders als Wortmann nicht daran, dass eine Preiserhöhung letztlich kommt. "Da müssten alle Bundesländer und die Bundesregierung von dem Plan überzeugt werden", sagte er. "Das dürfte schwierig werden. Denn die SPD hat sich auf allen Ebenen immer für sozialverträgliche Preise und einen Aufbau des Angebots für eine Steuerfinanzierung eingesetzt."
MVG-Chef Wortmann: "Eine höhere Nachfrage in Bussen und Bahnen merkt man bisher nicht"
Auch bei der Frage, welche Effekte es auf den Verkehr in München in den ersten Wochen gegeben hat, gehen die Meinungen auseinander.
Wortmann sagte am Montag, man habe "sehr viele" Deutschlandtickets verkauft, eine deutliche höhere Nachfrage in den Bussen und Bahnen merke man bisher aber nicht.
Gradl will auch hier erste Erfolge feststellen können. Mehr Münchner würden auch öffentlich am Wochenende raus fahren, sagte er. Und: Viele Menschen aus dem Umland würden schon früher Park-and-Ride-Parkplätze ansteuern. Und nicht so weit wie möglich mit dem Auto fahren, um sich noch die ein oder andere Zone S-Bahn zu ersparen.