Münchner Wahlkreise gespalten: So hat Ihr Stadtbezirk gewählt
München - Man hätte es vor der Wahl nicht gedacht, dass ausgerechnet im dauerschwarzen Süden eine Grüne das Direktmandat holt. Im Wahlkreis West mit seinen hippen Innenbezirken, in denen der Kaffee inzwischen gerne und oft mit Sojamilch bestellt wird und das Lastenradl als praktischeres Fortbewegungsmittel gilt als der eigene Pkw, hat es für einen grünen Direktkandidaten jedoch nicht gelangt. Dieter Janecek verlor gegen den Mandatsinhaber Stephan Pilsinger von der CSU mit nur 146 Stimmen weniger das Rennen ums Direktmandat.
Wie konnten es die Grünen schaffen, im einst tiefschwarzen Stimmkreis von CSU-Hardliner Peter Gauweiler einen Stich zu machen? Zunächst einmal: Der Wahlkreis München Süd ist sehr divers. Er umfasst sowohl das Villenviertel Solln als auch das bodenständige Hadern und die einstigen Arbeiterviertel Sendling und Giesing.
Die Gewinner nach Erst- und Zweitstimmen in den Stadtvierteln
Fahren Sie über das jeweilige Stadtviertel auf der Karte, um die Stimmanteile der Parteien zu sehen.
Wer einen Blick auf die Erststimmenergebnisse auf Stadtbezirksebene wirft, stellt sogleich fest: Diese Widersprüche und Differenzen spiegeln sich auch in den Wahlergebnissen wider. In Hadern und im Bindestrich-Bezirk Thalkirchen-Obersendling-Fürstenried-Forstenried-Solln hat der konservative Kandidat Michael Kuffer immer noch mehr als 30 Prozent der Wählerinnen und Wähler überzeugen können.
Die Grünen konnten hingegen in den innenstadtnäheren Vierteln überzeugen. In Vierteln, in denen die Alteingesessenen langsam weniger werden und immer mehr junge Leute zuziehen. In der diesjährigen Wahl kommt eben auch ein Generationenkonflikt zutage.
Deutlicher Wandel in Sendling
Der deutlichste Wandel hat sich wohl in Sendling vollzogen. Sieht man von der Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt ab, haben nirgends anders so viele Menschen mit ihrer Erststimme Grün gewählt wie hier. 36,4 Prozent haben für Jamila Schäfer gestimmt. Das sind 18,3 Prozent mehr, als vor vier Jahren Peter Heilrath gewählt haben - und mehr, als die Grünen bei den Erststimmen im München-Schnitt zugelegt haben (10,4 Prozent).
Einfach lässt sich diese neue Grünen-Hochburg nicht erklären. Wahrscheinlich kommen mehrere Faktoren zusammen. So hat in Sendling der SPD-Kandidat Sebastian Roloff noch einmal weniger Menschen überzeugt als bei seinem ersten Kandidatur-Versuch. Er bekam 6,5 Prozent weniger als 2017. Einige SPD-Wähler könnten zu den Grünen übergelaufen sein, vielleicht auch aus taktischen Gründen. Sicher sagen könnte man das ehrlicherweise aber nur, in dem man Wählerbefragungen durchführt.
Augenfällig ist jedoch, dass in Sendling inzwischen wohl mehr Grünen-affine Wähler leben dürften als noch vor vier Jahren. Das Viertel boomt, viele Wohnblöcke werden abgerissen und durch teure Neubauten ersetzt, in die dann junge Berufstätige einziehen.
Auch die ein oder andere Boazn hat schon dichtgemacht und wurde durch Kneipen oder Cafés ersetzt, in denen der Cappuccino ähnlich teuer ist wie in der Maxvorstadt. Sendling wird hip - warum sollte das nicht auch einen - zumindest kleinen - Effekt auf die Wahl gehabt haben.
Im Nachbarviertel, Sendling-Westpark, das noch weniger schicke Gastro und noch mehr klassische Wohnsiedlungen hat, sind die Grünen und die CSU auch weiterhin so gut wie gleichauf. Die Grünen haben die Schwarzen überholt, doch der Abstand ist hier noch nicht so deutlich (28 versus 25,5 Prozent). In Untergiesing-Harlaching und Obergiesing-Fasangarten sieht es ähnlich aus. Untergiesing-Harlaching hat starke Grüne mit 30,4 Prozent.
Spannend wäre zu analysieren, ob Harlaching und Untergiesing auch unterschiedlich gewählt haben. So kleinteilig weist die Stadt die Ergebnisse aber - noch - nicht aus.
Sichere Bank für die CSU? Nurmehr zwei Viertel
Die sichere Bank für die CSU im Münchner Süden sind also nurmehr Hadern und Thalkirchen-Forstenried-Fürstenried-Solln, doch auch hier könnte es in Zukunft knapp werden. Denn in beiden Stadtbezirken konnten die Grünen in etwa um elf Prozentpunkte bei den Erststimmen zulegen, wohingegen die CSU jeweils um mehr als fünf Prozent verloren hat.
Der Westen
Auch im Westen war es eine Abstimmung Innenstadtviertel versus äußere Bezirke. In Aubing, Allach und Pasing ist es weiterhin die CSU, die (bis auf in Pasing-Obermenzing) deutlich über 30 Prozent der Erststimmen für sich reklamieren kann. Die Ausnahme sind die Altstadt und das Lehel, ein innerstädtisches Viertel mit einer aber trotzdem eher alteingesessenen Bewohnerstruktur.
Die Maxvorstadt, Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt und die Schwanthalerhöhe haben jeweils mit deutlicher Mehrheit für den Grünen Dieter Janecek gestimmt. Das Scharnier zwischen dem Münchner Westen und der Mitte, Laim und Neuhausen-Nymphenburg sind insofern interessant, da sich hier die Grünen und die CSU die Wählergunst relativ gleich aufgeteilt haben. In Laim haben jeweils ein Viertel der Wähler für Grün oder Schwarz gestimmt. In Neuhausen-Nymphenburg hat sich das Gewicht schon leicht in Richtung Grün verschoben.
Rennen um Platz zwei ohne die SPD
Und die SPD? Grün mit der Erststimme zu wählen war bei den vergangenen Wahlen für viele Wähler keine Option - sofern sie mit der Absicht gewählt haben, mit ihrer Stimme tatsächlich über das Direktmandat zu entscheiden. Die einzige Chance, die CSU zu schlagen, wurde der SPD zugeschrieben.
Im Norden hatte sie das ja auch bis zur Wahl 2009 mit dem Kandidaten Axel Berg mehrmals geschafft.
Betrachtet man die Stadtbezirke heute, muss man sagen: Die SPD ist aus dem Rennen um Platz zwei geworfen worden. In der Mehrheit der Stimmbezirke haben die Roten beim Rennen ums Direktmandat keine Rolle mehr gespielt. Erst- und Zweitplatzierte sind von CSU oder von den Grünen.
Es gibt Ausnahmen. Und die befinden sich vor allem im Münchner Osten. So kam in Ramersdorf-Perlach die SPD auf Platz zwei mit 22,4 Prozent hinter der CSU mit 32,1 Prozent. Die Grünen kommen hier auf 17,5. In Berg am Laim liegt die SPD bei 21,9 Prozent hinter der CSU (29,7). Und auch auf der Schwanthalerhöhe und in Sendling konnte Seija Knorr-Köning für die SPD Platz zwei erobern. Doch die SPD ist eine Ausnahme geworden.