Münchner Stadtratsfraktionen fordern das 365-Euro-Ticket für 2023

Ein außergewöhnliches Bündnis aus CSU, ÖDP und Linkspartei will den neuen Tarif bis spätestens 2023 einführen – und das trotz schwieriger Haushaltslage.
Christina Hertel |
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Das 365-Euro-Ticket für München kommt möglicherweise schon ab 2023. (Symbolbild)
Das 365-Euro-Ticket für München kommt möglicherweise schon ab 2023. (Symbolbild) © imago images/Joko

München - Für einen Euro am Tag sollen alle Münchner mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren können, und zwar das ganze Jahr über im gesamten Netz. Das fordern die Stadtratsfraktionen der CSU, ÖDP und Die Linke nun in einem gemeinsamen Antrag. Ziel ist, dass das 365-Euro-Ticket spätestens bis zum Fahrplanwechsel 2023 eingeführt wird. Die Kosten dafür schätzen CSU, ÖDP und Linke auf 110 Millionen Euro im Jahr.

Kommt bald das 365-Euro-Ticket für alle?

Die Stadt würde durch ein 365-Euro-Ticket noch "lebenswerter und die Luft reiner", heißt es in dem Antrag, den die drei großen Oppositionsparteien des Stadtrats zusammen verfasst haben. Ihre Idee stellten die Fraktionsvorsitzenden von CSU, ÖDP und der Linken am Dienstag gemeinsam vor. Das sei in der Tat eine ungewöhnliche Konstellation, kommentierte der Fraktionsvorsitzende der Linken Stefan Jagel diesen Zusammenschluss. Alle drei Fraktionen erhoffen sich jedoch positive Effekte – sowohl wirtschaftlich, sozial als auch ökologisch.

Wenn mehr Menschen auf Bus und Bahn umsteigen und das Auto stehenlassen, würden Straßen entlastet, Lieferanten und Handwerker kämen schneller ans Ziel, sagte Manuel Pretzl (CSU). Er rechnet außerdem mit einer Belebung der Innenstadt: Wenn die Fahrt günstig ist, würden womöglich mehr Menschen zum Einkaufen in die Stadt fahren.

Idee des 365-Euro-Tickets gibt es schon lang

Die ÖDP sieht in dem Ticket vor allem einen Beitrag zur Ökologie. "Über die Hälfte des Feinstaubs und Stickstoffdioxids in München sind auf den Kfz-Verkehr zurückzuführen", sagte deren Fraktionsvorsitzender Tobias Ruff. Und Stefan Jagel (Linke) betonte den sozialen Aspekt: 17 Prozent der Münchner seien armutsgefährdet – auch sie sollen mobil sein.

Die Idee eines 365-Euro-Tickets ist nicht neu. In Nürnberg beschloss der Stadtrat diesen Sommer, ein Jahresticket einzuführen. In Wiesbaden sollen es die Bewohner bis 2021 kaufen können. Und Regensburg führte das 365-Ticket dieses Jahr ein. In München hingegen gibt es das Jahresticket bislang nur für Schüler und Auszubildende.

365-Euro-Ticket trotz schlechter Haushaltslage?

Nun solle das Angebot am besten so schnell wie möglich auf alle ausgeweitet werden, fordern CSU, ÖDP und Linke. Und zwar spätestens in etwa zwei Jahren. Dies erscheine auch mit der deutlich verschlechterten Haushaltslage gerechtfertigt, schreiben die Fraktionen in ihrem Antrag. Tatsächlich blickt München gerade auf ein historisch einmalig großes Defizit. Stadtkämmerer Christoph Frey gab kürzlich bekannt, dass er mit einem Minus von 550 Millionen Euro rechne.

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Kann sich da die Stadt ein Jahresticket leisten? Die Kosten von geschätzten 110 Millionen Euro im Jahr könnten sich rechnen, so CSU-Fraktionschef Pretzl, weil Verwaltungsabläufe einfacher werden, wenn es nur ein Ticket gebe. Außerdem rechnen die Antragssteller mit einer großen Nachfrage.

365-Euro-Ticket: Vorbild Wien

In Wien, wo das 365-Euro-Ticket bereits gekauft werden kann, sei die Auslastung von Bus und Bahn um 120 Prozent gestiegen. Deshalb sei es nötig, massiv in den Ausbau von Infrastruktur für ÖPNV und Personal zu investieren. Vor allem seien mehr Expressbusse notwendig, so Pretzl.

Die drei Vorsitzenden sind optimistisch, dass ihre Idee im Stadtrat Anklang findet. Doch zumindest die SPD wird das davon abhängig machen, wer das Ticket bezahlt: "Ministerpräsident Söder hat uns das 365-Euro-Ticket im Landtagswahlkampf versprochen. Wenn er es auch finanziert, nehmen wir es sehr gerne hier in München", sagt Nikolaus Gradl, der verkehrspolitische Sprecher der SPD/Volt-Fraktion.

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3 Kommentare
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  • glooskugl am 01.12.2020 15:03 Uhr / Bewertung:

    Gut , ich persönlich wäre dafür, dass der öffentliche Nahverkehr so finanziert wird wie der öffentliche Rundfunk .Mit wenigen Ausnahmen zahlen alle. Ausnahmen muss es aus triftigen sozialen Gründen geben. Das wäre für die meisten billiger als ein 365 Euro Ticket. Dann bräuchten aus kosten Gründen viele die eine oder zwei Stationen nicht schwarz fahren oder relativ teuer bezahlen. Einfach einsteigen und fahren und Urlauber kaufen ein spezielles Ticket.
    Aber gut , ich zahle ja schon für meine Rentner Card genug und ein 365 Euro Ticket wäre etwas billiger .Der Spatz in der Hand ist mir lieber als die Taube auf dem Dach. Trotzdem sollte man mal über meinen Vorschlag nachdenken.

  • Wolff am 01.12.2020 14:41 Uhr / Bewertung:

    Hat sich Herr Pretzl eigentlich auch mal zu den Stoßzeiten im ÖPNV umgesehen?

    Wo will er da die zusätzlichen Fahrgäste eigentlich unterbingen?

    Eine Verkehrswende im Sinne von weniger Autoverkehr bedeutet schlichtweg weniger Grund in die Stadt zu kommen. Beispielsweise dauerhaft mehr Homeoffice, ein Ende des Münchner Wachstumswahns (attraktive Alternativstandorte für Unternehmen anbieten), evtl. Vorteile für Fahrgemeinschaften o.ä. Insgesamt ist das permanente Herumdoktern an Einzelproblemen aber nicht zielführend. Die Menschheit muss sich endlich mal überlegen, wie man hier in Zukunft leben will. Sonst steuert das Ganze wahlweise auf den 3. Weltkrieg oder die große Umweltkatastrophe zu.

  • glooskugl am 01.12.2020 16:19 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Wolff

    "Stoßzeit "sind 2 Stunden in der Früh und am Abend. Der Rest der Zeit ist ziemlich "luftig", da fährt die U-Bahn ziemlich leer. Das Gedränge an den Zustiegen ist kein Indiz für Überfüllung , sondern eine Unart der Fahrgäste . Eine angedachte Nachtlinie kann sicher nicht ohne Bezuschussung fahren oder teure Nachtticket das wenigstens 50% einer Taxifahrt kosten muss. Ich brauche die aber nicht ...

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