Münchner Ladeninhaberin kritisiert Verdi: "Durch den Streik sind wir abgeschnitten"

Einzelhändler aus der Innenstadt klagen, dass wegen des ÖPNV-Streiks nun noch weniger Kunden kommen.
Thilo Schröder
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Besorgt: Geschenk-Händlerin Sabrina Kaiser.
Besorgt: Geschenk-Händlerin Sabrina Kaiser. © Daniel von Loeper

München - An diesem Montag wird Sabrina Kaiser (33) in ihrem Laden am Alten Peter stehen und sich über die Gewerkschaft Verdi ärgern. Währenddessen wird sie auf jene Kunden warten, die trotz des Streiks im Nahverkehr ihren Weg in die Innenstadt gefunden haben. "Ich finde das unsolidarisch, für Lohnerhöhungen zu streiken in Zeiten, in denen andere um ihr wirtschaftliches Überleben kämpfen", sagt die Inhaberin von Geschenke Kaiser, einem knapp 150-jährigen Traditionsunternehmen. Sie betreibt es zusammen mit ihrer Mutter (62); seit sechs Jahren hat sie außerdem ein Modegeschäft.

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Der Einzelhandel leidet

Bereits durch die Corona-Maßnahmen leide der Einzelhandel stark, sagt Kaiser. "Viele haben gerade zu kämpfen und bangen um ihre Arbeitsplätze. In der Innenstadt stecken die meisten Angestellten in Kurzarbeit." Auch sie habe die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter herabgestuft, individuell, je nach finanzieller Priorität. Sie selbst müsse deutlich mehr leisten als sonst. "Ich habe zwei Kinder, eins und fünf Jahre alt, es ist eigentlich nicht vorgesehen, dass ich den ganzen Tag im Geschäft stehe."

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Streiks im öffentlichen Verkehr verstärkten die derzeitigen Umsatzeinbrüche, klagt sie. "Beim letzten Nahverkehr-Streik sind die Zahlen noch mal runtergegangen, das merkt man extrem. Die Innenstadt ist dann abgeschnitten." Ein Herrenausstatter ihr gegenüber müsse dieser Tage sogar schließen, sagt sie, "und das in allerbester Innenstadtlage".

Immer weniger Fußgänger

Die Leute seien ohnehin verunsichert, schon seit der ersten Anordnung zur Maskenpflicht für Teile der Innenstadt im September - und blieben im Zweifel daheim, sagt Wolfgang Fischer, der Geschäftsführer von City-partner, dem Verband der Innenstadthändler. Anhand der Passantenfrequenz in der Innenstadt könne man das abschätzen: Die Zahl der Fußgänger sei rückläufig, läge nach einer leichten Erholung im Sommer inzwischen vielerorts wieder rund 50 Prozent unter dem Vorjahreswert.

Überfüllte Ersatzbusse

Bei Nahverkehr-Streiks wie dem von Verdi wirke sich nachteilig aus, was sonst ein Highlight der Innenstadt sei: dass der überwiegende Anteil an Menschen, etwa 90 Prozent, mit dem öffentlichen Verkehr ins Zentrum fahren. "Die Hauptverkehrsträger der Stadt sind S-Bahn, U-Bahn und Trambahn", sagt Fischer.

Dass sich die Münchner im Zeitraum gesperrter S-Bahnstrecken oder eben Warnstreiks in "völlig überfüllte Ersatzbusse" drängen sollen, dafür habe er kein Verständnis. "Das ist aus Sicht der Unternehmen verantwortungslos. Das überlegt sich jeder drei Mal in der jetzigen Zeit." Der Streiktag Montag sei zwar "zum Glück nicht der stärkste Tag" in der Verkaufswoche, sagt Fischer. "Aber es geht in der Branche gerade um jeden Euro."

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3 Kommentare
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  • am 26.10.2020 14:27 Uhr / Bewertung:

    Wolff

    So würde ich es jetzt auch beschreiben. Ich denke diese Artikel braucht man nicht.
    Aber ein Grund muss immer dasein, wenn der Laden nicht so läuft.
    Einmal ist es Corona , jetzt ist es der Streik!
    Diese Artikel aus dem Laden werden einfach nicht mehr gekauft.!

  • Wolff am 26.10.2020 13:48 Uhr / Bewertung:

    Interessant, plötzlich ist Streik unsolidarisch. Wo war denn die ganze Solidarität der Geschäftsleute vor Corona? Ist wahrscheinlich ganz plötzlich vom Himmel gefallen, die Entlohnungs- und Verteilungsungerechtigkeit...

    Und der Ladeninhaberin kann ich nur sagen - wenn sie schon weiß, dass der Tag scheiße wird, dann soll sie doch gar nicht erst aufsperren und einen Tag frei machen. Und ich überlege mir nicht nur in der heutigen hundertmal, ob ich mir so einen Räuchermännchen-Quatsch usw. aufschwatzen lasse.

  • köterhalsband am 26.10.2020 10:20 Uhr / Bewertung:

    Die Regierungspropaganda funktioniert hervorragend, wenn solche Leute tatsächlich glauben, die Schuld läge bei den Streikenden.

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