Münchner helfen - "Nochmals an sakrischen Dank dafür"

Die Bilder von der Hochwasser-Katastrophe im Kreis Deggendorf gingen um die Welt. AZ-Leser haben den Opfern großzügige Hilfe geleistet. Hier erfahren Sie, wie mit dem Geld Gutes getan wurde
Natalie Kettinger |
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Nach dem Juni-Hochwasser war das Haus von Erich und Regina Lenk in Fischerdorf zerstört. Heute kann das Ehepaar daheim Weihnachten feiern.
Sigi Müller Nach dem Juni-Hochwasser war das Haus von Erich und Regina Lenk in Fischerdorf zerstört. Heute kann das Ehepaar daheim Weihnachten feiern.

Erich Lenk steht am Fenster seines Wohnzimmers, das seit dem Hochwasser sein Schlafzimmer ist. Er schaut hinüber aufs Grundstück der Nachbarn. Im Juni gingen Bilder dieses Anwesens um die Welt: Nur mehr das Dach und die Spitzen der Thujenhecken ragten aus der braunen Brühe. Die Lebensbäume wachsen dort noch immer. Die weiße Villa ist verschwunden. Sie war nicht mehr zu retten.

Lesen Sie hier: Fischerdorfer Firma überlebt - dank der AZ-Leser

Erich Lenk, seine Frau Regina, Tochter Ramona, die erwachsenen Söhne Manuel und Mario standen nach der Flut ebenfalls vor dem Aus (AZ berichtete). Mittlerweile brummt ihr Edelstahlverarbeitungsbetrieb wieder. „Wir sind bis Ende März ausgebucht“, sagt der Chef.

Dann wirkt der kräftige Mann plötzlich sehr verletzlich. Seine Stimme zittert, die Augen glänzen. „Aber ohne die Spenden der AZ-Leser gäbe es die Firma Lenk nicht mehr.“

Mehr als 1000 Menschen waren allein im Kreis Deggendorf direkt vom Jahrhundert-Hochwasser betroffen. Der Gesamtschaden wird auf 500 Millionen Euro geschätzt. In den Gemeinden Fischerdorf und Natternberg müssen bis zu 200 Häuser abgerissen werden. Baugruben, Bagger und erste Neubauten prägen das Ortsbild.

Das gemietete Haus der Lenks stand bis zum ersten Stock unter Wasser. Wohnzimmer-Einrichtung, Büro und Küche sind Geschichte. Die Räume im Erdgeschoss bestehen nur noch aus Ziegelwänden und blankem Estrich.

Lesen Sie hier: So halfen die AZ-Leser dem Tierheim Freilassing

Immerhin: Ein halbes Jahr nach der Katastrophe ist die Bausubstanz getrocknet. Der Modergeruch, der nach der Flut über allem lag, hat sich verflüchtigt. Die oberen Stockwerke sind wieder bewohnbar. Werkstatt und Garage kann man heute betreten, ohne durch stinkenden Schlamm waten zu müssen. Hier waren Schweißgeräte, Bandsägen, eine Plasma-Schneideanlage und viele andere Werkzeuge in den Fluten versunken. Was das Wasser nicht zerstört hatte, machten Schlamm und Sand funktionsunfähig.

Erich Lenk hat seinen gewerblichen Schaden auf rund 100000 Euro berechnet. Manuel, sein Sohn und Kompagnon, hatte Verluste von 270000 Euro. Mit den Spenden der AZ-Leser konnten sie in der größten Not die notwendigsten Maschinen kaufen, um ihren Betrieb trotzdem fortzuführen. „Nochmals an sakrischen Dank dafür“, sagt Erich Lenk, als er von der schweren Zeit direkt nach der Flut erzählt.

Ein großes Glück für den Familienbetrieb war außerdem, dass die Kunden treu blieben. „Die haben uns gleich wieder mit Arbeit eingedeckt.“ Im Spätsommer floss endlich Geld aus dem Acht-Milliarden-Euro-Topf von Bund und Ländern nach Fischerdorf. Viel zu zögerlich, findet Erich Lenk. „Ich musste das Bankgeheimnis aufheben und bin durchleuchtet worden bis ins Jahr 2003. Aber passiert ist wochenlang nichts.“

Bis der Handwerker penetrant wurde: „An jedem Wochentag mit M hab’ ich im Landratsamt angerufen und an allen Tagen mit D bin ich hingefahren.“ Lenks Taktik hat funktioniert. Erste Überweisungen sind eingegangen: Für den Hausratsschaden von 90000 Euro bekam die Familie 16800 Euro (Soforthilfen, die nach der Flut gewährt worden waren, wurden abgezogen).

Die gewerblichen Verluste hat die öffentliche Hand etwa zur Hälfte ersetzt. Und mit der AZ-Spende verrechnet. Erich Lenk wird weiter um Erstattungen kämpfen, gerade hat er neue Schadenslisten eingereicht. Trotzdem schaut der Fischerdorfer zuversichtlich ins neue Jahr. „Es kann nur besser werden“, sagt er, grinst verschmitzt und drückt fest die Hand seiner Frau.

 

 

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