Münchner haben mehr Autos: Rathaus-Streit über Konsequenzen

Ein offizieller Bericht der Stadt zeigt: Es gibt keine Trendwende weg vom eigenen Pkw. Über die Konsequenzen daraus streitet nun das Münchner Rathaus.
von  Emily Engels
Jörg Hoffmann (FDP).
Jörg Hoffmann (FDP). © AZ-Archiv

München - Weniger Autos in der Stadt, dafür mehr Platz für Fußgänger. So wünscht sich das die grün-rote Stadtregierung. Im Koalitionsvertrag sind etwa eine weitgehend autofreie Altstadt festgelegt und die Umwandlung von Parkplätzen in Radlstreifen – so fordert es das Bürgerbegehren Radentscheid.

Doch aktuelle Zahlen zu Kfz-Zulassungen, die das Planungsreferat im Auftrag der Rathaus-Grünen ermittelt hat, zeigen jetzt: Immer mehr Münchner besitzen einen eigenen Pkw.

450 Fahrzeuge auf 1.000 Münchner

Im Dezember 2018 waren in München insgesamt 832.524 Kraftfahrzeuge gemeldet. Das sind 1,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Ungefähr zwei Drittel der Fahrzeuge waren auf Privatpersonen zugelassen, der Rest auf Firmen, Betriebe oder Vereinigungen. Von 2015 bis 2018 nahm die Zahl privater Autobesitzer um rund vier Prozent zu. Bei den gewerblich zugelassenen Kraftfahrzeugen fiel die Zunahme mit knapp neun Prozent noch viel höher aus.

Der Bericht des Planungsreferates vergleicht die Anzahl der Fahrzeughalter in München mit den Einwohnerzahlen des statistischen Amtes. Die Münchner Wohnbevölkerung ist im gleichen Zeitraum um 1,3 Prozent auf insgesamt 1.572.557 Einwohner gewachsen.

Innerhalb des Altstadtrings war 2018 die Auto-Dichte besonders hoch: Auf 1.000 Einwohner kamen 450 Fahrzeuge beziehungsweise auf 2,2 Personen kam ein Auto.

"Mit einer weiteren Zunahme an privaten Pkw ist zu rechnen"

Stadtbaurätin Elisabeth Merk (parteilos) schreibt in dem Bericht: "Eine durchgreifende Trendwende weg vom eigenen Auto zugunsten umweltfreundlicher Verkehrsmittel zeichnet sich noch nicht ab." Zwar habe sich die Anzahl der Fahrzeuge mit Elektroantrieb vom Jahr 2015 mit 1515 Fahrzeugen bis 2018 zwar um fast das 2,4-fache auf 3610 Fahrzeuge erhöht.

Allerdings mit einem großen Aber: Denn Elektroautos machten 2018 nur 0,4 Prozent am Gesamtfahrzeugbestand aus. Hybridfahrzeuge stellen unter Autos mit alternativem Energieantrieb mit 1,3 Prozent den größten Anteil dar.

Merk schreibt in dem Bericht: "Es ist mit einer weiteren Zunahme der zugelassenen Fahrzeuge im privaten Bereich zu rechnen." Vor diesem Hintergrund wolle ihr Planungsreferat ein regelmäßiges Mobilitätspanel durchführen, "um eine bessere Datengrundlage zum Mobilitätsverhalten zu erhalten". Auf Basis dieser Daten wolle man Konzepte und Maßnahmen nach ihrer Effektivität oder Effizienz beurteilen und gegebenenfalls "nachbessern oder steuernd eingreifen".

Grüne: "Wir müssen Alternativen schaffen"

FDP-Fraktionschef Jörg Hoffmann kritisierte im Planungsausschuss, bei dem die Zahlen vorgestellt wurden, es werde von den Grünen immer suggeriert, "dass so viele Menschen ohne Autos leben wollen". Die Zahlen würden dabei das Gegenteil beweisen. Hoffmann: "Es gibt nur wenige Münchner, die kein eigenes Auto haben wollen."

Jörg Hoffmann (FDP).
Jörg Hoffmann (FDP). © AZ-Archiv

Und Stadtrat Alexander Reissl (CSU) machte zudem auf die hohe Anzahl an jungen Leuten aufmerksam, die ein Auto anmelden. So erhöhte sich bei den 30- bis 34-Jährigen der private Kfz-Bestand um zirka 5,3 Prozent – bei einer Einwohnerzunahme in der Altersgruppe um 2,6 Prozent. Reissl: "Dass junge Menschen gar kein Auto mehr fahren wollen, stimmt also auch nicht!"

Stadtrat Paul Bickelbacher (Grüne) legt die Zahlen hingegen anders aus – und sieht sie als Ansporn, noch mehr für Radler und Fußgänger zu tun. Bickelbacher: "Die Statistik zeigt unsere große Aufgabe, Alternativen schaffen zu müssen."

Die Öffentlichen ausbauen statt im Stau stehen, so haben die Grünen im Wahlkampf geworben. Aber wollen viele Münchner lieber Autos fahren?
Die Öffentlichen ausbauen statt im Stau stehen, so haben die Grünen im Wahlkampf geworben. Aber wollen viele Münchner lieber Autos fahren? © imago images / Ralph Peters

Und Andreas Schuster (SPD) der sich vor seiner Zeit als Stadtrat als Sprecher des Bürgerbegehrens Radentscheid einen Namen gemacht hat, glaubt: "Der Kfz-Bestand ist nicht gleich Autonutzung." Man müsse darauf schauen, welches Verkehrsmittel von den Münchnern für die meisten Wege genutzt würde. Da würde man sehen, so Schuster: "Die Nutzung des Autos nimmt ständig ab."

Und Stadträtin Gudrun Lux (Grüne) erinnerte im Planungsausschuss an die vergangene Kommunalwahl. "Die Verkehrspolitik hat da eine große, relevante Bedeutung gespielt", sagte Lux. Man müsse nicht nach dem Ist-Zustand schauen, sondern danach, was man in der Zukunft wolle.

Grünen-Stadträtin Gudrun Lux.
Grünen-Stadträtin Gudrun Lux. © AZ-Archiv

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