Münchner Gastronomen: Stiller Protest in schweren Zeiten
München - Es war ein stiller Protest, ein beeindruckender Hilferuf, der einem Mahnmal glich: Vor der Feldherrnhalle standen Freitagmittag 400 Stühle, leer und verwaist – als Symbol für 400 derzeit geschlossene Gastronomie-Betriebe (von unzählig vielen mehr) in München. Ob Wirtshaus, Feinschmeckerlokal, Kneipe, Café oder Bar: An jedem Stuhl hing jeweils stellvertretend für die Corona-bedingt zugesperrten Unternehmen das hauseigene Logo, nicht selten versehen mit einem Appell wie "Bitte, lasst uns nicht sterben!"
Zu dieser Aktion auf dem Odeonsplatz hatte das Gastronomen-Netzwerk Leaders Club Deutschland aufgerufen – nicht nur in München, sondern landesweit, und so wurde in über 70 Städten zeitgleich mit leeren Stühlen auf die verzweifelte Situation der Gastronomie-Branche aufmerksam gemacht.
Der Infektionsschutz hatte dabei oberste Priorität, weshalb auf dem Odeonsplatz zwar viele Stühle standen, aber nur sehr wenige Branchen-Vertreter, die zudem streng auf Abstand und Mundschutz achteten. Für Anlieferung und Aufbau von 200 Stühlen hatte Spaten-Löwenbräu-Chef Bernhard Klier gesorgt: "Wir hoffen alle, mit dieser Aktion, wichtige Aufmerksamkeit zu bekommen. Es muss etwas passieren!"
Keine Öffnung für Gastronomie in Sicht: "Wir brauchen eine Perspektive"
Die jüngsten Beschlüsse der Regierung zur einjährigen Einführung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes für die Gastronomie und die Erhöhung des Kurzarbeitergelds sind nach Ansicht des Leaders Club ein Lichtblick. "Das ist ein großer Schritt nach vorne und wir danken dafür", so Präsident Michael Kuriat. "Allerdings müssen wir nun schauen, wie wir das Massensterben gastronomischer Betriebe verhindern, bis die Maßnahmen greifen." Was den Gastronomen besonders unter den Nägeln brennt, ist die Tatsache, dass es nach wie vor kein Datum für eine Wiedereröffnung ihrer Betriebe gibt.

"Wir brauchen eine Perspektive", sagt der Münchner Gastro-Unternehmer Marc Uebelherr, der die Aktion vor der Feldherrnhalle federführend organisiert hat. "Die Politik tut viel, dafür äußersten Respekt, doch das nützt leider wenig, wenn wir nicht wissen, wann und wie wir alle wieder starten können." Schon jetzt, so Uebelherr, "sind viele Betriebe an der Kante, wenn nichts passiert, bricht eine Pleitewelle heran."
Das kann Wirte-Kollege Christian Schottenhamel, der sich als Kreisvorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbands seit Beginn der Corona-Krise für die Branche stark macht, nur bestätigen: "Sehr viele Mitglieder haben Existenzängste, viele überlegen sich sogar schon, ob sie überhaupt in der Gastronomie bleiben: Wir brauchen eine Öffnungsperspektive."
"Unsere Branche wurde durch die Corona-Krise am härtesten getroffen"
"Unsere Branche wurde durch die Corona-Krise ja am härtesten getroffen", so Gregor Lemke, Vorsitzender der Münchner Innenstadtwirte: "Wir sind die Ersten, die geschlossen wurden, und sind auch die Letzten, die wieder aufsperren dürfen."

Hofbräuhaus-Wirt Wolfgang Sperger, der wie viele längst an einem Hygienekonzept zur Wirtshaus-Wiedereröffnung arbeitet, fügte hinzu: "Darüber hinaus müssen Kredite oder Steuerstundungen ja auch irgendwann zurückgezahlt werden. Die meisten Kollegen werden nach Corona nicht so viel Umsatz machen können, um ihre Verbindlichkeiten bedienen zu können und das laufende Geschäft in Schwung zu bringen."
Der stille Protest am Freitag war ein deutlicher Hilferuf. Geplant ist, diesen zu wiederholen – bis die gebeutelte Branche eine wirkliche Perspektive von der Politik bekommt.
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