Münchner Forscher mit Beweis: Fettleibigkeit ist vererbbar

Ernähren sich Mütter und Väter vor der Schwangerschaft schlecht, neigt auch der Nachwuchs zu Fettleibigkeit. Das haben jetzt Forscher aus München herausgefunden.
von  S. Dobel, R. Vielreicher
Wenn die Eltern zu dick sind, erhöht das auch das Risiko der Kinder, schnell zuzunehmen.
Wenn die Eltern zu dick sind, erhöht das auch das Risiko der Kinder, schnell zuzunehmen. © dpa

München - Werdende Mütter sollen keinen Alkohol trinken, nicht rauchen und gesund essen. Das ist bekannt.

Aber wissenschaftliche Studien zeigen immer deutlicher: Das reicht längst nicht aus. Auch das Essverhalten des Vaters vor der Zeugung und der Lebenswandel der Eltern insgesamt schlagen auf den Nachwuchs durch. Eine neue Studie aus München – vom Helmholtz-Zentrum, der Technischen Universität und dem Deutschen Zentrum für Diabetesforschung – zeigt: Fettleibigkeit und Diabetes (Typ 2) können von den Eltern auf die Kinder vererbt werden. Die Forscher formulieren ihre komplexe Erkenntnis vereinfacht so: "Du bist, was deine Eltern gegessen haben."

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Heißt: "Was die Eltern zum Zeitpunkt vor der Schwangerschaft für eine Konstitution haben, spielt auf die nächste Generation über", sagt Martin Hrabe de Angelis. Er ist der Initiator der Studie und Direktor vom Institut für Experimentelle Genetik (IEG) am Helmholtz-Zentrum. Das Argument mancher Dicker, es liege "an den Genen" wurde oft als Ausrede gewertet. "Jetzt ist klar, dass das auch wirklich über die Keimzellen vermittelt wird", so Hrabe de Angelis weiter. "Der Effekt ist zumindest im Tierversuch massiv."

 

"Du bist, was deine Eltern gegessen haben"

 

Zwar ändern sich durch fette und ungesunde Ernährung vermutlich nicht die Gene selbst. Aber die Wirkweise bestimmter Gensequenzen wird beeinflusst – und diese epigenetischen Faktoren sind ebenfalls erblich. Bisher haben Wissenschaftler vor allem den Einfluss der väterlichen Seite untersucht – schon allein, weil Spermien leichter zu gewinnen und zu untersuchen sind als Eizellen. Nun weist die Studie erstmals nach: Der mütterliche Einfluss ist größer als der väterliche.

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Die Münchner Forscher haben für ihre Studie Tiere verwendet, die aufgrund fettreicher Nahrung übergewichtig wurden und einen Typ-2-Diabetes entwickelt hatten. Ihre Nachkommen wurden mit Hilfe künstlicher Befruchtung gezeugt. "Wir sehen, dass es einen massiven Einfluss in die nächste Generation gibt, der nur über die Keimzellen vermittelt werden kann." Schon Charles Darwin habe eingeschlossen, dass Eltern im Laufe ihres Lebens erworbene Eigenschaften weitergeben könnten, ergänzt Studienleiter Johannes Beckers.

Ein guter Lebenswandel zahlt sich also noch Generationen später aus. Noch etwas Gutes: Epigenetische Vererbung ist anders als genetische Vererbung prinzipiell reversibel. Fettleibigkeit und Diabetes könnten bei entsprechendem Lebenswandel über die Generationen wieder abnehmen. Hrabe de Angelis: "Das gibt Hoffnung."

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