Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter will nicht neuer SPD-Chef in Bayern werden

München - Bei der Wahlparty der SPD im Landtag herrscht miese Stimmung, die Gesichter sind versteinert. Nur einer bekommt Applaus: Dieter Reiter. Der Mann ist keine 30 mehr – und trotzdem so etwas wie ein Hoffnungsträger. In der kriselnden bayerischen SPD gilt Dieter Reiter als in der Bevölkerung beliebtester Politiker.
Im Gespräch mit der AZ analysiert er am Wahlabend die herbe Wahlschlappe der bayerischen Genossen.
AZ: Herr Reiter, Ihre SPD: nicht mal mehr zweistellig. Das muss man sicher erst einmal verdauen.
DIETER REITER: Ja, ganz sicher. Ein sehr bitterer Abend für die gesamte Sozialdemokratie, nicht nur für die bayerische SPD. Man überlegt lange, woran es gelegen haben könnte.
Und? Woran könnte es gelegen haben?
Wir haben es nicht geschafft, den Leuten glaubhaft zu vermitteln, dass wir das, was wir uns auf die Agenda gesetzt haben, auch umsetzen können. Das ist das Grundproblem der SPD. Da gab’s leider auch keinen Rückenwind aus Berlin. Das viele Hin und Her in der Bundespolitik führt natürlich nicht dazu, dass die Menschen Vertrauen in die SPD gewinnen. Aber das, was uns als Oberbürgermeister in den großen Städten gelingt, in Nürnberg und in München, nämlich, dass wir auch umsetzen, was wir ankündigen, das hat im Freistaat nicht funktioniert.
Braucht es jetzt personelle Konsequenzen?
Was ich nicht möchte, sind irgendwelche Schnellschüsse. Wir wollen jetzt nicht überstürzt Personaldiskussionen führen. Ich weiß nicht, ob die Position der Spitzenkandidatin wirklich so ausschlaggebend für dieses Ergebnis war. Jetzt ist es erst einmal sinnvoll, Geschlossenheit zu zeigen und nicht gleich rauszuposaunen, was die anderen in der Partei nicht wieder alles falsch gemacht haben.
Aber im Sport, da würde bei so einem Ergebnis jetzt die Trainerdebatte geführt.
Was es jetzt zuallererst braucht, ist eine klare Analyse, was schiefgelaufen ist. Das hat auch etwas mit Glaubwürdigkeit zu tun.
Die SPD ist jetzt nur noch fünftstärkste Kraft, also weit weg vom Anspruch Volkspartei. Wie kommt man denn da wieder hin?
Das war heute ein Tiefschlag. Von dem müssen wir uns jetzt erst einmal erholen. Wir müssen uns jetzt wirklich geschlossen zusammensetzen und überlegen: Wie bringen wir es fertig, dass die Leute uns wieder glauben? Die Menschen müssen uns wieder glauben, dass wir das auch wollen, was wir sagen.
Sie wollen personelle Debatten noch nicht führen. Aber die werden natürlich geführt. Wer soll’s für die SPD wieder richten? Auch der Name Dieter Reiter taucht da auf.
Ich hab’ schon einen Job.
Da bleibt’s dabei? Den wollen Sie auch nach diesem Debakel nicht aufgeben?
Ich habe eine herausragende Aufgabe hier in München als Oberbürgermeister. Da bin ich und da bleibe ich auch sehr gerne.
Wie könnte dann Ihre Rolle beim Wiederaufbau der SPD aussehen?
Ich habe mich schon in diesem Wahlkampf stärker eingebracht als andere. Und wenn man mich fragt, werde ich auch weiterhin in den Gremien dabei sein. Da gibt es mit der Bundesebene und der Landesebene schon jetzt regen Austausch. Und wenn die kommunale Seite gefragt ist, werde ich die gerne mitrepräsentieren.
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