Münchens neuer Bürgermeister Krause stichelt gegen Oktoberfest – Wiesnwirte empört, Wiesn-Chef "bestürzt"
München - Es ist eigentlich nur eine kleine, unverfängliche Fragerunde auf Instagram, doch Münchens neuer Zweiter Bürgermeister Dominik Krause (Grüne) tritt dabei gehörig ins Fettnäpfchen, indem er das Oktoberfest verunglimpft.
Dominik Krause sorgt mit Wiesn-Spruch für Wirbel
Der Nachfolger der zurückgetretenen Katrin Habenschaden (Grüne) antwortete in einem Interview unter dem Instagram-Account "Münchner Gesindel" unter anderem auch auf die Frage, wie er zur Legalisierung von Cannabis stehe und teilt den Beitrag auch auf seinem persönlichen Profil.
Er sagt: "Wir leben in der Stadt mit der weltweit größten offenen Drogenszene, nämlich dem Oktoberfest. Und deswegen finde ich, wenn man das in der Stadt hat, dann muss man beim Thema Legalisierung genauso klar sein, und beides ist aus meiner Sicht vollkommen okay. Beides sollte aber in einem angemessenen Rahmen passieren."
Dass das bei den Wiesnwirten nicht sonderlich gut ankommt, liegt auf der Hand und hätte auch dem 33-jährigen Politiker klar sein müssen. Peter Inselkammer, Sprecher der Wiesnwirte, findet es unsäglich, dass Krause die 7,2 Millionen Besuchern mit all den Familien und Kindern darunter sozusagen unter Generalverdacht stellt.
Peter Inselkammer: "Eine Beleidigung für die Münchner Stadtgesellschaft"
"Wenn man diese Gäste zu einer offenen Drogenszene zählt, dann ist das absurd und auch eine Beleidigung für die Münchner Stadtgesellschaft. Aber wer Cannabis mit Hopfen verwechselt – bei dem ist vermutlich schon Hopfen und Malz verloren", wird Inselkammer in einer Mitteilung der Wiesnwirte zitiert.

Auch sein Kollege Christian Schottenhamel empfindet Krauses Statement als Ohrfeige, gerade auch für die Mitarbeiter, die das Oktoberfest mit ihrem großen persönlichen Engagement zum größten und beliebtesten Volksfest der Welt machten.
Schottenhamel: "Es ist ein himmelweiter Unterschied zwischen Haschisch rauchenden Personen und fröhlich feiernden Wiesn-Besuchern. Bier ist keine Droge." Krause setze sieben Millionen Besucher mit Drogenkonsumenten gleich und diskreditiere sie. Es werde der Anschein erweckt, dass auf der Wiesn große Mengen Drogen konsumiert würden: "Das ist aber falsch!"
Krause: Interview-Aussage sollte nicht "bierernst" genommen werden
Cannabis sei eine Droge, "Alkohol aber auch", sagte Krause der AZ. Seine Aussage im Interview müsse man nicht so "bierernst" nehmen. "Ich gehe sehr gerne auf die Wiesn und wollte darauf hinweisen, dass unser Münchner Motto 'Leben und leben lassen' aus meiner Sicht auch für Cannabis gelten sollte." Bei Cannabis habe man in Deutschland bisher mit zweierlei Maß gemessen beziehungsweise tue es teilweise immer noch. "Es ist gut, dass das der Bundestag mit der Legalisierung jetzt ändern möchte."
Wiesn-Stadträtin Anja Berger: Krause-Statement war "mit Augenzwinkern" gemeint
Wiesn-Stadträtin Anja Berger findet, dass die Sache zu hoch gehängt wird: "Das Statement von Dominik Krause war meiner Meinung nach mit einem Augenzwinkern gemeint. Da muss man sich auch die Zielgruppe anschauen und die Art des Interviews, und vielleicht auch mit etwas mehr Gelassenheit drauf schauen", wird die Grünen-Politikerin in einer offiziellen Mitteilung der Stadtratsfraktion zitiert.

Krause reduziere die Wiesn mit Sicherheit nicht nur auf den Drogenkonsum. Die Legalisierung von Cannabis unterstütze sie auch: "Und bei einem Volksfest wie der Wiesn kristallisiert sich heraus, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird und die Kriminalisierung von Cannabis nicht mehr zeitgemäß ist."
Für sie steht fest, dass die Wiesn "ein wunderbares Volksfest" ist. Dessen "magnetische Wirkung" sei durch viel mehr als durch den Ausschank von Bier begründet: "Auf dem Oktoberfest genießen alle das besondere Lebensgefühl, das dort entsteht – und einige sogar ohne Drogen zu konsumieren."
Bereits vor Dominik Krause hatten Grünen-Politiker das Oktoberfest als "größte offene Drogenszene" bezeichnet – unter ihnen zum Beispiel auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth.

Wiesn-Chef Baumgärtner "bestürzt": Deutliche Kritik an Krause-Aussagen
Anders als Berger fasst Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner (CSU) die Aussage von Krause auf. "Offensichtlich hat er sie bewusst getätigt", sagt er zur AZ, "denn nichts anderes ist es, wenn versucht wird, eines der grünen Kernthemen, die Legalisierung von Cannabis, in einen Kontext zu setzen".

Baumgärtner persönlich ist der Meinung, dass Alkohol keine Droge, sondern ein Lebensmittel ist, mit dem man vorsichtig umgehen muss. Bei offener Drogenszene denke er persönlich an den Frankfurter Hauptbahnhof, aber bestimmt nicht an die Wiesn. "Ein für München identitätsstiftendes Fest, das Menschen zusammenbringt, in Misskredit zu bringen, bestürzt mich", so Baumgärtner weiter.
Solche Themen werden auch im Ausland wahrgenommen, ist sich der Wiesn-Chef sicher. "Und wenn der ausländische Tourist von einer offenen Drogenszene liest, weiß er nicht, auf was er sich da einlässt." Für Baumgärtner steht fest: "Der Schaden, der für die Wiesn und den Tourismus in München entstanden ist, ist gar nicht abschätzbar."
Instagram-Kanal reagiert mit Augenzwinkern
Am Montagnachmittag äußert sich schließlich auch noch der Urheber des Interviews auf seinem Instagram-Kanal mit einer augenzwinkernden Antwort: "Ich habe unglaubliche Schmerzen. Ich weiß nicht, ob ich Weinen oder Lachen soll", so der Kanalbetreiber. "Es wird viel Geld und Zeit brauchen, diesen Schaden, den das Interview angerichtet hat, wiedergutzumachen. Wenn der überhaupt repariert werden kann."
Zu diesem Zeitpunkt (Montag, 6. November 2023,15.30 Uhr) hatte das Video auf Instagram knapp 4.500 Likes und 219 Kommentare.