Münchens marode Museen werden zu Dauerbaustellen
Die Neue Pinakothek öffnet frühestens 2028, die Archäologische Staatssammlung nun doch erst 2022. Wer Sanierungen ständig vertagt, hat am Ende lauter Endlos-Baustellen. Ein Überblick.
München - Baustelle betreten verboten! Kultur-Touristen, die Münchens Museen besuchen wollen, stehen derzeit vor einigen verschlossenen Türen. Aktuell werden drei große staatliche Museen saniert: die Neue Pinakothek, die Glyptothek am Königsplatz und die Archäologische Staatssammlung an der Lerchenfeldstraße.
Die Sammlung Goetz in Oberföhring schließt Ende Februar für rund eineinhalb Jahre. Und mit dem kommunalen Stadtmuseum sowie dem halbstaatlichen Haus der Kunst sind weitere gewaltige Bauprojekte in Planung. Wobei es auch im Bayerischen Nationalmuseum mit der abgeschlossenen Sanierung des Westflügels noch lange nicht getan ist.
Neue Pinakothek
Schon vor einem Jahr, am 30. Dezember 2018, schloss die Neue Pinakothek ihre Tore. Und mancher mag sich wundern, dass der Museumsbau für die Kunst des 19. Jahrhunderts immer noch völlig unverändert dasteht. Kein Bauzaun, keine Abdeckungen, kein Gerüst. Nichts deutet auf eine Generalsanierung, nur ein riesiges Plakat mit der schönen Vittoria Caldonia von Friedrich Overbeck verweist darauf, dass "die Meisterwerke der Neuen Pinakothek jetzt in der Alten Pinakothek" zu sehen sind.

"Derzeit laufen vorbereitende Maßnahmen und die Konkretisierung der Planung", erklärt Bernhard Kohl vom Staatlichen Bauamt München 1. In den letzten Monaten wurden die Schausäle mit ihren etwa 400 Werken geräumt, rund 15 000 Werke mussten den Umzug in ein neues Depot antreten. Bis die noch hängenden Riesengemälde von Carl von Piloty dort ankommen, dürfte es Spätsommer werden, dann erst kann die Sanierung beginnen.
Es wird zwei Bauabschnitte geben, los geht es mit der Schadstoffsanierung, die Wände sind mit Asbest belastet. Außerdem soll das 1981 eröffnete Museum in den Bereichen Brandschutz, Haus- und Klimatechnik, Energieeffizienz und Barrierefreiheit an die Anforderungen eines modernen Museumsbaus angepasst werden. Das von Alexander von Branca geplante Gebäude ist bislang noch nicht in die Denkmalliste aufgenommen, wird aber entsprechend saniert. Die Anmutung der Museumsfassade und des Inneren bleibt erhalten. Zusätzlich wird allerdings der Innenhof überdacht und für Besucher zugänglich gemacht.
Die Kosten für die gesamte Baumaßnahme betragen 220 Millionen Euro, das ist der aktuelle Stand. Mit diesem Riesenprojekt wurden das Münchner Architekturbüro Hild und K sowie Caruso St. John Architects aus London betraut. Wenn alles nach Plan verläuft, sollte die Sanierung 2028 abgeschlossen sein, noch vor einem Jahr war die Eröffnung 2025 angedacht.
Archäologische Staatssammlung
Asbestsanierung, Dämmung, Klimatechnik, Raumnot – das markante Gebäude mit der Verkleidung aus Corten-Stahl aus den 1970er Jahren war in jeder Hinsicht sanierungsbedürftig. Das spanische Architekturbüro Nieto Sobejano (baut auch das Hotel Königshof am Stachus) hatte 2014 mit seinem Konzept für Generalsanierung, Umbau und Erweiterung im Wettbewerb überzeugt. 2017 begannen die Bauarbeiten.

Der Entwurf trägt im Inneren dem gestiegenen Flächenbedarf für Sonderschauen Rechnung (rund 700 m²). Das Haus beherbergt schließlich nicht nur die populäre "Moorleiche", sondern einige der bedeutendsten Exponate aus der Vor- und Frühgeschichte Bayerns – Objekte aus Steinzeit, Römerzeit und frühem Mittelalter. Die Architekten erweitern dafür die Struktur der Würfel unterirdisch um vier Einheiten, in die das Tageslicht über Oberlichtkuben geleitet wird. Für das Ausstellungskonzept wiederum ist das Stuttgarter Atelier Brückner verantwortlich.
Äußerlich setzen Nieto Sobejano auf zurückhaltende Eleganz. Das kommt dem Zeitgeist insofern entgegen, als ein Museumsbesuch heute rundum ein Erlebnis bieten muss: Alle Dachterrassen werden begrünt und – nicht zuletzt als Café-Dachgarten – öffentlich zugänglich gemacht.
Anfangs war die Wiedereröffnung für 2020 geplant, nun ist die Rede von "der voraussichtlichen Wiedereröffnung 2022". Laut staatlichem Bauamt ist die Verzögerung auf "eine verlängerte Planungsphase zurückzuführen". Bauen im Bestand ist eben wesentlich komplizierter als ein reiner Neubau. Inzwischen ist das Gebäude entkernt und schadstoffsaniert, die alten Fassadenelemente sind entfernt und die Baugrube für die unterirdische Erweiterung ausgehoben. Derzeit wird der Rohbau errichtet, im Frühjahr werden die Fenster und Fassaden installiert.
Öffentlich ausgeschrieben wurden Sanierung und Erweiterung 2014 mit einem Budget von 16 Millionen Euro und das neue Ausstellungskonzept mit 1,8 Millionen Euro. 2016 lagen die vom Freistaat zugesagten Baukosten bei 43,5 Millionen Euro. Durch "index- und konjunkturbedingte Mehrungen" werden sie am Ende noch etwas höher liegen. Die "abschließende Summe liegt derzeit noch nicht vor", so das Staatliche Bauamt.
Glyptothek
Der Bauzaun macht wirklich was her – und er weckt Sehnsüchte: Mit dem Barberinischen Faun und verschiedenen Porträtbüsten sieht man wenigstens Highlights der Sammlung in großen Abbildungen. Die Originale sind im Inneren der Glyptothek gut eingekastelt, aber wenn die ausgesprochen sportliche Rechnung von Direktor Florian Knauß aufgeht, kann schon im November wiedereröffnet werden. Zumindest in einer ersten Etappe.
Seit Oktober 2018 wird saniert. Nach 50 Jahren muss die veraltete Elektrik komplett erneuert werden – nicht zuletzt mit Blick auf die Sicherheit, das heißt die Einbruchmeldeanlagen. In diesem Zusammenhang werden auch sämtliche Fensterscheiben ausgetauscht.

Die Barrierefreiheit soll weiter verbessert werden, genauso wird es neue sanitäre Anlagen geben. Vor allem aber sind an der Fassade Bereiche im Gebälk zu festigen, damit sich keine Steine lösen. Auch die Akrotere, also die bekrönenden Eckverzierungen am Giebel, werden wieder angebracht. Die hatte man sich beim Wiederaufbau nach dem Krieg gespart.
Das Budget beträgt laut Bauamt 17 Millionen Euro, im Mai 2021 sollen die Sanierungsarbeiten abgeschlossen sein. Dass die Glyptothek schon deutlich vorher, am 19. November dieses Jahres, zumindest in Teilen eröffnet, hat mit dem 250. Geburtstag Bertel Thorvaldsens zu tun. Dem klassizistischen Bildhauer aus Dänemark, der auch für König Ludwig I. im Einsatz war und etwa die berühmten Ägineten ergänzen musste, ist dann eine umfassende Ausstellung gewidmet. Neben den Schausälen soll auch der Innenhof ab Spätherbst zugänglich sein.
Sammlung Goetz
In Oberföhring steht ein museales Kleinod, das vor allem Gegenwartskunst-Begeisterte auf dem Radar haben: 2014 hat die Münchner Kunstsammlerin Ingvild Goetz 375 Werke der Medienkunst sowie ihr einstiges Privatmuseum an der Oberföhringer Straße dem Freistaat Bayern geschenkt. Die rund 5.000 weiteren Kunstwerke ihrer – ständig weiter wachsenden – Kollektion stellt sie (bisher für eine Dauer von zehn Jahren) dem Freistaat als Dauerleihgabe zur Verfügung.
Zwar präsentiert Goetz ihre Medienkunst vorwiegend im Bunker unter dem Haus der Kunst – und stellt die übrigen Werke für Ausstellungen in der Pinakothek der Moderne oder im Museum für Moderne Kunst in Nürnberg zu Verfügung. Doch mit meist zwei exquisiten Ausstellungen pro Jahr lockte sie bisher das Publikum in ihr "Stammhaus".

Und zum ikonischen Sammlungsgebäude pilgern seit seiner Errichtung 1991/92 nicht zuletzt Architekturstudenten: Der innen wie außen klar strukturierte Schrein aus Beton, Birkenholz, mattem Glas und Aluminium ist ein Frühwerk der Schweizer Star-Architekten Herzog & de Meuron.
Doch nach über 25 Jahren gibt es auch hier Sanierungsbedarf; zudem muss das Gebäude den strengeren Anforderungen an ein öffentliches Ausstellungshaus angepasst werden. Die Birkenholzpaneele der Fassade wurden bereits 2018 überarbeitet. Die Glaselemente müssen nun ebenfalls saniert werden. Auch deshalb wird das Haus voraussichtlich bis Herbst 2021 geschlossen sein. Darüber hinaus muss laut Staatlichem Bauamt die Gebäudetechnik erneuert sowie der Brandschutz ertüchtigt werden. Die Kosten dafür sollen rund 1,5 Millionen Euro betragen.
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