Münchens GroKo: Bilanz nach zwei Jahren Schwarz-Rot
München - Alexander Reissl kann sich nicht so richtig entscheiden. Tandem, überlegt der SPD-Fraktionschef: Ist das jetzt eine gute Metapher? "Da kommt dann ja gleich wieder die Frage auf, wer vorne sitzt."
Eigentlich findet Reissl den Vergleich aber gar nicht so schlecht. Denn schließlich würden beide ganz ordentlich reintreten, CSU genauso wie SPD. Wobei: Wie geschmiert läuft es dann doch nicht immer. "Bei ein paar Themen gibt es Dissens", konstatiert Reissl. Da stünde die CSU ordentlich auf der Bremse.
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Auf den Tag genau zwei Jahre sind es am Dienstag, dass SPD und CSU im Rathaus die Zusammenarbeit aufgenommen haben. Eine Liebesheirat war das nie, wie alle Beteiligten stets betonten, eher eine Zweckehe. Mittlerweile gibt es aber Indizien, die darauf hindeuten, dass auch in dieser Zweckehe die Stimmung nicht mehr so gut ist, wie sie schon einmal war.
Vor einem Jahr haben SPD und CSU noch in einer gemeinsamen Pressekonferenz Bilanz gezogen. Auch wenn wir manchmal miteinander zanken, eigentlich können wir gut miteinander – das sollte das Signal sein. Dieses Mal haben die Kooperationspartner getrennt Rückschau gehalten, jeder für sich. Der Blick auf das erste Drittel der Wahlperiode fällt dabei durchaus unterschiedlich aus.
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Die SPD rühmt sich, den Wohnungsbau in München mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen ordentlich angekurbelt zu haben.
Als mühsam empfindet die SPD die Kooperation mit der CSU mitunter
Spätestens von 2018 an soll die Stadt jedes Jahr mindestens 1.250 neue Wohnungen bauen. Dafür will die SPD in den nächsten fünf Jahren eine Milliarde Euro in das kommunale Wohnbauprogramm stecken.
"Mühsam" sei es mitunter, solche Programme gegen die CSU durchzusetzen, sagt Christian Amlong, der planungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion. "Wir merken genau, dass da das Interesse nicht so groß ist."
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Für die SPD ist die CSU immer noch die Autofahrerpartei, die im Wesentlichen nur eines will, nämlich Tunnel bauen, damit der Verkehr fluscht. Deswegen gehe es auch bei vielen Nachverkehrs-Projekten so langsam voran.
Bei Tram-Westtangente, der Straßenbahn durch den Englischen Garten und der geplante U9 unter den Pinakotheken durch – überall verschleppe der Kooperationspartner das Tempo. Es täte der CSU gut, so SPD-Fraktionschef Alexander Reissl, sich mehr wie die moderne Großstadtpartei zu verhalten, die sie zu sein vorgebe. Bei der CSU nimmt man solche Äußerungen eher gelassen hin. Bei der Rathaus-SPD gebe es nach den internen Zwistigkeiten in der Führungsebene eben nun großen Bedarf, sich gut dazustellen, so CSU-Chef Hans Podiuk.
Mit Rot-Grün wäre das Klinikum pleite gegangen, sagt Podiuk
Tatsächlich, so Podiuk, müsse man diese Bilanz aber etwas korrigieren. Denn natürlich könne man Wohnungen bauen, neue U-Bahnlinien beschließen und alles Mögliche sonst noch machen. "Aber es ist halt nicht jeden Tag Weihnachten", so Podiuk. "Wir haben finanzielle Grenzen."
Die CSU hält sich zu Gute, den Leerstand reduziert, den städtischen Haushalt konsolidiert und das Klinikum gerettet zu haben. "Die Krankenhäuser wären mit Rot-Grün“ pleite gegangen", sagt Podiuk. So ehrlich und knallhart müsse man in der Analyse schon sein. Und was den Wohnungsbau betrifft: Da habe die CSU nun angeschoben, was in 25 Jahren Rot-Grün verschlafen worden sei.
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Bei der SPD weist man das natürlich weit von sich. Dort bereitet man sich schon auf das nächste Thema vor, das in der Großen Koalition für Konflikte sorgen könnte: die Verbesserung des Radlwegnetzes. Gut möglich, dass die SPD, wie in den vergangenen beiden Jahren zwischenzeitlich immer wieder mal, dann mit den Grünen paktiert. Auf deren Unterstützung könnte die SPD beim Thema Radeln wohl zählen. Bei den Grünen findet man ohnehin, dass sich die SPD von der CSU schon zu oft habe weichspülen lassen.