München: Verband der Hausbesitzer geht gegen die Stadt vor Gericht
München - Was ist in München eine faire Miete? Und was gnadenlos überteuert? Da gehen die Meinungen auseinander. Zwischen denen, die eine Wohnung vermieten wollen, und denen, die eine suchen. Und: zwischen der Stadt und Haus und Grund, dem Verband der Wohnungs- und Hauseigentümer. Jetzt landet der Streit vor Gericht. Haus und Grund klagt gegen die Stadt – wegen des Mietspiegels!
Der sei viel zu niedrig angesetzt, glaubt Rudolf Stürzer, der Chef des Vereins, der sogar von einer "Fälschung" spricht. Eine durchschnittliche Monatsmiete von 11,69 Euro pro Quadratmeter ist dort ausgewiesen – angeblich berechnet aus Neuvermietungen und in den letzten vier Jahren erhöhten Mieten.
Haus und Grund: Mietspiegel "ist politisch gesteuert"
"Jeder weiß, dass das nicht stimmt", sagt Stürzer. Laut Haus und Grund sind im neuen Mietspiegel 88 Prozent der Wohnungen günstiger als im Vorjahr. "Dabei weiß auch jeder, dass keine einzige Wohnung günstiger wird." Stürzer sagt: "Der Mietspiegel entspricht nicht den gesetzlichen Vorgaben, er ist einfach politisch gesteuert!" Haus und Grund vermutet, dass auch öffentlich geförderte Wohnungen in den Mietspiegel hereingerechnet wurden, bei denen das nicht erlaubt ist – und geht von einem korrekten Mietspiegel-Wert von 15,19 Euro aus – rund 30 Prozent mehr als die Stadt. Hat die Klage Erfolg, könnte der Mietspiegel nur noch als einfacher, nicht mehr als qualifizierter Mietspiegel gelten.
Das würde bedeuten: Gerichte müssten sich im Streitfall nicht mehr an ihm orientieren. Ein Riesen-Problem, findet Beatrix Zurek, Chefin des Mietervereins: "Wir hätten viel mehr Gerichtsverfahren. Und alleine ein Gutachten kostet schon 2.000 bis 3.000 Euro." Die Aufregung bei Haus und Grund könne sie sich "nur mit reiner Profitgier" erklären, schließlich könne man sich heute in 98 Prozent der Streitfälle außergerichtlich einigen. Der Mietspiegel werde "von Wissenschaftlern erstellt. Da sehe ich keinen Grund, warum wir daran zweifeln sollten".
Abwendungserklärungen: Scharfe Kritik an der Stadt
Haus und Grund greift die Stadt außerdem für ihre neuen Abwendungserklärungen scharf an. 2018 hatte der Stadtrat schärfere Kriterien beschlossen. Soll in den Erhaltungssatzungsgebieten ein Haus verkauft werden, hat die Stadt weiterhin ein Vorkaufsrecht. Um das abzuwenden, muss ein privater Käufer nicht mehr "nur" erklären, dass er auf Luxussanierungen und die Umwandlung in Eigentumswohnungen verzichtet.
Sondern auch, dass er nur noch eine Wohnung wegen Eigenbedarfs kündigen darf, die Nettokaltmiete 11,50 Euro pro Quadratmeter nicht übersteigt und er auf Staffelmietverträge verzichtet. Das Ergebnis laut Stürzer: Fast kein Käufer akzeptiere diese Bedingungen, die Stadt müsse viel mehr Wohnungen kaufen als früher. 2018 habe sie keine Wohnung gekauft, nun schon über 200 Millionen Euro investieren müssen. Da geht es um sehr viel Steuergeld", schimpft Stürzer. "Von dem nur ganz wenige Mieter geschützt werden." Zurek sieht das naturgemäß gelassener. "Dass die Stadt Häuser erwirbt und Mieter schützt, finde ich äußerst ehrenwert."
Lesen Sie hier den AZ-Kommentar zum Thema: Nicht nur auf den Neubau schauen
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