München: Opposition wettert gegen grün-rote Verkehrspolitik
München - Es braucht gerade einmal fünf Minuten, dann geht am Mittwoch im Stadtrat der Streit um den Verteilungskampf auf Münchens Straßen wieder los: FDP-Fraktionschef Jörg Hoffmann richtet sich mit einem dringenden Appell an die grün-rote Stadtratsregierung: "Hört bitte zumindest kurzfristig während der Corona-Pandemie auf, mit eurer autobezogenen Menschenfeindlichkeit. Stoppt diese Schikane jetzt!"
Hoffmann nimmt den Anlass dazu, auch generell auf den Tisch zu hauen – und die grün-rote Finanzpolitik zu kritisieren. Er weist auf die Warnung von Stadtkämmerer Christoph Frey (SPD) hin.
Denn der hat jüngst im Sparplan der Stadt darauf hingewiesen, dass aktuell nur noch in "begründeten Ausnahmefällen" Geld für Vorkaufsrechte da sei. "Im Juni und Juli habt ihr aber trotzdem ständig alle Vorkaufsrechte durchgezogen", schimpft Hoffmann. "Das ist einfach eine falsche Priorität. Wir brauchen Geld für frische Infrastruktur und nicht alte Häuser zu überteuerten Preisen."
Zoff um Verkehrspolitik: SPD-Chef Müller wird patzig
Doch anstatt sachlich auf die Kritik von Hoffmann einzugehen, reagiert SPD-Fraktionschef Christian Müller sarkastisch. "Entschuldigen Sie", sagt er an Hoffmann gerichtet, "dass Ihre Karosse auf den Straßen dieser Stadt keinen Platz findet".
Die Begrenztheit der Straßen hätten die Stadtplaner nun einmal einst eingeführt: Indem sie Häuser in diese Stadt gebaut hätten. "Die haben die Straßen begrenzt", sagt Müller. Grün-Rot versuche nun, diesen Gegebenheiten Rechnung zu tragen.
Doch worum geht es eigentlich in dem Tagesordnungspunkt 1 der Stadtratssitzung vom Mittwoch? Das kann man bei all der Diskussion schon einmal leicht aus den Augen verlieren. Es geht um das Leistungsprogramm der MVG 2021. Hierzu hatten die Stadtratsfraktionen die verschiedensten Änderungsanträge gestellt - etwa die Grünen, die einen Fünf-Minuten-Takt auf allen Trambahnlinien gefordert hatten.
Wegen Corona: Viele Verkehrspläne liegen auf Eis
Auch der 24-Stunden-Betrieb der U-Bahn an drei Tagen pro Woche ist eine Forderung, die mittlerweile von allen Stadträten kommt. Hierzu hatte die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) bereits im vergangenen Jahr betriebstechnische Bedenken geäußert. Stadtrat Paul Bickelbacher (Grüne) appelliert allerdings noch einmal: "Mittelfristig braucht es trotzdem einen durchgängigen Nachtverkehr und die von uns gewünschte Taktverdichtung."
Klar sei jedoch auch, dass wegen Corona viele Pläne aktuell stillstehen. MVG-Chef Ingo Wortmann gibt Zahlen bekannt: Schon jetzt habe die MVG Verluste in Höhe von 87 Millionen Euro zu verzeichnen. Er gehe davon aus, dass es insgesamt 121 Millionen Euro sein werden, die sein Unternehmen heuer weniger einnimmt. Die MVG hoffe darauf, dass die Fahrgastzahlen im Herbst wieder zunehmen.
München: Gibt es bald Desinfektionsmittel an Haltestellen?
Doch da Hoffen allein nicht reicht, arbeite die MVG aktuell an einer großen Kampagne, die Menschen - bei Einhaltung gewisser Hygiene-Vorschriften wie dem Tragen einer Maske und dem Abstand-Halten - die Angst vor der Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln nehmen soll. "Zudem lüften wir unsere Transportmittel regelmäßig und reinigen sie häufiger", sagt Wortmann.
Er geht auch auf einen Antrag der Fraktion FDP-Bayernpartei ein: Künftig soll es an allen größeren Haltstellen Spender mit Desinfektionsmittel geben. Wortmann: "Wir schauen allerdings derzeit noch, wie wir das umsetzen werden."
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