München: Euro-Skeptiker auf dem Weg ins Rathaus
München - Noch vor einem Jahr kannte keiner die AfD, doch mit einem Schlag waren die Euro-Skeptiker mit ihrer „Alternative für Deutschland“ da und schockten die etablierten Parteien: Um hauchdünne 0,3 Prozentpunkte verpasste die gerade einmal ein halbes Jahr alte Partei aus dem Stand den Einzug in den Bundestag, in München kam sie am 22. September auf satte 4,5 Prozent.
Die meisten Stimmen hatte die AfD nach Analysen des Statistischen Amtes bei der Bundestagswahl in München der FDP abgejagt (13300), dann der CSU (1700), sogar bei früheren Linke-Wählern haben sie Stimmen gefischt (2600), und es kamen Nichtwähler zu ihnen. Mit diesen 4,5 Prozent wären ihr bei der Stadtratswahl drei bis vier Sitze sicher.
„Unser Ziel ist es, Fraktionsstärke zu bekommen“, sagt Andre Wächter (40). Dafür müssen sie mindestens vier Stadträte werden. „Die AfD war als eine neue Partei in der bürgerlichen Mitte überfällig, meint rückblickend Andre Wächter, OB-Kandidat und Landesvorsitzender: „Wir brauchen einen Gegenpol zu den Altparteien.“
Seit der Gründung im März 2013 kamen 600 Mitglieder und Förderer zur AfD in München, rund 3000 sind es bayernweit. „Es ist eine sehr große Kraftanstrengung, eine Partei neu aufzubauen“, so Wächter. Und wie geht die Partei mit Rechten um, die in die AfD wollen? „Die wollen wir nicht!“
Aber es gibt immer wieder Probleme am rechten Flügel: So tendiert der Kandidat Wilfried Biedermann auf Platz fünf mit der rechtspopulistischen österreichischen BZÖ des verstorbenen Jörg Haider. Eine private Veranstaltung mit Haiders Tochter musste er auf Druck der Partei kurzfristig absagen. Biedermann war früher Mitglied des rechtslastigen „Bund freier Bürger“.
Er sieht sich stark in der Partei und schreibt im Internet: „Ich würde mich auch außerhalb der AfD-Fraktion um Mitstreiter unter den anderen Kollegen bemühen“. Die AfD hat bislang nur als Eurokritiker einen Namen gemacht. Was will die Partei im Stadtrat? „Wir werden zu Unrecht als Ein-Themen-Partei bewertet“, sagt Wächter.
Die drei Themen, die Andre Wächter besonders am Herzen liegen, lauten: „Keine Vetternwirtschaft, die Energiewende, und dass die Stadtwerke sich nicht mehr in weit entfernten Windparks einkaufen, das ist nicht Sache der Stadt.“
Die Mitglieder sind fast alle Neulinge im Politikbetrieb und gut ausgebildet: Andre Wächter ist Prüfer im Außendienst bei der Bundesbank, es gibt viele Diplomierte, Kaufleute, Ingenieure, Ärzte und Fachkräfte. Wie wird sich die AfD zwischen den Flügeln im Stadtrat positionieren?
„Wir sind für alle demokratischen Parteien offen und schließen kein Bündnis mit ihnen aus – die BIA ausdrücklich ausgenommen.“ Bleibt die Frage, was die AfD macht bei einer möglichen Stichwahl – wohl zwischen Reiter (SPD) und Schmid (CSU)?
Wächter: „Ich möchte keine Wahlempfehlung abgeben. Ich habe mit beiden ein Problem, denn beide stehen nicht für einen Neustart.“ Aber: „Wir haben eine eher konservative Wählerschaft, die werden mehr zu Josef Schmid gehen.“