München: Ein letztes Mal im Gabriel-Filmtheater
München - So voll war es im Gabriel Kino seit vielen Jahren nicht mehr. Rund 70 Menschen sind am Mittwochnachmittag gekommen, um das Kino in der Dachauer Straße 16 für immer zu verabschieden.
Zu Kinohochzeiten kamen bis zu 1.000 Zuschauer, zuletzt nur noch 50 bis 70 – pro Tag. Multiplex-Kinos und Streamingdienste machten das Gabriel-Filmtheater zum Verlustgeschäft. Nachdem die AZ die Schließung Anfang des Jahres bekanntgemacht hatte, schloss Betreiberin Alexandra Gmell ihr Kino im Frühjahr von einem Tag auf den anderen zu.
Gabriel-Abschied: "Der kleine Trompeter" machte den Anfang
"Wir sind sang- und klanglos verschwunden, deshalb haben wir euch heute noch mal eingeladen", sagt Gmell, die das Kino in vierter Generation mit ihrem Vater Hans Walter Büche geführt hat.

Geschichten kann Gmell viele erzählen. Das Gabriel ist zwar nicht das erste Kino Europas, zuletzt war es aber das älteste, das noch in Betrieb war. Im Eröffnungsjahr 1907 wurde der Stummfilm "Der kleine Trompeter" von einem kleinen Orchester begleitet. Umgerechnet 50 Cent hat die Kinokarte damals gekostet, und die Gäste kamen in Abendgarderobe.
Was sie nicht davon abhielt, sich eine Maß Bier zu kaufen und diese in den Maßkrughalter am Kinosessel zu stellen.
München: Als das Gabriel ein Pornokino war
Von 1964 an war das Gabriel 20 Jahre lang ein Pornokino. "Sexy Zeiten" nennt Gmell das. Die Filmrollen stapeln sich in den Katakomben: "Dolce Vita" oder "Laß jucken Kumpel" ("Die Liebe und der Suff, die reiben den Menschen uff", wirbt das Filmplakat) hießen die Sexstreifen.

Jeden Freitag um 12 soll der Staatsanwalt gekommen sein, um den neusten Film zu konfiszieren. Alexandra Gmell wirkt nicht verbittert, als sie ein letztes Mal durch ihr Kino führt. Nur als sie fragt, wer schon mal hier war und einige wenige Hände nicht hochgehen, da sagt sie: "Früher hätt' ich gesagt: Zeit wird's. Wir sehen uns im Kino. Aber jetzt ist es zu spät."
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