Mordversuch vorm Leierkasten
München - Es war eine Attacke aus dem Nichts. Ein Zufallsopfer und ein Täter, der sich selbst kaum erklären kann, warum er so ausgerastet ist: Adolf R. (25) muss sich seit Donnerstag am Landgericht wegen versuchten Mordes verantworten. Er hatte am 13. Juni 2015 seinem Opfer – der 27-jährige Küchenhelfer Alexandros K., den er nie zuvor gesehen hatte – vorm Eingang des Bordells Leierkastens heftige Faustschläge und Tritte verpasst.
Die Folgen sind bis heute spürbar. "Ich wache jeden Morgen mit Kopfschmerzen auf", sagt der Küchenhelfer im Zeugenstand. Vielleicht sind die seelischen Wunden noch schmerzhafter. Als sich der Täter im Saal entschuldigt und seinem Opfer erklärt, dass er sich schäme, erwidert der Angesprochene nur: "Wenn ich gestorben wäre, bei wem würdest du dich entschuldigen?"
Mehrere Male ins Gesicht geschlagen
Dass er noch lebt, hat Alexandros K. den Ärzten zu verdanken – und einem Sicherheitsmitarbeiter des Bordells. Der griff ein, als er sah, wie Adolf R. auf den Bordellbesucher losging. Der Täter hatte sein am Boden sitzendes Opfer am Hemdkragen gepackt und ihm mehrere Male ins Gesicht geschlagen. Das räumt der Angeklagte über eine Erklärung seiner Anwältin Birgit Schwerdt auch ein.
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Durch das Glas der Eingangstür hatte der Security-Mann die Situation beobachtet und ging nach draußen, um die blutige Attacke zu beenden. Adolf R. ließ auch zunächst von dem 27-Jährigen ab und erklärte dem Retter laut Anklage: "Du bist cool, aber der andere verdient es nicht, zu leben in dieser Welt."
Vom Gegenüber provoziert?
Warum er so wütend war? Alexandros K. soll gesagt haben "Komm’, schlag mich doch", ihn damit provoziert haben. Dazu kam, dass Adolf R. seinen Job als Einzelhandelskaufmann verloren hatte, seit zwei Monaten arbeitslos war: "Irgendetwas in mir explodierte."
Der erfahrene Kampfsportler wusste genau, wie seine Schläge und Tritte wirken, sagen die Ankläger. Adolf R. aber behauptet, dass er sich damals keine Gedanken darüber gemacht habe, "dass ich ihn hätte töten können."
Alexandros K. saß noch auf dem Boden als der Täter ihm wuchtig ins Gesicht trat. Der 27-Jährige fiel um. War bewusstlos. Doch Adolf R. hatte noch nicht genug und trat erneut zu. Dann erst konnte er gestoppt werden.
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Der Täter floh, wurde aber kurz darauf an einer Tankstelle festgenommen. Sein Opfer kam mit einem Schädel-Hirn-Trauma und drei Kieferbrüchen ins Krankenhaus. Der Mann atmete sein Erbrochenes ein und musste intubiert werden. Er überlebte.
Was damals passiert ist, weiß Alexandros K. aber nicht mehr. Nach dem dritten Whisky an der Bar des Bordells setzt seine Erinnerung aus: "Ich bin dann im Krankenhaus wieder aufgewacht."
Der Prozess dauert an. Auch der Lebensretter soll noch gehört werden.
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