Mord an Aline K.: Das steht in der Anklage

Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen den Mann, der seine Freundin Aline K. († 30) umgebracht haben soll. Es geht um Eifersucht und ein Leichenversteck in einem Kellerschacht.
Ralph Hub |
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München - Aline K. legt sich abends im Wohnzimmer auf die Couch. Das Bett im Schlafzimmer nebenan teilt sie schon länger nicht mehr mit ihrem Freund Michael P.. Rasend vor Eifersucht legt der 29-Jährige dann seine Hände um ihren Hals, drückt zu, bis seine Freundin tot ist.

Gut ein halbes Jahr nach dem brutalen Mord in einem riesigen Mietshauskomplex in der Kafkastraße in Neuperlach sind die Ermittlungen der Mordkommission abgeschlossen. "Die Staatsanwaltschaft München hat Anklage gegen den Verdächtigen erhoben", bestätigt Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch.

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Die Anklage

Michael P. droht eine lebenslange Haftstrafe. "Ihm wird heimtückischer Mord aus niederen Beweggründen vorgeworfen", sagt Thomas Steinkraus-Koch. Der 29-jährige Täter, der bis zu seiner Verhaftung im Oktober 2015 als Sicherheitsmann für einen Großkonzern in München arbeitete, wartet in einer Zelle der JVA Stadelheim auf seinen Prozess.

 

Das Motiv

Michael P. ist von dem Gedanken besessen, dass ihn seine Freundin (30) mit einem anderen Mann betrügen könnte. Er fängt an, ihr nachzuspionieren.

Michael P. hat keine Freunde. In seiner Freizeit hängt er meist zu Hause vor dem Fernseher herum. Aline K. möchte dagegen etwas unternehmen, etwas erleben.

In einem günstigen Moment schnappt er sich das Handy von Aline K. und stöbert in den Dateien herum. Er stößt auf einen Chat, den die 30-Jährige mit einem ihrer Arbeitskollegen führt. Für Michael P. ist es der Beweis, dass ihn seine Partnerin, mit der er seit zwölf Jahren zusammen ist, mit einem anderen Mann betrügt.

 

Die Tat

Am Abend des 8. Oktober 2015 eskaliert die Situation. Aline K. schläft auf der Couch im Wohnzimmer. Es ist nach 22 Uhr, als der 29-Jährige sie weckt und rasend vor Eifersucht einen Streit beginnt. Aline K. will sich endgültig von ihm trennen.

Michael P. packt sie am Hals und drückt zu, bis sich die Frau nicht mehr rührt. "Wir gehen davon aus, dass das Opfer arg- und wehrlos war", sagt Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch.

Der Wachmann überlegt, wie er die Leiche beseitigen kann, ohne dass ein Verdacht auf ihn fällt. Er trägt die Tote aus der Wohnung. Mit dem Lift fährt er vom 5. Stock bis in die Tiefgarage. Es ist mitten in der Nacht. Die Nachbarn schlafen, niemand bekommt etwas mit.

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Die Leiche

Michael P. legt die Tote in den Kofferraum seines silberfarbenen Ford Mondeo. Er braucht ein Alibi. Deshalb fährt er zu einem Freund nach Gröbenzell. Kurz vor ein Uhr nachts kommt er dort an. Doch er bleibt nur knapp eine Stunde. Dann bricht er wieder auf, wie die Auswertung der Handydaten später ergeben wird.

Michael P. fährt in die Nähe eines Weihers, er steuert auch einen verwilderten Garten in Langwied am Lochfeld an. Ganz in der Nähe ist er aufgewachsen, auf dem Gelände hat er als Kind gespielt. In einem verfallenen Kellerschacht lädt er die Leiche ab.

 

Die falsche Fährte

Michael P. versucht, seine Spuren zu verwischen. Er schickt, so glauben die Ermittler, vom Handy seiner Freundin mehrere Nachrichten – an sich und an Freunde: "Ich liebe dich, halte zu mir." Es soll der Eindruck entstehen, die 30-Jährige habe ihren Freund verlassen. Und dass sie suizidgefährdet sei.

Ihre Handtasche lässt er auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums in Freising zurück. Die Tasche wird später von einem Passanten gefunden.

 

Die Anzeige

Erst auf Druck einer Freundin von Aline K. erstattet der Wachmann vier Tage später Vermisstenanzeige bei der Polizei. Michael P. behauptet, seine Freundin habe nach einem Streit überstürzt in der Nacht die Wohnung verlassen.

 

Die Ermittlungen

Die Polizei schöpft schnell Verdacht. Die Mordkommission übernimmt die Ermittlungen. Die Auswertung der Handydaten bringen erste Hinweise. Drei Wochen nach dem Verschwinden der Frau wird Michael P. wegen Mordverdachts festgenommen. In seiner Wohnung stehen bereits Umzugskartons. Ganz so, als habe der 29-Jährige gewusst, dass seine Freundin nie wieder zurückkehren würde. Blutspuren werden in der Wohnung keine gefunden. Was dafür spricht, dass Aline K. erwürgt oder erdrosselt worden ist.

 

Die Beweise

Michael P. hatte behauptet, seine Freundin sei mit der EC-Karte verschwunden. Tatsächlich wird sie bei ihm gefunden. Jemand hatte am 9. Oktober, einen Tag nach ihrem Verschwinden, Kontoauszüge ausdrucken lassen.

Daten auf dem Handy von Aline K. geben weiter wichtige Anhaltspunkte. Laut Ortung befand sich das Telefon am Morgen nach dem Verschwinden der 30-Jährigen in der Wohnung in Neuperlach. Wie hätte Aline K. von unterwegs aus Nachrichten an ihren Freund verschicken können?

Die Auswertung der Handy-Daten von Michael P. ergibt dagegen, dass er in der Nähe des Parkplatzes in Freising war, wo später ein Passant die Handtasche der Vermissten fand.

 

Der Kellerschacht

Selbst Menschen, die schon viele Jahre in Langwied leben, haben nichts von dem verfallenen Kellerschacht gewusst. Das dazugehörige Haus war vor Jahrzehnten abgerissen worden, das Grundstück ist völlig zugewachsen. Einer der wenigen, die von dem Versteck wissen, ist Michael P.. Er kennt die Gegend wie seine Westentasche. Er ist in Langwied aufgewachsen. Als Kind war das verwilderte Wäldchen sein "Abenteuerspielplatz", wie die Mutter der AZ bestätigt. Genau dort wird die Tote nach rund drei Wochen, am 2. November, von der Polizei gefunden.

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Der Angeklagte

Bei Vernehmungen behauptet Michael P., er könne sich an dem fraglichen Abend nur mehr an einen Streit mit seiner Freundin erinnern.

In der U-Haft räumt er gegenüber einem Psychiater allerdings indirekt die Tat ein. Aline K. habe auf der Couch gelegen, er habe sich über sie gebeugt. Er habe nicht vorgehabt, seine Freundin zu töten. Im Grunde kommt das schon fast einem Geständnis gleich.

Ein Prozesstermin ist nach Auskunft einer Sprecherin des Landgerichts München noch nicht festgelegt. Die Anklage lautet auf Mord aus niederen Beweggründen und Heimtücke. Sollten die Richter beim Urteil die besondere Schwere der Schuld feststellen, könnte Michael P. erst frühestens nach 20 Jahren auf Bewährung wieder frei kommen.

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