Miriam Heigl im Interview: „Bagida eint die rechte Szene“

Ihre Islamfeindlichkeit verbindet zerstrittene Splittergruppen und Kleinstparteien. Wie dauerhaft ist dieses Phänomen? Miriam Heigl von der Fachstelle gegen Rechtsextremismus im Interview.
von  Interview: Natalie Kettinger
Die promovierte Politikwissenschaftlerin und Soziologin leitet die städtische Fachstelle gegen Rechtsextremismus.
Die promovierte Politikwissenschaftlerin und Soziologin leitet die städtische Fachstelle gegen Rechtsextremismus. © ho

NPD, „Bia“, „Die Freiheit“: Ihre Islamfeindlichkeit verbindet die zerstrittenen Splittergruppen und Kleinstparteien. Wie dauerhaft ist dieses Phänomen?

München - Wie beurteilen Experten den rechten Aufmarsch im Windschatten der „Bayern gegen die Islamisierung des Abendlandes“, kurz Bagida? Die AZ hat darüber mit Miriam Heigl, Leiterin der Fachstelle gegen Rechtsextremismus gesprochen.

AZ: Frau Heigl, die rechte Szene gilt als heillos zerstritten. Doch bei der Bagida-Kundgebungen marschierten stadtbekannte Neonazis, Mitglieder von NPD, „Die Rechte“, „Bia“ und der „Bürgerbewegung pro Deutschland“ Schulter an Schulter mit Sympathisanten der islamfeindlichen „Freiheit“. Wie kommt’s?
MIRIAM HEIGL: Das Thema Islamfeindlichkeit baut eine Brücke, über die alle gehen können. Zudem ist es Rechtsextremisten wichtig, im Pulk aufzutreten, vor allem in der Öffentlichkeit. Gemeinsam wirkt man größer, als man tatsächlich ist. Stärke und Einschüchterungsvermögen sind wichtige Punkte in diesen Kreisen. Insofern eint Bagida die rechte Szene.

Bei den Demos in München waren vorbestrafte Gewalttäter wie Karl-Heinz Statzberger und Thomas Schatt dabei, außerdem einer der Angeklagten im NSU-Prozess, André E. Wie beurteilen Sie das?
Man kann ihnen die Teilnahme an Demonstrationen nicht verbieten. Aber man muss auch wissen, dass verurteilte Rechtsextremisten im Pulk immer gefährlich sind.

Inwiefern?
Rechte werden in der Regel nicht auf den Demonstrationen selbst gewalttätig. Rechtsextremistische Gewalt bricht viel häufiger spontan im öffentlichen Raum aus, meist unter Alkoholeinfluss. Deshalb halte ich es für bedenklich, wenn sich 80 oder 100 wirklich harte Kaliber am Hauptbahnhof sammeln und von dort zum Bagida-Treffpunkt laufen – also durch ein Viertel, dessen Bewohner sich durch die bloße Präsenz der Rechten sicherlich bedroht fühlen.

Glauben Sie, dass die rechte Einigkeit von Dauer ist?
Nein. Das passt nicht zur Persönlichkeitsstruktur der Protagonisten. Die wären doch am liebsten alle selbst der kleine Führer. Da dürfte es schwer werden, sich dauerhaft zu verständigen.

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