Mieten-Stopp in Bayern: Münchner Mieterverein plant Volksbegehren!

Der Mieterverein München will mit einem Volksbegehren einen Mieten-Stopp in Bayern erreichen. Die wichtigsten Forderungen.
von  Myriam Siegert, AZ, dpa
Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) begrüßt das Volksbegehren.
Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) begrüßt das Volksbegehren. © Sven Hoppe/dpa

Der Mieterverein München will mit einem Volksbegehren einen Mieten-Stopp in Bayern erreichen. Die wichtigsten Forderungen.

München - Die Zornesröte ist ihm schon bis zu den Ohren gestiegen, die Faust ist geballt, die Rote Karte gezückt. Passend zum Motto "Uns glangt’s! Mieten-Stopp in Bayern!".

"Ein grantiger Bayer", wie Beatrix Zurek, Vorsitzende des Münchner Mietervereins, sagt, ist das Maskottchen des nächsten großen Volksbegehrens, das den Freistaat erfassen soll.

Mit diesem will der Münchner Mieterverein die sich immer weiter in die Höhe schraubende Mietpreisspirale endlich stoppen. In München und ganz Bayern. In Kommunen mit angespanntem Wohnungsmarkt solle der Mietenstopp gelten, Stand jetzt wären das 137 im Freistaat.

Münchner Mietverein will Volksbegehren zum Mietenstopp

"Es muss in Bayern endlich etwas passieren, damit der außer Kontrolle geratene Mietmarkt wieder in geregelte Bahnen gelenkt wird", sagt Zurek, als die Grundzüge des Volksbegehrens am Freitag präsentiert wurden. Erste Mitstreiter wurden bereits in der Münchner und der Bayern-SPD gefunden.

"Die Not an bezahlbarem Wohnraum hat längst die Mitte der Gesellschaft erreicht", sagt Jura-Professor Markus Artz, der mit seinem Verfassungsrecht-Kollegen Franz Mayer, vorab die Möglichkeit für ein Volksbegehren geprüft hat. Das Fazit der Experten: Es gibt keine Kollision mit dem Grundgesetz, die Landesebene ist zuständig. Der Freistaat darf eine gesetzliche Mietpreisbegrenzung einführen. Zudem sehe die Bayerische Verfassung sogar einen Anspruch auf eine angemessene Wohnung vor, eine Wohnraumgesetzgebung auf Landesebene sei also Erfüllung eines Verfassungsauftrages.

Die gegenwärtige Situation könne man durchaus als gesellschaftliche Notsituation bezeichnen, so Artz, die einen Eingriff ins Mietrecht, und damit auch ins Eigentumsrecht und die Vertragsfreiheit, notwendig mache. "Es gibt eben Situationen, wo der Markt nicht funktioniert", so Artz.

Die zentralen Forderungen:

  • Bestandsmieten sollen eingefroren werden. Das heißt: Bestehende Mieten, auch Index- oder Staffelmieten, dürfen für einen bestimmten Zeitraum nicht erhöht werden. Denkbar wären fünf Jahre, oder auch länger. Dies, so Zurek, würde das System entschleunigen und hätte so natürlich auch Auswirkungen auf die ortübliche Vergleichsmiete.
  • Bei Wiedervermietungen dürfen die Mieten nicht über dem Mietspiegel liegen. Damit geht man noch weiter als bei der Mietpreisbremse, die in Bayern allerdings ohnehin noch nicht in Kraft getreten ist. Die sähe vor, dass die Miete maximal zehn Prozent über dem Mietspiegel liegen dürfte. Im Moment gibt es in Bayern keine Preisbegrenzung bei Wiedervermietungen.
  • Bei Modernisierungen sollen maximal nur noch zwei, statt wie aktuell geregelt drei Euro pro Quadratmeter auf die monatliche Miete umgelegt werden dürfen.

Bei Nichteinhaltung sollen auch Sanktionen möglich sein.

Konzept beeinhaltet keine Neubau-Maßnahmen

Für Neubauten sind in dem Konzept keine Maßnahmen vorgesehen. Das wirft freilich die Frage auf, ob sich hier nicht ein Hintertürchen bietet, das weiterhin teuren Wohnraum entstehen lässt, der wiederum die ortsübliche Vergleichsmiete nach oben treibt.

Artz erklärt, man fürchte andernfalls eine abschreckende Wirkung auf Bauherren, schließlich würden Boden und Baukosten weiter steigen. Für diesen Bereich müssten Regelungen auf anderer Ebene her. Zurek ergänzt: "Da wären wir dann nahtlos bei der Diskussion ums Bodenrecht."

Volksbegehren: Wann geht es los?

Artz und Mayer erarbeiten nun bis zum Herbst den Gesetzesentwurf für das Volksbegehren. Der Mieterverein sammelt derweil weitere Unterstützer. Für die Zulassung des Volksbegehrens müssen dann zunächst 25.000 Unterschriften gesammelt werden. Damit will man im Herbst nach der Wiesn starten. Beim eigentlichen Volksbegehren müssen dann wiederum innerhalb von 14 Tagen zehn Prozent der bayerischen Wahlbevölkerung unterschreiben. Das entspricht etwa einer Million Unterzeichnern. Der Landtag kann dann den Gesetzesentwurf annehmen. Tut er dies nicht, kommt es zum Volksentscheid.

Der Mieterverein sammelt nun Mitstreiter für das Volksbegehren, die Münchner SPD ist bereits dabei. Man habe "keine Sekunde lang" gezweifelt, die Initiative des Mietervereins von Anfang an zu unterstützen, sagte der stellvertretende Vorsitzende Roland Fischer. "Die Situation in München wird von Tag zu Tag dramatischer." München-OB Reiter unterstützt das Volksbegehren

München-OB Dieter Reiter begrüßt Volksbegehren

OB Dieter Reiter unterstützt das Volksbegehren ebenfalls: "Ich unterstütze natürlich die Intention des Volksbegehrens ,Mieten-Stopp'. Bezahlbares Wohnen – und das gilt nicht nur für München - wird zu Recht oft als neue soziale Frage bezeichnet, die beantwortet werden muss. Handlungsdruck sieht die bayerische Staatsregierung offenbar regelmäßig erst, wenn dieser laut und deutlich aus der Gesellschaft heraus durch ein Volksbegehren zum Ausdruck gebracht wird. Das galt für den Artenschutz und gilt wohl auch für den Mieterschutz. Es wird Zeit, dass der Freistaat Bayern hier mehr Verantwortung übernimmt und sich um die Mieterinnen und Mieter kümmert. Ich fordere die bayerische Staatsregierung auf, die Ziele des Volksbegehrens ernst zu nehmen und im Sinne der Mieterinnen und Mieter eine entsprechende Gesetzgebung in die Wege zu leiten. Die Stadt München ist mit ihrer kommunalen Mietpreisbremse für ihre eigenen Wohnungen bereits mit gutem Beispiel vorangegangen. Damit halten wir die Mieten unserer Wohnungen nicht nur für einen begrenzten Zeitraum stabil, sondern garantieren, dass sie dauerhaft bezahlbar bleiben."

Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) begrüßt das Volksbegehren.
Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) begrüßt das Volksbegehren. © Sven Hoppe/dpa

Und auch Christian Müller, stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender und Sprecher für Wohnungspolitik, begrüßt das Volkbegehren, vorallem mit Blick auf die zum Teil horrenden Mietpreise in der bayerischen Landeshauptstadt: "Gerade in München steigen die Mieten in den letzten Jahren extrem. Die dämpfende Wirkung der Mietpreisbremse greift leider auf Grund einer durch die Staatsregierung fehlerhaft erlassenen Rechtsverordnung auch nicht. Die Stadt kann nur innerhalb ihres eigenen kommunalen Wohnungsbestandes für Entspannung sorgen. Aus diesem Grund begrüße ich das geplante Volksbegehren von SPD München und Mieterverein sehr. Es ist die konsequente Weiterverfolgung unserer Ziele im Bereich Wohnen und Mieten, und scheinbar die einzige Lösung, um die Verteuerung der Mieten zu entgegnen. Wir werden auch von Seiten der SPD-Stadtratsfraktion das Volksbegehren unterstützen."

Bauminister Reichhart (CSU): "Nur mehr Wohnungen können den Markt entlasten"

Bauminister Hans Reichhart (CSU) sagte, ein Mieten-Stopp schaffe keinen zusätzlichen Wohnraum. Gesetzliche Regelungen wie die Mietpreisbremse könnten nur flankierende Maßnahmen sein. "Nur mehr Wohnungen können den Markt entlasten", sagte er. Das fördere der Freistaat im Doppelhaushalt mit 1,7 Milliarden Euro. "Das ist ein Rekordetat!" Aber beim Bauen seien alle gefragt – der Bund genauso wie die Kommunen und die Privaten.

Die Staatskanzlei hatte Mitte März mitgeteilt, an einer Neuauflage der 2017 von der Justiz gekippten Verordnung zur Mietpreisbremse in Bayern zu arbeiten. Die neue Mieterschutzverordnung solle möglichst noch im Sommer verabschiedet werden, um Mietern in Gegenden mit angespanntem Wohnungsmarkt vor überhöhten Mietkostensteigerungen zu schützen. Bayern hatte 2015 als eines der ersten Bundesländer die Mietpreisbremse eingeführt und mit einer Verordnung präzisiert. Das Münchner Landgericht I hatte die Verordnung Ende 2017 in ihrer ursprünglichen Form gekippt, weil sie nicht nachvollziehbar war.

Hohe Mieten sind in vielen Städten in Bayern ein Thema - insbesondere in München. In der Landeshauptstadt gingen im vergangenen September rund 10.000 Menschen auf die Straße und demonstrierten für mehr bezahlbaren Wohnraum und gegen Immobilienspekulation.

11.000 bei Ausspekuliert: Der Demo-Liveblog zum Nachlesen

 

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