Maibaum für den Viktualienmarkt: Vor Dieben gerettet

Der neue Maibaum für den Viktualienmarkt wird am Sonntag aufgestellt. Die AZ durfte das 34-Meter-Riesen-Stangerl im Versteck in Aying vorab besuchen.
Annette Baronikians |
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Durfte bei den letzten Verschönerungen während einer Nachtwache mithelfen: AZ-Reporterin Annette Baronikians mit Michael (l.) und Johann Altenweger vom Burschenverein.
Durfte bei den letzten Verschönerungen während einer Nachtwache mithelfen: AZ-Reporterin Annette Baronikians mit Michael (l.) und Johann Altenweger vom Burschenverein. © Josef Ecker

München - Es war weit nach Mitternacht. Elias, der friedlich in seinem Kinderbettchen geschlummert hatte, war plötzlich wach - und so auch seine Mutter. In ihren Armen schlief der Kleine wieder ein, doch an Ruhe war für Mama Johanna nicht mehr zu denken.

Viktualienmarkt: Diebe wollten den Maibaum klauen

Durchs Fenster sah sie eigenartige Lichter und dunkle Gestalten. Johanna war sofort klar: Sie sind da! Die Diebe, die es auf etwas ganz besonders Kostbares abgesehen haben. Auf den eigentlich gut versteckten und noch besser bewachten Maibaum in der Lagerhalle.

"Der Baum bleibt da!"

Dort stand dann keine drei Minuten später Ehemann Josef rund 40 jungen Männern gegenüber, die es schon geschafft hatten, den 34-Meter-Riesen zur Hälfte hinaus zu befördern. Josef knallte seine Hand auf den Stamm. Es folgte der traditionsreiche Ausruf "Der Baum bleibt da!" Und aus war er, der Traum vom Baum-Klau (samt hochprozentiger Auslöse) der Burschen aus dem Nachbarort.

Elias (10 Monate) mit seiner Mama Johanna.
Elias (10 Monate) mit seiner Mama Johanna. © A. Baronikians

Der Maibaum-Retter

"Wenn einer die Hand auflegt, dann ist's Ehrensache und Brauch, dass man abzieht", sagt Johanna Adlberger und drückt ihren zehn Monate alten Sohn an sich. "Elias ist genau zur richtigen Zeit aufgewacht. Er ist unser Maibaum-Retter." Fest steht: Der kleine Bub hat dem Burschenverein Hohendilching-Sollach, von dem das weiß-blaue Prachtexemplar geschaffen wurde, eine Peinlichkeit erspart - und München in der Tat einen besonderen Maibaum gerettet.

Comeback auf dem Viktualienmarkt

Jenen, der an diesem Sonntag, dem 1. Mai, auf dem Viktualienmarkt aufgestellt werden soll. Mehr als zwei Jahre lang fehlte dort das beliebte, in den Himmel ragende Fotomotiv. Erstmals stand ein vom Verein der Münchener Brauereien gestifteter Baum 1962 auf dem Viktualienmarkt. Seither ließen die Brauer insgesamt 13 Maibäume anfertigen.

Bald steht auf dem Viktualienmarkt wieder ein Maibaum.
Bald steht auf dem Viktualienmarkt wieder ein Maibaum. © ho

Das Versprechen des Maibaumbeauftragten

Am 1. Mai 2022 würde der 14. folgen, wenn nicht doch noch Diebe zuschlagen. "Das wird nicht passieren", versichert Anton Huber (31), der im Burschenverein Hohendilching-Sollach den Titel "Maibaumbeauftragter" führt. 2017 hatte sein Verein schon mal "die große Ehre", für den Baum der Landeshauptstadt zu sorgen.

Die Kriterien

Das ist eine aufwendige Angelegenheit. Wie Anton Huber, im Hauptberuf Bauphysikingenieur, der AZ erzählt, gilt es erstmal wichtige Kriterien zu beachten. So müsse die Fichte natürlich gerade gewachsen sein, eine Höhe von 30 bis 34 Metern haben und einen Durchmesser von über 60 Zentimetern, um auch in die Maibaumschiene auf dem Viktualienmarkt zu passen.

"Da muss man lang im Wald unterwegs sein, um genau so einen Baum zu finden", sagt Huber. Im letzten Dezember wurden er und seine Kollegen fündig. Die über 100-jährige Fichte wurde gefällt, später entrindet und entastet.

Bereit für die Fahrt nach München: das weiß-blaue Prachtexemplar.
Bereit für die Fahrt nach München: das weiß-blaue Prachtexemplar. © A. Baronikians

Gut versteckt auf dem Ayinger Hof

Ende März kam sie in die Lagerhalle des Ayinger Hofs zu Johanna und Josef Adlberger, um dort - gut versteckt vor Maibaum-Dieben - bearbeitet zu werden. Immer nach Feierabend haben rund 20 Vereinsmitglieder über einen Monat lang gehobelt, geschliffen, grundiert, gestrichen, weiß-blaue Spiralen und Rauten aufgemalt.

"Bei der Feinarbeit wie der Jahreszahl haben uns netterweise unsere Mädels geholfen", erzählt Johann Altenweger (28) bei einer Maibaumwache in der bislang geheimen Halle. Mit seinem Bruder Michael (23) nutzt er die Zeit für letzte Farbausbesserungen, bei denen die AZ ein wenig mithelfen durfte.

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Extra Urlaubstage für die Wache

Das Engagement des Burschenvereins ist in jeder Hinsicht groß: Um die täglichen Zweier-Wachen erfüllen zu können, nehmen viele Mitglieder extra Urlaubstage. Ihren erstmal letzten großen Einsatz haben die Männer kommenden Sonntag, wenn die allermeisten Münchner Maibaum-Fans noch schlafen.

Der Burschenverein Hohendilching-Sollach hat unzählige Stunden für den Maibaum gearbeitet.
Der Burschenverein Hohendilching-Sollach hat unzählige Stunden für den Maibaum gearbeitet. © privat

Um zehn Uhr wird der Maibaum aufgestellt

Ab ein Uhr wird die kostbare weiß-blaue Fracht in Aying für den Transport abfahrbereit gemacht. Mit Bulldog und Unterlegern geht's ab drei Uhr Richtung Landeshauptstadt, unterstützt von der Polizei. Am Viktualienmarkt werden noch die farbenfrohen Maibaumfiguren angebracht, bevor das neue Stangerl gegen zehn Uhr per Kran von der Waagrechten in die Senkrechte befördert wird.

"Und dann feiern wir", sagt Anton Huber, und um ihn herum wird lachend genickt. In einigen Jahren wird wahrscheinlich auch Elias, der kleine Maibaum-Retter, im Burschenverein mitfeiern. Die Ehrenmitgliedschaft hätte er sich schon heute verdient.

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