Lokal im Münchner Ratskeller muss schließen: Nach 30 Jahren endet eine Ära

In der Weinwirtschaft im Ratskeller haben sich viele Jahre lang ältere Menschen in geselligen Runden auf einen Schoppen Wein bei zünftiger Musik getroffen. Warum jetzt trotzdem Schluss ist.
Ruth Frömmer
|
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
31  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Wirt Peter Wieser am Freitag in seiner Weinwirtschaft unterm Rathaus.
Wirt Peter Wieser am Freitag in seiner Weinwirtschaft unterm Rathaus. © Bernd Wackerbauer

München - "Seit 1993 betreibe ich die fränkisch-badische Weinwirtschaft im Ratskeller", erzählt Peter Wieser, der auch Wirt im Ratskeller ist. "Ich habe sie auf gute Füße gestellt und das hat 28 Jahre gut gehalten." Aber im neuen Jahr ist Schluss. Vorwiegend ältere Leute haben sich in der Wirtschaft niedergelassen, einen Viertel Schoppen Wein für 4.40 Euro bestellt und in geselliger Runde die zünftige Musik genossen.

Dann kam Corona, die Gäste blieben weg und mehr als 50 Prozent sind seitdem nicht mehr zurückgekommen, so Wieser. Viele seien in Pflege und gingen nicht mehr aus. Jüngere Menschen hätten kein Interesse an der Weinwirtschaft. Die würden sich lieber rüber in den Ratskeller setzen.

Weinwirtschaft in München: Nur die Hälfte von 380 Plätzen besetzt

Da der wiederum großartig läuft, hat sich Wieser das Ganze jetzt anderthalb Jahre angeschaut. "Ich habe mehrere Zehntausend Euro im Monat in die Weinwirtschaft dazugeschossen", erzählt der Wirt der AZ.

"Vor Corona haben sich die Leute dort gestritten, weil kein Platz frei war", erzählt Wieser, "und jetzt gehen sie nicht mehr außer Haus." Wenn von 380 Plätzen nur die Hälfte besetzt sei, lohne sich das nicht.

"Meine Gäste sind ganz entsetzt. Ich habe ihnen als Ersatz auch Tische im Ratskeller versprochen", sagt Wieser. Aber da fehle ihnen die Musik, sagen sie. In der Weinwirtschaft hat nämlich jeden Abend ein Musiker gespielt. Alleine das habe ein paar Tausend Euro pro Monat gekostet, so der Wirt.

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Ein Gast schreibt sogar dem Oberbürgermeister wegen der Schließung

"Es tut mir wahnsinnig leid, ich habe mich wirklich bemüht, aber ich kann nichts machen", bedauert Wieser.

Ein Gast hat sich sogar mit einem Brief an Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) gewandt. "Die Stadt hat damit nichts zu tun. Das ist meine Entscheidung", betont Wieser gegenüber der AZ. Das Kommunalreferat sei lediglich der Vermieter, von dem er die Räume angemietet habe.

Wieser bleibt Mieter: Die Fläche will er für Bankette nutzen

Ein anderes Konzept sei schwierig, weil die Weinwirtschaft an der Rückseite des Rathauses eine sehr traditionelle Gaststätte sei. Zwei Sommer lang hat Wieser sie sogar zugesperrt. "Das konnte ich ausgleichen durch Reisegruppen aus China".

Wieser bleibt weiterhin der Mieter der Fläche. Nun plant er, sie für Bankette zu nutzen. Die Stammgäste der Weinwirtschaft lädt er ein, in den Ratskeller, das dortige Bistro oder das Pub zu kommen. Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, mal etwas Neues auszuprobieren.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
31 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
  • Der AndiChrist am 27.11.2023 20:38 Uhr / Bewertung:

    30 Jahre ist bereits "Tradition"? Ab wann gilt das? Mein Traditions-Supermarkt ist gerade vor 5 Jahren eröffnet worden, und die Baustelle an der zweiten Stammstrecke feuert heuer 6jährige Tradition.

  • Knoedel am 28.11.2023 07:20 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Der AndiChrist

    Die 60er werden auch immer der Traditionsverein genannt obwohl die seit Jahrzehnten oberpeinlich hoch10 in allen Belangen sind.
    Das Wort Tradition hat irgendwie keine richtige Bedeutung mehr.
    Die Zimtschnecken in der Sendlinger Straße werden auch bald ein Traditionsgeschäft sein!

  • PotiMB am 27.11.2023 19:05 Uhr / Bewertung:

    Ich kenne tatsächlich einen Wirt, der aus den Gewinnen eines rentablen Geschäftszweigs versucht eine unrentable Veranstaltungs-Reihe zu stützen. Wenn der Versuch nach bestimmter Zeit nicht klappt, muß der Wirt dem Unterhaltungs-Musiker den täglichen Auftritt kündigen.
    Ich verstehe den Wirt voll und ganz auch wenn es mich als Musiker getroffen hat.
    Man sollte sich nicht über Gastronomen lustig machen, welche versuchsweise Gelder in den Sand setzen um eine einst beliebte Veranstaltung in die aktuelle Zeit rüber zu retten.
    Grüße aus Miesbach
    Paul Potkowa

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.