Lösungen sind gefragt – und nicht Ideologien

Michael Schilling, Chefredakteur der Abendzeitung, schreibt über die Flüchtlingsdebatte in München.
von  Michael Schilling

Michael Schilling, Chefredakteur der Abendzeitung, schreibt über die Flüchtlingsdebatte in München:

 

Es ist erst ein paar Tage her, da hat Oberbürgermeister Dieter Reiter mit einem seiner Vorgänger telefoniert. Georg Kronawitter, der von 1972 bis 1978 und von 1984 bis 1993 OB war, erkundigte sich beim gegenwärtigen Amtsinhaber, wie viele Flüchtlinge München denn nun aufnehmen müsse. Bis zu 12 000 sollen es heuer wohl sein. Woraufhin Kronawitter seinem Nach-Nachfolger und Parteifreund Mut zusprach. In Zeiten des Jugoslawien-Krieges, sagte der Alt-OB lakonisch, seien 30 000 Flüchtlinge in die Stadt gekommen – und das habe man damals ja auch hingekriegt.

 

Das mag ein schwacher Trost sein in der schwierigen Gegenwart, noch dazu von einem, der keine Verantwortung mehr tragen muss. Aber die Unaufgeregtheit Kronawitters ist genau das, woran sich die Stadtpolitiker von heute gern ein Beispiel nehmen dürfen. Das gilt für CSU-Bürgermeister Josef Schmid, der einen lauten Hilferuf aus München abgesetzt hat, genauso wie für SPD-Fraktionschef Alexander Reissl, der mit einem Satz („Nicht jeder ist hier willkommen“) viele Genossen verstört hat.

 

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Jetzt ist nicht die Zeit für ideologische Debatten. Gefordert sind Lösungen. Lösungen für die vielen Menschen, deren Flucht in München endet. Und auch für jene, die schon lange in dieser Stadt leben. Diesem Anspruch sind die Mandatsträger der SPD und CSU im Rathaus verpflichtet. Sie sind gut beraten, auf schmissiges Getöse zu verzichten; München befindet sich – zum Glück – aktuell ja gar nicht im Wahlkampf.

 

Die Flüchtlingsdebatte wird uns bleiben, genau wie uns viele Flüchtlinge noch lange bleiben werden. Die Stimmung in der Stadt durch unbedachte Rhetorik aufzuheizen, ist gefährlich und unverantwortlich. Probleme kann die Stadtspitze am ehesten lösen, wenn alle zusammenarbeiten. In Ruhe geht das besser.

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