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Letzter Vorhang gefallen: Deutsches Theater trennt sich von beiden Geschäftsführern

Für Werner Steer und Carmen Bayer ist der letzte Vorhang gefallen. Der Aufsichtsrat des Deutschen Theater trennt sich zum 1. Februar 2022 von den beiden Geschäftsführern.
Robert Braunmüller
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Doppelspitze seit 2007: Carmen Bayer und Werner Steer.
Doppelspitze seit 2007: Carmen Bayer und Werner Steer. © Deutsches Theater

München - Die Nachricht ist knapp, aber deutlich. "Der Aufsichtsrat der Deutsches Theater München Betriebs-GmbH hat am Freitagabend im Rahmen einer Sondersitzung die Geschäftsführer Werner Steer und Carmen Bayer mit Wirkung zum 1. Februar von ihren Posten abberufen", heißt es in einer Meldung aus dem Büro der zweiten Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne). Als Grund werden nicht erfolgte Auszahlungen von Zulagen an die Beschäftigten des Theaters genannt.

München-Zulage für Beschäftigte nicht ausgezahlt

Dies ist seit Dezember bekannt. Das als kommunale GmbH geführte Theater ist durch die pandemiebedingte Schließung in eine finanzielle Schieflage geraten. Die beiden Geschäftsführer versuchten, dies auf bedenkliche Weise auszugleichen: Den Mitarbeitern zustehende 130.000 Euro für die München-Zulage und das Jobticket landeten nicht – wie vorgeschrieben – bei den Beschäftigten, sondern in der Kasse des Theaters.

Zwischen der Stadtspitze und dem Deutschen Theater gärt es schon länger. Werner Steer hatte in der Vergangenheit unter anderem Krach mit der Kabarettistin Monika Gruber, der Gastronomie in seinem Haus und einem SPD-Stadtrat. 2018 beleidigte er auf Twitter Ex-Nationalspieler Mesut Özil auf eine rüde und ausländerfeindliche Weise, wofür er eine Rüge des damaligen zweiten Bürgermeisters Josef Schmid einfing.

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Solange die Zahlen im Deutschen Theater in Ordnung waren, konnte Steer als Original aus dem Allgäu durchgehen, zumal seine Co-Geschäftsführerin für einen Ausgleich sorgte. Insider sagen, dass er für das Theater brannte. Aber zuletzt beschäftigte sich auch noch die Gewerbeaufsicht mit Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung von Arbeitszeiten. Die Regierung von Oberbayern verzichtete zwar auf eine Strafe, unschön bleibt die Sache trotzdem.

Aufsichtsrat beschäftigt sich mit den Vorwürfen

Am Freitag beschäftigte sich der Aufsichtsrat des Hauses in einer Sondersitzung mit den Vorwürfen. Die zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden ist Vorsitzende des Gremiums. Ihm gehören neben dem städtischen Kulturreferenten Anton Biebl mehrere Stadträte von Grünen, SPD und CSU an.

Das vor zehn Jahren teuer sanierte Haus gehört der Landeshauptstadt. Es wird mit einem jährlichen Zuschuss von nur 1,9 Millionen Euro von der Stadt gefördert. Geführt wird es aber wie ein Privattheater: Es trägt es sich durch die Einnahmen aus Musical- und Showgastspielen freier Produzenten fast selbst.

Weil die aber eine Auslastung von rund 70 Prozent brauchen, um rentabel zu sein, ruhte zuletzt der Spielbetrieb weitgehend. Die Mitarbeiter gingen in Kurzarbeit, außerdem half die Stadt 2020 mit einem Sonderfonds von 1,5 Millionen Euro. Billig ist auch die Doppelspitze nicht: Die beiden Geschäftsführer teilten sich im Jahr 2019 ein gemeinsames Gehalt von 308.000 Euro.

Flammen Verkaufsideen des Deutschen Theaters nun wieder auf?

Vor 20 Jahren dachten die Stadträte angesichts explodierender Sanierungskosten über einen Verkauf des Theaters nach. Der kulturpolitische Streit über den Sinn oder Unsinn einer kommunalen Musicalbühne verstummte zwar nach der Sanierung. Er könnte in Zeiten knapper Kassen wieder aufflammen.

Wer einen Theaterleiter stürzt, sollte einen besseren Nachfolger präsentieren können. Dazu heißt es in der Mitteilung nur lapidar: "Der Spielbetrieb des Deutschen Theaters ist gewährleistet." Was angesichts der langfristigen Planung in diesem Bereich auch zutrifft. Ob es aber eine gute Idee ist, mitten in einer Krise der privaten Show- und Veranstaltungsbranche die bisher erfolgreiche Geschäftsführung auszutauschen, darüber lässt sich streiten. Aber die schwierige Lage ist eine Chance, schnell eine kompetente neue Leitung zu finden. 

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  • Martin Ried am 23.01.2022 13:46 Uhr / Bewertung:

    "Ob es aber eine gute Idee ist, mitten in einer Krise der privaten Show- und Veranstaltungsbranche die bisher erfolgreiche Geschäftsführung auszutauschen, darüber lässt sich streiten."

    Ein unglaublicher Satz, Sie meinen also lieber Redakteur, derartige Skandale sollte man um den Status quo zu halten einfach ignorieren. Bohren Sie lieber mal weiter in der Angelegenheit, schauen Sie investigativ in die letzten Jahre und ich verspreche Ihnen, da wäre noch mehr...

  • Martin Ried am 22.01.2022 14:40 Uhr / Bewertung:

    Und sind Zahlungen, die in einer wirtschaftlichen Schieflage ohne Anspruch der Mitarbeiter an die Mitarbeiter getätigt werden, nicht strafbar, also im Sinne der Landeshauptstadt, dass sie in Zeiten der Kurzarbeit nicht getätigt wurden? Alles sehr seltsam. Ich frage mich ob nicht der langgehegte Wunsch der Landeshauptstadt dahinter steckt, das Theater jetzt endlich zu privatisieren um den "lästigen" Kostenblock der "leichten Unterhaltung" los zu werden

    OOO Sie meinen also der Chef hatte das Recht zugedachte Mittel für die Angestellten die Teil des Gehalts wären nicht auszuzahlen aber weiterhin sein Chefgehalt zu beziehen? Da macht die Stadt einmal was richtig und dann kommt in den Kommentaren so eine Grütze von wegen Stadt will das Theater schließen. Dieselbe Stadt die den Mitarbeitern mehr Geld zahlen wollte.

  • Martin Ried am 22.01.2022 14:37 Uhr / Bewertung:

    Nicht woke genug?
    Die beiden Herrschaften haben Geld veruntreut und das Personal um ihnen zugedachte Gelder geprellt. Was hat das mit woke zu tun?

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