Landgericht München: Härteste Strafe für Giesinger Stalkermord?

Nach der Trennung tötet Roland B. in Giesing seine Ex. Der Staatsanwalt sieht die besondere Schwere der Schuld. Das sagt der Bruder des Opfers vor Gericht.
von  John Schneider, Annika Schall
Der Angeklagte mit Anwalt.
Der Angeklagte mit Anwalt. © jot

"Der Mord begann schon im Jahre 2012", sagt der Bruder von Jeanie T. († 45). Damals fing Roland B. (46) an, seine ehemalige Freundin zu verfolgen. Der Grund: Er mochte sich mit der Trennung nicht abfinden, verlangte wieder und wieder eine Aussprache.

Jeanie T. lebte in einem "Klima der Angst", erwirkte Kontaktverbote und zeigte ihren Peiniger an. Bis sie am 16. August 2016 mit 18 Messerstichen getötet wurde. Ihr Bruder: "Die Lücke, die sie hinterlassen hat, ist groß."

Es ist der vielleicht emotionalste Moment am Mittwoch – dem Tag der Plädoyers. Der Bruder liest vom Blatt ab, aber muss sich immer wieder fassen, um weiter reden zu können. Nach seiner Überzeugung war der Mord die Rache dafür, dass es seiner Schwester trotz widriger Umstände – sie hatte unter anderem eine Krebserkrankung überwunden – gelang, das Leben zu genießen.

"Ich habe lange mit meiner Beteiligung an diesem Prozess gehadert", sagt der 36-Jährige, "aber ich brauchte Antworten auf das Warum."

Gutachter sicher: Roland B. ist nicht vermindert schuldfähig

Von Roland B. kann er dabei keine Hilfe erwarten. Der Stalker hat immer zu den Gründen der Bluttat geschwiegen. Auch gegenüber dem psychiatrischen Gutachter Henning Saß wollte er sich nicht äußern.

Der Gutachter kam auf Grundlage der Akten und der Verhandlung zu dem Schluss, dass Roland B. zwar "übernachhaltig" sein Ziel der finalen Aussprache verfolgte, er aber keineswegs psychisch gestört sei. Anders gesagt: Der Architekt wusste, was er tat. Eine verminderte Schuldfähigkeit schließt der Experte aus.

Das Schweigen des Angeklagten ändert auch nichts an der Überzeugung von Staatsanwalt Laurent Lafleur, dass der Mörder von Jeanie T. auf der Anklagebank sitzt. Eine lückenlose Indizienkette beweise das, erklärt Lafleur in seinem Plädoyer. Das Tatmesser weise Blutspuren von ihm und dem Opfer auf. Blut fand die Polizei auch an einem hellblauen Hemd, dass Roland B. laut Zeugen am Tattag getragen hat.

Lafleur fordert nicht nur lebenslange Haft für Mord. Er sieht unter anderem aufgrund des jahrelangen Stalkings eine besondere Schwere der Schuld. Schließt sich das Gericht dieser Einschätzung an, würde das für Roland B. bedeuten, dass er nicht nach 15 Jahren auf Bewährung frei käme. In diesem Fall würde die Strafvollstreckungskammer nach 15 Jahren festlegen, wie viel Strafe noch verbüßt werden muss.

Zumindest von der besonderen Schwere der Schuld bittet Verteidiger Maximilian Müller abzusehen. Die Tat sei nicht "charaktertypisch" gewesen. Sein Mandant sei damals "wahnhaft fixiert" auf die Aussprache gewesen. Das Urteil wird der Vorsitzende Richter des Schwurgerichts, Michael Höhne am 2. November bekannt machen.

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