KVR-Chef Thomas Böhle hört auf – und hat aufgeräumt

Nach 40 Jahren bei der Stadt verabschiedet sich der Kreisverwaltungschef in den Ruhestand.Er hinterlasse keine Baustellen im Amt, sagt er. Sondern, im Gegenteil, eine blitzblank sanierte und funktionierende Behörde.
von  Irene Kleber
"Ich hinterlasse keine Baustellen": Kreisverwaltungsreferent Thomas Böhle (SPD) hat - nach 40 Jahren bei der Stadt - am Donnerstag seinen letzten Arbeitstag.
"Ich hinterlasse keine Baustellen": Kreisverwaltungsreferent Thomas Böhle (SPD) hat - nach 40 Jahren bei der Stadt - am Donnerstag seinen letzten Arbeitstag. © Daniel von Loeper

München - Beinahe tiefenentspannt schaut er aus, wie er da heranfedert im royalblauen Lacoste-Poloshirt, leichter Sommerbräune und diesem Böhle-Lächeln. Nur zweieinhalb Tage noch, dann ist die Zeit seiner Berufstätigkeit nun wirklich vorbei.

Damit endet nach 40 Jahren bei der Stadt auch Thomas Böhles letzte Karriere-Etappe, seine sechsjährige Amtszeit als Kreisverwaltungsreferent, Münchens oberster Ordnungshüter also. Man sieht es ihm nicht an, aber Böhle ist bald 69.

Noch wenige Tage bis zum Ruhestand

Fürs AZ-Foto posiert er bereitwillig, so lässig das geht, auf den Stufen vor seinem gerade fertig sanierten Kreisverwaltungsreferat (KVR) an der Ruppertstraße 19. Die Fassade des früher finsteren Behördenkastens blitzt in der Sonne, hinter der Eingangs-Glastür sieht man freundliche, helle neue Räume.

Es ist ein letzter Termin für Journalisten, offiziell, um das Ende der fünfjährigen Sanierungsarbeiten dort zu verkünden. In Wahrheit aber, um seinen Abschied zu geben. Ich freu mich schon, sagt er, "dass ab Freitag eine Zeit ohne Zwänge losgeht." Kurze Pause. "Andererseits. Ich hätte auch schon noch weitermachen wollen."

Nach fünf Jahren Sanierungszeit ist das KVR-Hauptgebäude jetzt fertig.
Nach fünf Jahren Sanierungszeit ist das KVR-Hauptgebäude jetzt fertig. © Daniel von Loeper

Böhle hatte viele Herausforderungen zu meistern

Dabei hat Thomas Böhle (SPD) sechs ziemlich aufreibende Jahre an der Spitze der Behörde hinter sich, die für viele Themen mit Streit- und Krisenpotenzial zuständig ist - von der Ausländerpolitik übers Gaststätten- und Versammlungsrecht und den Katastrophenschutz bis zu den Pass- und Meldeangelegenheiten in den Bürgerbüros.

Er war gerade drei Wochen im Amt, als der rechtsextremistische Anschlag im OEZ am 22. Juli 2016 München erschütterte - und Böhle im Turbotempo ein völlig neues Sicherheitskonzept für die Wiesn vorlegen musste, mit Rucksackverbot und Einzäunung.

Das KVR war während der Corona-Pandemie besonders gefordert

Es folgte der Hungerstreik von 70 Geflüchteten am Sendlinger Tor, die Sicherung der Christkindlmärkte nach dem Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz, das Alkoholverbot am Hauptbahnhof - und das "Megathema Versammlungsfreiheit", wie er es nennt, von Pegida bis zu den Querdenkern.

Während der zwei Pandemiejahre hatten allein Coronamaßnahmengegner 1.500 Demos angemeldet, über die seine Juristen vor dem Hintergrund des Infektionsschutzes zu entscheiden hatten. Seine Behörde musste während ständig wechselnder Rechtslagen 40 Allgemeinverfügungen erlassen, Kontaktbeschränkungen durchsetzen und Restriktionen in der Gastronomie.

In der Folge ist seine Bußgeldstelle mit einer massiven Zahl an Anzeigen konfrontiert worden. Und als wären die Mitarbeiter nicht belastet genug gewesen, kam dann, mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, der Ansturm der in München gestrandeten Geflüchteten auf die Melde- und Ausländerbehörde.

Thomas Böhle hat seinen Job geliebt

Gab es Momente, wo er sich insgeheim gewünscht hat, lieber seinen früheren Posten behalten zu haben - als Personalreferent der Stadt, der er 18 Jahre lang war? "Nie", sagt er, "kein einziges Mal. Ich habe genau immer das am liebsten gemacht, was ich gerade gemacht habe."

Und schließlich gebe es genug, woran er sich freuen könne, zusammen mit den Münchnern: die von seiner Behörde genehmigten 650 Schanigärten mit 10.000 neuen Sitzplätzen draußen, zum Beispiel, die der Stadt bleiben werden, das Frauen-Nachttaxi, Verbesserungen bei Radlwegen, das Online-Terminsystem im Parteiverkehr, das nun, anders als früher, lange Warteschlangen verhindert. Und das nunmehr komplett fertig sanierte KVR-Hauptgebäude, barrierefrei, hell, mit Leitsystem und leisen Arbeitsplätzen. "Ich hinterlasse keine Baustellen", so sagt er das. Und hört sich sehr zufrieden mit sich selber an.

Keine Pläne zu haben ist das Ziel für die Zukunft 

Nur bei der Frage, was denn jetzt kommen soll in seinem Leben, wird Thomas Böhle (dessen 16-jährige Tochter noch im Haus ist, der aber auch schon zwei Enkel hat) schweigsam. "Mein Plan ist, dass es jetzt keine Pläne gibt." Was er jedenfalls nicht machen werde, sind Radtouren, "entgegen der Legende fahre ich nicht gerne Rad." Und wenn er doch Sehnsucht bekommt nach seinem KVR? "Ich wohne ja nicht weit weg", scherzt er, "notfalls hole ich mir jede Woche einen neuen Pass."

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