Kommunalwahl in München: OB Dieter Reiter muss Stichwahl fürchten

Der Münchner ist kein Freund radikaler Wechsel. Das gilt ganz besonders, wenn es um seine Oberbürgermeister geht. Erst drei Oberbürgermeister standen seit 1984 an der Spitze der Stadt. Will heißen: Wer es hier nach oben schafft, bleibt es meistens auch für mehrere Legislaturperioden. Das dürfte auch nach dem 15. März so bleiben.
Bei einer OB-Wahl, die nach den Ergebnissen des repräsentativen AZ-Trends allerdings für alle Kandidaten auf ihre Weise enttäuschend werden könnte.
Ich erlebe keine Wechselstimmung, hatte Dieter Reiter im Neujahrs-Interview mit der AZ gesagt. Er könnte Recht behalten. Die AZ hat Münchner Wahlberechtigte dazu befragen lassen, wem sie bei der Oberbürgermeisterwahl ihre Stimme geben möchten. Und derzeit sieht es ganz danach aus, als würde der OB in München weiterhin ein SPD-Parteibuch haben.
Umfrage zur Kommunalwahl: Wer liegt vorn?
Zufrieden mit dem Umfrageergebnis dürfte Reiter aber wohl trotzdem nicht sein – denn wäre zum Zeitpunkt der Befragung OB-Wahl gewesen, müsste Dieter Reiter in die Stichwahl. 41,58 Prozent der Befragten würden ihr Kreuz bei Reiter machen. Das würde bedeuten, dass ein zweiter Wahlgang notwendig wird – wie bereits bei der vergangenen Wahl.
2014 hatte Reiter im ersten Wahlgang 40,4 Prozent der Stimmen bekommen. Das war deutlich weniger als sein Vorgänger Christian Ude (SPD), der 2008 sogar 66,8 Prozent der Wähler überzeugen konnte. 2014 hatte die SPD in diesem Zusammenhang auf Udes damaligen Amtsbonus verwiesen. Im Gegensatz zu seinem Nachfolger Reiter musste Ude jedoch niemals in eine Stichwahl, schon bei seinem ersten Wahlkampf 1993 gegen Peter Gauweiler (CSU) erreichte er auf Anhieb 50,8 Prozent.
Auch scheint Dieter Reiter aus seinen sechs Jahren an der Rathausspitze kein großes Kapital schlagen zu können.
Kein Dreikampf: OB Reiter bleibt Favorit
Trotzdem bleibt Dieter Reiter im Rennen um die Oberbürgermeisterwahl der klare Favorit. Denn seine beiden Konkurrentinnen Katrin Habenschaden (Grüne) und Kristina Frank (CSU) sind beim AZ-Trend weit abgeschlagen. Die grüne Kandidatin wollen 17,93 Prozent der Befragten wählen, Frank kann 13,59 Prozent überzeugen.
Vor allem für die CSU-Kandidatin ist dies ein bitterer Wert. Denn Reiters vorheriger Herausforderer von christsozialer Seite, Josef Schmid, hatte 2014 im ersten Wahlgang sogar 36,7 Prozent erreicht. Aber auch die Grünen dürften mit dem Ergebnis kaum zufrieden sein: Zwar kann Habenschaden im Gegensatz zu ihrer Vorgänger-Kandidatin Sabine Nallinger (2014: 14,7 Prozent der Stimmen) Stimmen hinzugewinnen. Angesichts des grünen Höhenflugs bei vorhergegangenen Wahlen dürfte ein Ergebnis unter 20 Prozent trotzdem als Dämpfer wahrgenommen werden.
Grüne Habenschaden und schwarze Frank verlieren gegen roten Reiter
So ist ein Sieger mit dem Namen Dieter Reiter nach einer Stichwahl die wahrscheinlichste Variante. Für den AZ-Trend wurden die Befragten auch gebeten, anzugeben, wen sie bei einer Stichwahl wählen würden. Erst am Donnerstag hatte Habenschaden bei einem Pressetermin gesagt, sie sähe gute Chancen, eine Stichwahl gegen Reiter gewinnen zu können. Unsere Zahlen zeigen, dass das schwierig werden dürfte. Bei einem Duell Habenschaden-Reiter stünde es 26,4 Prozent zu 73,6 Prozent, ein Zweikampf Frank-Reiter würde laut AZ-Trend 27,47 Prozent zu 72,53 Prozent zu Ende gehen.
Kommunalwahl in München: Viele Wähler unentschlossen
Auffallend ist allerdings, dass zum Zeitpunkt der Befragung 16,85 Prozent der Umfrageteilnehmer noch unentschlossen waren, wen sie im März wählen möchten.
Kandidaten kleinerer Parteien bekommen im AZ-Trend keine hohen Werte. Hans-Peter Mehling, Kandidat der Freien Wähler und Jörg Hoffmann von der FDP bekommen beide jeweils etwa 2 Prozent. Kandidaten anderer Parteien und Gruppierungen sogar noch weniger.
Kandidatinnen wenig bekannt
Für die Kandidaten der drei größten Parteien haben wir die Münchner Wahlberechtigten um verschiedene Einschätzungen gebeten (nähere Erläuterungen siehe unten).
Hier zeigt sich: Dieter Reiters voraussichtlicher Wahlerfolg könnte zum Teil auch dadurch erklärt werden, dass er schlichtweg bekannter ist als seine Konkurrentinnen. 95 Prozent der Befragten kennen Reiter vom Namen her, bei Habenschaden sind es lediglich 48 Prozent, bei Frank sogar noch etwas weniger (44 Prozent). Näher bekannt sind die beiden Kandidatinnen sogar lediglich 32 (Habenschaden) beziehungsweise 30 Prozent (Frank).
Beliebt, aber wenig Visionen für die Stadt
Am beliebtesten ist Dieter Reiter mit einem Durchschnittswert von 2,18 auf einer Skala von -5 (sehr unbeliebt) bis +5 (sehr beliebt). Habenschaden liegt etwas dahinter (2,02) Frank kommt mit Blick auf die Beliebtheit am schlechtesten weg (1,40).
Sympathisch (trifft voll und trifft eher zu) finden die Befragten alle drei Kandidaten mehrheitlich. Bei der Glaubwürdigkeit sieht es ähnlich erfreulich für Reiter, Frank und Habenschaden aus (detaillierte Werte siehe Grafik unten).
Schwächere Werte bekommen der Kandidat und die Kandidatinnen allerdings, wenn man die Umfrageteilnehmer danach fragt, wem sie zutrauen, eine Vision für die Stadt zu entwickeln. "Voll und ganz" stimmen dieser Aussage bei Frank und Habenschaden nur um die zehn Prozent zu. Bei Reiter sind es immerhin knapp 19 Prozent.
Stichwahl: Wen würden Sie wählen?
Dieter Reiter (SPD) gegen Kristina Frank (CSU):
Reiter: 72,53 %
Frank: 27,47 %
Dieter Reiter (SPD) gegen Katrin Habenschaden (Grüne)
Reiter: 73,60 %
Habenschaden: 26,40 %
So werden die OB-Kandidaten bewertet
Zu den drei Kandidaten mit den besten Chancen bei der Oberbürgermeisterwahl haben wir den Münchnern verschiedene Fragen gestellt. Zunächst haben wir gefragt, welchen Kandidaten sie dem Namen nach kennen. All diejenigen, die Kristina Frank (CSU), Dieter Reiter (SPD) und Katrin Habenschaden (Grüne) dem Namen nach kennen, haben wir gefragt, ob sie die Kandidaten auch näher, also von Auftritten, persönlich oder aus der Presse kennen. In den oberen Tabellen sind diese beiden Werte dargestellt. Beide Zahlen ("vom Namen her" und "näher") beziehen sich auf die Gesamtzahl der Befragten.
Diejenigen, die angegeben haben, dass sie einen, mehrere oder alle Kandidaten kennen, haben wir noch um eine Einschätzung zu Beliebtheit sowie drei Eigenschaften gebeten.
Wir haben gefragt: "Wie beliebt ist der Kandidat bei Ihnen?", geantwortet werden konnte auf einer Skala von -5 (sehr schlecht) bis +5 (sehr gut). Für alle Kandidaten haben wir daraus einen Durchschnittswert ermittelt.
Außerdem wollten wir wissen, ob die Befragten die Kandidaten für glaubwürdig, sympathisch und visionär halten. Die Werte für die einzelnen Kandidaten sind in den Diagrammen abgebildet.
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So bewerten die Münchner die OB-Kandidaten. (Zum Vergrößern auf die Grafik klicken.) Grafik: AZ