Kommt nun der Protest gegen die Bauwut in München?

München - Das Bündnis Nordost, in dem sich bisher sieben örtliche Vereine und 200 Bürger zusammengeschlossen haben, fordert mehr Gehör von Stadtspitze und Politik in Sachen "Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme, kurz SEM".
Wie berichtet, prüft die Stadt seit Jahren, ob auf Feldern und Fluren in Daglfing und Johanneskirchen Wohnungen für 30.000 Menschen und 10.000 Arbeitsplätze gebaut werden können. Mit Ausweisung der SEM würden die Bodenpreise eingefroren. Das aber ist nicht der Grund für die Aktivitäten des Bündnisses Nordost, die "ganz einfach nur Anwohner" sind.
"Wir haben Probleme mit der SEM, wie die Stadt sie derzeit verfolgt", sagt Andreas Hotschek, einer der Bündnissprecher. "Unser Wunsch ist, im Dialog mit Stadtrat und Stadtspitze ein intelligentes Wachstum auf den Weg zu bringen".
Hotschek: "Der Dialog ist nicht erwünscht"
Beim Dialog aber hake es. "Nach dem Workshop 2015, bei dem noch 10.000 Neubürger die Basis waren, wurden Entwürfe mit 30.000 Anwohnern und 10.000 Arbeitsplätzen präsentiert", so Hotschek. Sämtliche Anregungen von Bürgern und Bezirksausschuss (BA) seien ignoriert worden. "Darum wollen wir uns Gehör verschaffen und stellen fest, der Dialog ist nicht erwünscht!" Die Menschen seien verunsichert und voller Sorge, was mit der SEM auf sie zukomme. Hotschek zweifelt daran, dass die SEM ein Heilmittel für günstigen Wohnraum ist. "Dauerhaft hat das die Stadt bisher nicht geschafft, daran wird die SEM nichts ändern", sagt Hotschek.
Wohnen in München wird immer teurer
Davon ist auch Dirk Höpfner vom Bündnis München Nord überzeugt: "Laut Stadt kann man bis 2035 noch 72.000 Wohnungen bauen. In der gleichen Zeit erwartet München aber 300.000 Neubürger, das kann sich nicht ausgehen!"
Es müssten andere Lösungen gefunden werden, als die letzten Freiflächen der Stadt zu bebauen. "Die Bürgerinitiativen vernetzen sich gerade münchenweit. Ich denke, vor der Kommunalwahl 2020 können wir uns gemeinsam aufstellen". Gemeint sind damit Initiativen, die sich gegen die "Bauwut" stellen.
Die S8-Tieferlegung soll kein Problem sein
Man plane einen Wahlomat und Video-Statements der Kandidaten. Höpfner hat festgestellt: "Viele Leute machen sich heute schon große Sorgen vor Vertreibung. Man will die Menschen weg haben, damit man bauen kann! Wenn man dafür ein Bündnis gründet, wie gerade angekündigt, habe ich damit ein Problem". Gemeint ist das Gründungstreffen der Bürgerinitiative "Pro SEM", am Donnerstagabend im Löwenbräukeller.
Sowohl Bürgermeister Manuel Pretzl (CSU) als auch SPD-Fraktionschef Alexander Reissl nehmen die Bedenken der Bürger "sehr ernst". Man wolle die Bevölkerung einbinden, sagt Pretzl. Reissl erklärt: "München wäre immer noch eine Kleinstadt, hätte man immer auf die Bedenkenträger gehört".
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Kein Problem sehen beide Politiker darin, dass die S8-Tieferlegung längst nicht in trockenen Tüchern ist. Man werde ja nicht morgen bauen, sodass bis dann auch die Tieferlegung der S8-Trasse hinreichend konkretisiert sei. Zudem betont sowohl Reissl als auch Pretzl, dass ja die gerade beschlossene Verlängerung der U-Bahn nach Englschalkung und die damit geschaffene Umsteigemöglichkeit zur S 8 ein entscheidendes Kriterium sei.
Lesen Sie hierzu den AZ-Kommentar: Es geht auch ums München-Gefühl