Kommt die ÖPNV-Steuer? SPD plant Revolution für Finanzierung der Öffis in München

Frankfurt will von Unternehmen für den Bau von öffentlichen Verkehrsmitteln eine Abgabe verlangen. Zumindest eine Partei hält das auch für München für eine gute Idee. Denn der Stadt fehlt Geld.
von  Christina Hertel
Für den Bau von U-Bahnen verlangt Wien schon lange eine Abgabe von seinen Arbeitgebern. Auch München könnte für den ÖPNV mehr Geld brauchen. Kommt auch so eine Steuer?
Für den Bau von U-Bahnen verlangt Wien schon lange eine Abgabe von seinen Arbeitgebern. Auch München könnte für den ÖPNV mehr Geld brauchen. Kommt auch so eine Steuer? © imago

München - Keine neuen U-Bahnen, keine neuen Tram-Züge, keine neuen Busse, keine neuen Betriebshöfe: Rund 2,7 Milliarden Euro will die Münchner Verkehrsgesellschaft sparen. Die Streichliste wurde vor Kurzem bekannt. Auch anderen deutschen Städten fehlt für den ÖPNV-Ausbau das Geld. Frankfurt allerdings hat womöglich eine neue Einnahmequelle gefunden. Die Stadt will, dass sich die Arbeitgeber am öffentlichen Nahverkehr finanziell beteiligen.

Diesen Montag schlug der Grüne-Mobilitätsdezernent Wolfgang Siefert eine "Arbeitgeber-Abgabe" vor. Sie soll zwei Euro pro Mitarbeiter und Woche betragen. Also insgesamt 104 Euro pro Person und Jahr. Falls das Unternehmen seinen Mitarbeitern ein Jobticket bezahlt, soll nur die Hälfte fällig sein.

Finanzierung des ÖPNV: Eine City-Maut würde weniger Geld einbringen

Ausgedacht hat sich das der Frankfurter Mobilitätschef nicht selbst. Die Stadt hat mit einer Studie neue Wege zur Finanzierung des ÖPNV untersuchen lassen. Neben der Arbeitgeberabgabe kommt darin eine City-Maut vor, also eine Gebühr, die Autofahrer zahlen müssen, wenn sie in die Stadt fahren.

Auch teurere Parkgebühren nennt die Studie als ein Mittel. Doch keines spült demnach so viel Geld in die Kassen wie die neue ÖPNV-Steuer für die Arbeitgeber: Mit rund 65,3 Millionen Euro jährlich rechnen die Experten. Eine City-Maut würde Frankfurt nur 47,6 Millionen Euro bringen.

Vorbild ist Wien. Dort zahlt schon seit Jahren jeder Betrieb, jedes Geschäft, jedes Unternehmen eine "U-Bahn-Steuer" von zwei Euro pro Mitarbeiter und Woche. Die Abgabe heißt umgangssprachlich so, weil Wien die Einnahmen nur für den Bau der U-Bahn verwenden darf. Bis jetzt hat noch keine deutsche Stadt die Abgabe eingeführt. Denn dafür müssten in allen Bundesländern erst Gesetze geändert werden. Bis jetzt arbeitet bloß Baden-Württemberg daran.

Die SPD spricht sich für eine ÖPNV-Steuer in München aus

In München allerdings gibt es für solche Ideen Sympathien: Die SPD hat sich auf ihrem Parteitag im Frühjahr bereits für neue Steuern ausgesprochen, um den ÖPNV zu finanzieren. "Der Ausbau, der für die Verkehrswende notwendig ist, kann nicht mit den Ticketeinnahmen gestemmt werden", hieß es damals in dem Leitantrag.

Deshalb forderte die SPD, eine Arbeitgeber-Abgabe und ein solidarisches Bürgerticket zu prüfen. Dahinter steckt die Idee, dass alle – ob sie den ÖPNV nutzen oder nicht – ein Ticket kaufen müssen. Schließlich haben alle von den Öffentlichen einen Vorteil. Nicht nur die, die drin sitzen, erklärt SPD-Chef Christian Köning: "Wenn alle Auto fahren würden, hätten wir ein riesiges Platzproblem."

Ob der Freistaat Bayern die neue ÖPNV-Steuer erlaubt? Es gibt Zweifel

Auch der Verkehrsexperte der SPD-Stadtratsfraktion Nikolaus Gradl sagt, dass es "ganz dringend" neue Wege geben müsse, den ÖPNV zu finanzieren – etwa eine Arbeitgeberabgabe. Schließlich profitieren die Firmen davon, wenn ihre Mitarbeiter zu ihrem Arbeitsplatz kommen, sagt Gradl. Allerdings hat er Zweifel, dass es schnell klappt mit der neuen Steuer.

Denn so wie Frankfurt müsste auch München darauf warten, dass das Bundesland die Gesetze ändert. Und dass es dem Freistaat nicht besonders gefällt, wenn das Münchner Rathaus auf die Idee kommt, eigene Steuern zu erheben, zeigte die Reaktion auf die Bettensteuer. Vor etwa einem Jahr wollte München von Touristen eine Gebühr auf Übernachtungen verlangen. Doch der Freistaat verhinderte das.

Ganz aufgegeben hat zumindest Christian Köning die Hoffnung nicht. Er weiß, dass Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) in der vergangenen Legislatur eine Strategie für den ÖPNV veröffentlichte. Darin steht, dass Kommunen die Möglichkeit bekommen sollen, Abgaben zu erheben, um die Nutznießer des Angebots (etwa Arbeitgeber) an den Kosten zu beteiligen. "Hierzu werden wir, (...) Anpassungen im Landesrecht initiieren", heißt es. Geschehen ist das noch nicht.

Deshalb sieht Grünen-Chefin Mona Fuchs auch gerade keinen Anlass, sich mit der Abgabe näher zu beschäftigen. Sie weist darauf hin, dass die Zeiten für die Wirtschaft gerade ohnehin schwierige seien. Noch dazu sei der Münchner Gewerbesteuersatz nicht der niedrigste.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.