Streit um Tram durch Englischen Garten geht weiter: "Unnötig teuer"

Seit Jahren gibt es Knatsch um eine mögliche Tram durch den Englischen Garten in München. 2024 gab es ein überraschendes Machtwort. Nun löst auch ein neues Vorhaben harsche Reaktionen aus.
von  Christina Hertel
Durch den Englischen Garten oder sogar unter dem Englischen Garten: Ein Tunnel könnte den Verkehr aus dem Englischen Garten verbannen und eine neue Tram-Linie ermöglichen – und damit mehr Raum für Natur schaffen (Symbolbild).
Durch den Englischen Garten oder sogar unter dem Englischen Garten: Ein Tunnel könnte den Verkehr aus dem Englischen Garten verbannen und eine neue Tram-Linie ermöglichen – und damit mehr Raum für Natur schaffen (Symbolbild). © MVG

München – Damit alte Wunden geheilt werden“ – so warb Alt-OB Hans Jochen Vogel vor über zehn Jahren für einen Tunnel durch den Englischen Garten. Denn seit 1966 durchschneidet der Isarring den Park. Seitdem fahren dort täglich Tausende Autos durch.

Tunnel-Tram: CSU und Freie Wähler wollen Machbarkeitsstudie

Vogel war nicht der einzige Unterstützer des Projekts, das das Architektenpaar Hermann Grub und Petra Lejeune initiiert hatte. Bei einer Umfrage sprachen sich über 80 Prozent der Münchner für den Tunnel aus. Auch Grüne und SPD im Rathaus standen der Idee, den Park wiederzuvereinen einst positiv gegenüber. Trotzdem beerdigten sie die Pläne. Ihr Argument: 900 Bäume müssten gefällt werden.

Nun wird doch weiter an dem Tunnel geplant. Nicht, weil der Stadtrat sich umentschieden hätte, sondern weil CSU und Freie Wähler im Landtag die Pläne noch nicht aufgeben wollen. Sie haben gemeinsam eine Machbarkeitsstudie beantragt – und mit ihrer Mehrheit können sie diese auch durchsetzen.

Tram auf Buslinie – CSU sagte nein 

Anders als in den früheren Plänen für einen Tunnel soll darin auch die Tram fahren. Vergangenen Sommer haben das Ehepaar Grub-Lejeune, Stadtrat Richard Progl von der Bayernpartei und der CSU-Landtagsabgeordnete Robert Brannekämper für die Idee geworben.

Kurz zuvor hatte der Freistaat einen anderen Verkehrstraum des Rathauses zum Platzen gebracht: Eigentlich wollten Grüne und SPD auf der heutigen Busspur durch den Englischen Garten eine Tram-Trasse bauen. Sie sollte über die Leopoldstraße zur Thiemestraße und dann hinein in den Park führen.

So sollte die Haltestelle am Chinesischen Turm aussehen.
So sollte die Haltestelle am Chinesischen Turm aussehen.

Die CSU im Landtag lehnte das ab. Der Eingriff in den Park sei zu groß, argumentierte sie. Der Freistaat muss als Eigentümer des Parks zustimmen.

"Nicht umsetzbar": So lautet das Fazit der Grünen

Die Grünen im Münchner Stadtrat halten diese Trasse auf der Busspur weiterhin für sinnvoll. Die Tunnel-Lösung lehnen sie hingegen ab. Sie nennen den Vorschlag „unnötig teuer“ und „nicht umsetzbar“.

Warum? Die Linienführung sei kompliziert, eine Lösung wo genau die Tram in den Park hinein führen soll, gebe es nicht. „Die Fahrgäste müssten zickzack fahren“, sagt Grünen-Stadtrat Florian Schönemann. Mehrere Straßen müssten aufgerissen werden, Stau würde erzeugt, weil nicht alle Straßen breit genug sind, um Tram und Autos separat auf einer eigenen Spur fahrenzulassen.

Diesen Plan haben die Grünen veröffentlicht. Er zeigt die beiden Tram-Linien. Die grüne zeigt die Trasse, die das Rathaus auf der heutigen Busspur geplant hat. Die gelbe zeigt, wie die Trasse mit einem Tunnel aussehen könnte. Doch wo genau die Tram bei dieser Variante in den Park hineinfährt, ist noch unklar.
Diesen Plan haben die Grünen veröffentlicht. Er zeigt die beiden Tram-Linien. Die grüne zeigt die Trasse, die das Rathaus auf der heutigen Busspur geplant hat. Die gelbe zeigt, wie die Trasse mit einem Tunnel aussehen könnte. Doch wo genau die Tram bei dieser Variante in den Park hineinfährt, ist noch unklar.

Und noch ein Argument nennt Schönemann: 900 Bäume müssten gefällt werden. Er erinnert daran: „Die oberirdischen Trambahnpläne durch den Englischen Garten hat die CSU wegen der Fällung von lediglich 19 Bäumen verweigert.“

Die SPD fürchtet ein "Planungsmonster"

Auch die SPD im Stadtrat ist skeptisch: „Die Tram durch den Englischen Garten war machbar und finanzierbar – doch die CSU hat sie verhindert. Jetzt ein Planungsmonster aus dem Hut zu zaubern und erneut Geld für Studien zu verpulvern, ist absurd“, sagt deren Verkehrssprecher Nikolaus Gradl. Ein solches Tunnelprojekt sei viel zu komplex und kaum zu verwirklichen.

Beirren lässt sich die CSU davon nicht. „Die Münchner lieben den Englischen Garten und es wäre doch toll, wenn man die beiden Projekte Tunnel und Tram vereinen könnte“, sagt der CSU-Abgeordnete Robert Brannekämper. Bei den Grünen gebe es viele „selbsternannte Experten“ – die CSU hingegen wolle nun durch Verkehrsplaner fundiert herausfinden, ob und wie sich der Tunnel realisieren lasse.

Durch einen Tunnel könnte der Englische Garten wieder eins werden.
Durch einen Tunnel könnte der Englische Garten wieder eins werden. © dpa/ Grub+Lejeune

Dass dafür wirklich 900 Bäume gefällt werden müssten – daran glaubt Brannekämper nicht. Das Gutachten der Stadt sei damals reine Abwehr, weil der Tunnel politisch nicht mehr gewollt war – oder weil die Stadt sich diesen nicht mehr leisten konnte, glaubt er.

Der CSUler geht davon aus, dass der Freistaat auch den Bau des Tram-Tunnels bezuschussen würde, nicht nur die Studie. Nach der Kommunalwahl im Frühjahr 2026 - so hofft Brannekämper es zumindest – könnten die Mehrheiten im Stadtrat andere sein.

Diese beiden Vorschläge stehen zur Debatte

Darauf hofft auch Richard Progl von der Bayernpartei, der mit der FDP eine Fraktion bildet. Er hatte beantragt, dass das Rathaus mit einer Machbarkeitsstudie klären soll, ob sich der Tunnel realisieren lässt. „Ich bin froh, dass der Landtag das jetzt aufgreift“, sagt Progl und erinnert daran, dass der Tunnel – zumindest für Autos – fertig geplant sei.

Progl machte zwei Vorschläge: Entweder sollte die Tram im Tunnel auf einer der drei Autospuren, die es in jede Richtung geben soll, fahren. Oder neben den sechs Autospuren sollten noch einmal zwei Röhren für die Tram gebaut werden. Das wäre freilich um einiges teurer.

Progl glaubt trotzdem, dass sich das Projekt finanzieren lässt. Dass 900 Bäume gefällt werden müssten, hält auch er für eine Ausrede. Er glaubt nicht daran, dass es wirklich so viele sein müssten. Das habe auch eine Studie des Ehepaar Lejeune gezeigt, über die 2022 auch die AZ berichtet hatte. Sie kam zu dem Ergebnis, dass nur 370 Bäume für den Tunnel gefällt werden müssten.

„Außerdem würde mit dem Tunnel der Park vergrößert und man könnte viele Bäume nachpflanzen“, sagt Progl. Jetzt wolle er die Idee weiter verbreiten und dafür werben. „Und wer weiß, vielleicht findet sich ja dann auch eine Mehrheit im Stadtrat.“  

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