Kindergräber auf dem Münchner Waldfriedhof: Friedhof der Vergessenen

Wo auf dem Waldfriedhof nur Kinder beerdigt werden, ist der Zustand bedrückend. "Wie ein Schlachtfeld" – so nennt es ein Vater, dem die Beerdigung seines totgeborenen Kindes bevorsteht.
München - Es ist ein trauriger Anblick an einem traurigen Ort, hier im Waldfriedhofs-Karree 142b. Seit 2004 werden hier ausschließlich Babys beerdigt, die bei oder kurz nach der Geburt gestorben sind. Die Eltern geben ihrem Kind in ihrem unendlichen Leid noch einen Namen, bevor sie die kleinen Körper der Erde übergeben.
Und ausgerechnet hier sieht das Gräberfeld aus "wie ein Schlachtfeld". So nennt es ein Vater, dem die Beerdigung seines totgeborenen Kindes bevorsteht. Er will lieber anonym bleiben. Kurz nachdem sich er und seine Frau ein Bild von diesem Ort machen mussten – er ist für sie eine von vier Alternativen im Waldfriedhof –, entschied er sich, die AZ über diesen Missstand zu informieren.
Waldfriedhof: Chaos auf dem Kinderfriedhof
Das Friedhofs-Karree sieht ziemlich vergessen aus. Die Namenssteine liegen kreuz und quer. Zwischen Blumen und Grablichtern hinterlegten verzweifelte Eltern Spielzeug, wie Miniatur-Autos und Windräder oder Ketten mit Kreuzchen sowie ganze Holzkreuze. 2019 wurden in solchen Grabstätten 16 Münchner Babys beerdigt. 2020 waren es laut den städtischen Behörden bereits neun.
Warum wirkt ausgerechnet dieser Ort so traurig ungepflegt? Direkt nebenan ist im Kontrast dazu der Kinderfriedhof des Krankenhauses "Dritter Orden" angelegt. Fein säuberlich und ordentlich sind hier die Bepflanzungen. Die Blumen sind frisch gesetzt, symmetrisch dazu. Wir fragten nach beim Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU), zuständig für alle städtischen Friedhöfe Münchens.
Besserung versprochen und Umgestaltung geplant
Dort versucht man, die Lage zu erklären und gelobt Besserung. Der Zustand der Gräber in 142b sei bedingt durch die erst neulichen Beerdigungen, schreibt uns eine Sprecherin des RGU. Allein im März hätten dort bereits drei Beerdigungen stattgefunden. Sobald sich das Erdreich gesetzt habe, "wird wieder nachgepflanzt", so die Sprecherin. Das chaotische Erscheinungsbild sei auch dadurch zu erklären, dass Angehörigen für die "Entfernung der Kränze eine angemessene Zeit zugebilligt wird." Und natürlich werde das Gräberfeld regelmäßig gepflegt. Ohnehin ist es offenbar geplant, dass sich das Erscheinungsbild von 142b grundsätzlich ändert.
"Künftig betritt man die Anlage durch Rundbögen, an denen sich Efeu und Clematis emporranken", so die Sprecherin, "Planungen sind abgeschlossen und die Abteilung Gartenbau des Baureferats wurde bereits mit der Umsetzung beauftragt." Wann sich das alles genau ändert, könne man wegen der Corona-Krise aber nicht sagen. Ein bisschen Verwunderung schwingt in der Antwort mit. Denn Beschwerden habe es bislang keine gegeben.
Das erstaunt ein wenig, liest man, was der anfangs genannte, trauernde Vater erzählt. "Ich habe in einigen Internetforen auch Nachrichten anderer schockierter Eltern gefunden", so der Mann. Der Zustand dieses Baby-Grabfelds schon sei wohl schon sehr lange auf diesem Niveau.
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