Corona-Krise: Einsame Abschiede auf Münchens Friedhöfen

Beerdigungen sind ohne Sondergenehmigung ab sofort verboten. Erlaubt werden nur Zeremonien im kleinen Kreis. Für Trauernde ist das schwer.
Nina Job |
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"Schließung der Trauerhalle" steht auf diesem Schild.
Bernd Wackerbauer "Schließung der Trauerhalle" steht auf diesem Schild.

Beerdigungen sind ohne Sondergenehmigung ab sofort verboten. Erlaubt werden nur Zeremonien im kleinen Kreis. Für Trauernde ist das schwer.

München - Nur wenige Menschen stehen vor der verschlossenen Aussegnungshalle. Einige halten Blumen in den Händen, aber sie halten sich nicht an den Händen oder umarmen sich, um einander Trost zu spenden. Dieses Bild ist gerade Alltag auf Münchner Friedhöfen.

Da die Zahl der Corona-Infizierten in die Höhe schnellt, gelten seit 16. März auch für Bestattungen neue Regeln: Die Trauergäste müssen einen Abstand von eineinhalb Meter zueinander halten. Abschiedszeremonien dürfen in München nicht mehr in den Aussegnungs- oder Trauerhallen stattfinden. Verstorbene dürfen nicht mehr aufgebahrt werden. Ins offene Grab darf keine Erde mehr geworfen werden und auch Weihwasser ist verboten.

München: Viele dürfen nicht beim letzten Geleit dabei sein

Die Anordnung trifft alle, die in diesen schwierigen Tagen auch noch den Verlust eines geliebten Menschen verkraften müssen. Viele dürfen nicht einmal beim letzten Geleit dabei sein. "Es ist so bitter, eine Auswahl treffen zu müssen, wer von der Familie und den Freunden dabei sein darf" sagte eine Münchnerin der AZ. Am Montag ist ihre Schwägerin gestorben.

Verwandte reisen aus dem Ausland an, dürfen aber bei der Beerdigung nicht dabei sein. "Es ist unwürdig", sagt sie weinend. "Loch auf. Rein. Deckel drauf."

"Schließung der Trauerhalle" steht auf diesem Schild.
"Schließung der Trauerhalle" steht auf diesem Schild. © Bernd Wackerbauer

Corona-Krise in München: Gesundheitsministerium mit neuen Verboten

Am Freitag, 20. März, hat das bayerische Gesundheitsministerium weitere Einschränkungen verfügt. In dem Schreiben, das an alle Kreisverwaltungsbehörden, Bestatter und Friedhofsträger ging, heißt es: "Bei Bestattungen handelt es sich um Veranstaltungen, die im Grundsatz bis zum 19. April 2020 untersagt sind."

Ab sofort dürfen sie nur noch mit einer Ausnahmegenehmigung unter besonderen Voraussetzungen stattfinden. Das bedeutet: Jede Bestattung muss von der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde oder dem Landratsamt genehmigt werden. Eine Ausnahmegenehmigung wird nur erteilt, wenn die Teilnehmerzahl maximal 15 Personen beträgt.

Personen mit Fieber oder Symptomen einer Atemwegsinfektion dürfen nicht kommen. Außerdem gilt: Wenn sich die Trauernden in einem Raum (Leichenhalle, Trauerhalle) aufhalten, müssen die Türen geöffnet bleiben. Mikrofone dürfen nur von einer Person benutzt werden. Rosenkranzgebete sind verboten. Auch Bekanntmachungen des Bestattungstermins in der Presse sind nicht mehr zulässig.

Gesundheitsministerium rät: Beerdigungen verschieben

Das Gesundheitsministerium empfiehlt sogar: Soweit möglich, sollen Bestattungen verschoben werden. Auf AZ-Nachfrage erklärte Manfred Riedel, Geschäftsführer der Trauerhilfe Denk (300 Festangestellte/rund 1.000 Beerdigungen im Monat): "Urnenbeisetzungen kann man verschieben, das kommt öfter vor. Anders ist es bei Erdbestattungen, sie müssen normal spätestens 96 Stunden nach dem Tod stattfinden, das Wochenende ausgenommen."

Das Problem: Wenn eine zeitnahe Erdbestattung nicht möglich ist, müssten Verstorbene tiefgekühlt werden. "Dafür hätten wir nicht die Kapazitäten", sagt er. Ob oder wie viel Mehrarbeit auf die Bestattungsunternehmen in den kommenden Wochen zukommt, wird sich zeigen. Es hängt davon ab, was jeder Einzelne unternimmt, um weitere Ansteckungen zu verhindern. Bei der Trauerhilfe Denk finden Gespräche mit Angehörigen nun verstärkt telefonisch oder per Facetime statt — um die eigenen Mitarbeiter zu schützen.

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Lesen Sie hier: Ausgangssperren in Bayern - Was ist jetzt noch erlaubt?

 

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