Keiner kommt durch: Ärger über Gehsteig-Parker

Kein Durchkommen für Kinderwagen, Rollator oder radelnde Kinder. Das KVR ahndet das nicht. Eine Polemik gegen die wilden Gehsteig-Parker.
von  Tina Angerer
Wenn man hier durch will, muss die Mama auf die Straße aufweichen und wird dann auch noch angehupt.
Wenn man hier durch will, muss die Mama auf die Straße aufweichen und wird dann auch noch angehupt. © Tina Angerer

Kein Durchkommen für Kinderwagen, Rollator oder radelnde Kinder. Das KVR ahndet das nicht. Eine Polemik gegen die wilden Gehsteig-Parker.

München - Schon klar, jeder hat seine eignen Prioritäten: Ein Autofahrer ärgert sich über Radlfahrer, die an ihm Vorbeischlängeln. Ein Radlfahrer ärgert sich über Autos, die auf dem Radlweg parken oder Mütter, die ihre Kinderwagen drauf schieben. Als Studentin war es wichtig, dass nachts die U-Bahn fährt. Wenn man selbst mit Kinderwagen unterwegs ist, eröffnet sich ein ganz neues Universum der Ärgernisse: Aufzüge, die nicht gehen gehören dazu oder Drogerien, die Babynahrung verkaufen, aber so enge Gänge haben, dass man nur ohne Kind zum einkaufen kommen kann.

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Zu meinem Lieblings-Ärgernis gehören inzwischen die Gehwegparker. Man muss gar nichts tun, außer das Haus zu verlassen – schon behindern sie einen. Mehrmals täglich, garantiert, bei jedem Wetter, gleich vor der Haustür gehts los. Gehwegparker, das sind die Menschen, die nur an sich und ihren Außenspiegel denken. Und die, obwohl sie offensichtlich eine sehr enge Bindung zu ihrer Karre haben, die Breite des Straße so schlecht einschätzen können, dass die glauben, man muss sein Auto zu Dreiviertel auf dem Gehsteig parken, damit kein anderes Auto das eigene Blech anschrammt.

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Denen sei gesagt:

Dem Spiegel passiert gar nichts, wenn man etwas mehr Platz auf dem Gehsteig lässt, nicht in all den Straßen, in denen ich unterwegs bin. Man kann den Spiegel auch einklappen.

Ein Gehweg heißt Gehweg, weil Menschen dort gehen wollen und sollen. Er heißt nicht Parkweg oder Parkplatz.

Parken auf dem Gehweg, ist, auch wenn es nur mit einem Reifen ist, nach § 12 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Ordnung „grundsätzlich nicht zulässig.“

Es kann allerdings nach einer Richtlinie des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Verkehr und Bau, „bei Verkehrsflächen mit starkem Parkaufkommen und knapp bemessenem Parkraum ausnahmsweise geduldet werden ....wenn es im Interesse des reibungslosen Verkehrsablaufs auf der Fahrbahn liegt und der Fußgängerverkehr nicht wesentlich behindert wird.“

Starkes Parkaufkommen und knapp bemessener Parkraum? Also ganz München? Was genau ist „wesentlich behindert?“ Eine Grüner Stadtrat wollte das genauer wissen und stellte eine Anfrage. Das KVR nahm im Januar mit dem Hinweis Stellung, man ahnde das nicht. Weil es „dem Wunsch der Anwohner entspricht“, so zu parken, dass „die eigenen Fahrzeuge nicht zu Schaden kommen und für den Fußgänger noch eine aus ihrer Sicht ausreichende Gehwegfläche zur Verfügung steht.“

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Da ist sie wieder, die Sache mit der Perspektive! Aus der Sicht der Autofahrer ist also noch genug Gehfläche da? Aus der Sicht meines Kindes allerdings nicht. Denn mit dem Kinderwagen verlasse ich mehrmals täglich den Gehsteig und weiche auf die Straße aus, weil kein Durchkommen ist.

Noch unerwähnt ist dabei die Sicht der alten Menschen, die mit dem Rollator nicht an den Autos vorbeikommen und unter großer Mühe den Randstein runterpoltern müssen, und wieder auf. Und wie sieht es mit den Kindern aus, die da zu ihrer eigenen Sicherheit mit dem Radl fahren sollen?

Eine weitere Frage: Behindere ich, wenn ich auf die Straße ausweiche, eigentlich „wesentlich den Fahrverkehr?“ Wenn man nach den Autos geht, die einen anhupen, wohl schon. Bemerkenswert war auch der Radlfahrer, der mir zurief: „Du ghörst ja eigsperrt! Mitm Kinderwagen mittn auf der Strass!“

Das KVR erklärt übrigens auch noch, es gebe seit Jahren nur wenige Beschwerden von Fußgängern über Gehwegparker. „Das liegt überwiegend daran, dass die Mehrheit dieser Fußgänger selbst in diesen Straßen wohnt.“ Aha.

Dann oute ich mich hiermit als Teil der Minderheit, die zu Fuß die Straße, in der sie wohnt, verlässt. Und zwar täglich. Und zwar mit Kinderwagen. Und die so gut erzogen ist, dass sie darüber nur in der Zeitung schimpft und nicht etwa irgendjemandem das Gefängnis wünscht. Oder gar einem rechten Außenspiegel etwas anhaben will, bei einer unfreiwilligen Kollision oder so.

 

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