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ÖPNV-Streik in München: Donnerstag und Freitag fährt zunächst keine einzige U-Bahn

Verdi hat einen Warnstreik für den Münchner Nahverkehr angekündigt. Zwei Tage lang sollen weder U-Bahnen noch Trams fahren. Auch etwa die Hälfte der Busse fällt aus. Die S-Bahn ist vom Streik nicht betroffen.
Hüseyin Ince |
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So sah es beim ÖPNV-Streik in München 2020 aus: Ein leerer U-Bahnsteig. (Symbolbild)
So sah es beim ÖPNV-Streik in München 2020 aus: Ein leerer U-Bahnsteig. (Symbolbild) © Sven Hoppe/dpa

München - Mit einem Warnstreik will die Gewerkschaft Verdi am Donnerstag und Freitag weite Teile des öffentlichen Nahverkehrs in München lahmlegen. Betroffen sind U-Bahnen und Trambahnen. Auch etwa die Hälfte der Busse werde ausfallen, wie die Gewerkschaft Verdi am Dienstag auf einer Pressekonferenz ankündigte.

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Vom Betriebsbeginn am Donnerstag bis zum Betriebsschluss am Freitag seien alle Mitarbeiter der Münchner Verkehrsgesellschaft mbH (MVG) zum Warnstreik aufgerufen. Die MVG erwartet "erhebliche Einschränkungen bei U-Bahn, Tram und Bus". Ein geregelter Betrieb werde erst wieder am Samstag möglich sein. Man plane aber, zumindest einen Teil des Linienbetriebs aufrechtzuerhalten.

Etwa die Hälfte aller Busse wird im Netz der MVG von Mitarbeitern aus Privatunternehmen bedient, die nicht streiken werden. Man strebe einen 20-Minuten-Takt an, so die MVG. Der Cityring 58/68 sowie der Expressbus X30 entfallen. Bei den Nachtlinien liegt die Priorität auf den Linien N40, N72 und N80/81. Je nach Personalverfügbarkeit verkehren auch einzelne Fahrzeuge auf anderen Linien.

ÖPNV-Streik in München: Zunächst fährt keine einzige U-Bahn

Bei den U-Bahnen müsse der Linienbetrieb aus Sicherheitsgründen zunächst komplett eingestellt werden. Ob er später wieder aufgenommen werden könne, hänge davon ab, wie viel Personal trotz Warnstreiks zur Verfügung stehe. Daher werde man das kurzfristig entscheiden. Wenn, dann werden U3 und U6 als erstes wieder den Betrieb aufnehmen. Und zwar im Zehn-Minuten-Takt.

Auch bei der Tram ist die Verfügbarkeit von Personal entscheidend. Einsatzbereite Fahrzeuge würden laut MVG zunächst auf einzelne Linien konzentriert. Die Priorität liegt hier auf der am stärksten nachgefragten Linie 20 sowie der Linie 25 vom Ostfriedhof bis Grünwald.

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Verdi: verhandelt Tarifverträge und Inflationsaufschlag

Seit Wochen sind Vertreter von Arbeitgebern und Verdi in Gesprächen. Am 27. Januar und auch am 6. Februar fanden in München die ersten Treffen statt. Ohne Ergebnis. Es geht – wie auch bundesweit – um 10,5 Prozent oder mindestens 500 Euro brutto mehr Lohn in den Tarifverträgen des Öffentlichen Dienstes, den die Gewerkschaft inflationsbedingt an Aufschlag fordert.

Arbeitgeber SWM hält schweigt

Er erwarte eine hohe Beteiligung, sagte Gewerkschaftssekretär Franz Schütz. Der Frust bei den Mitarbeitern sei groß. In München gibt es laut Verdi einen eigenen Haustarifvertrag für Mitarbeiter der MVG, der schlechter sei als der Flächentarifvertrag für den ÖPNV. Die Gewerkschaft fordert hier eine Angleichung. 

Die Arbeitgeberseite halte sich aber bislang provokativ zurück, so Birner von Verdi. Verhandlungsführer der Arbeitgeber ist in München Personalchef Werner Albrecht von den Stadtwerken München (SWM). Verdi zeigt sich irritiert. Man befürchtet eine Zermürbungstaktik. „Die Arbeitgeberseite hat sich weder zur Forderung von 10,5 Prozent geäußert, noch hat sie einen konkreten Gegenvorschlag gemacht“, so Birner.

Mit dem Warnstreik am Donnerstag und Freitag verfolge man aber nicht nur dieses Ziel, sondern fordere auch von der Politik die notwendige Finanzierung des ÖPNV. Die Gewerkschaft sieht hier massive Defizite, die beseitigt werden müssten, wenn die Verkehrswende gelingen soll. Auch MVG-Chef Ingo Wortmann betonte die Bedeutung der Verkehrswende. "Die Mobilitätsbranche steht vor den größten Herausforderungen der vergangenen Jahrzehnte", sagte er. Es fehle an einer soliden und nachhaltigen Finanzierung und am Personal. In diesen Punkten sei man sich mit Verdi einig.

Von Inflation betroffen: Menschen mit niedrigen Löhnen

Grund sei unter anderem, dass die Angestellten ohnehin recht niedrige Löhne hätten. Die Inflation treffe diese Lohngruppen am brutalsten, ähnlich wie auch die Straßenreiniger, die täglich ab vier Uhr morgens für alle Münchner die Stadt sauber machen.

"Zuletzt haben mir Straßenreiniger erzählt, dass sie häufig auf die Morgenpause um 8 Uhr verzichten, weil der Kaffee jetzt nicht mehr zwei Euro kostet, sondern 2,80 Euro", erzählt Birner. Also etwa 40 Prozent mehr.

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Eine enorme Zusatzlast sei speziell bei der MVG, dass viele Stellen unbesetzt seien, was zu Dauerstress der Angestellten führe. Folge: steigende Krankheitstage. Manchmal fehle den Fahrzeugführern laut Birner sogar die Zeit zum Toilettengang. Derzeit sind etwa 100 Stellen im Fahrdienst offen, 50 Handwerkerstellen in den Werkstätten und 50 Ingenieurstellen. „Nur durch höhere Löhne werden diese Stellen wieder attraktiver und besetzt, was langfristig die jetzigen Angestellten entlastet“, sagt Birner.

S-Bahnen in München nicht von Streik betroffen

Die Aktion wurde von Verdi gemeinsam mit den Klimaaktivisten von Fridays for Future angekündigt, die Organisation ruft für Freitag zu einem globalen Klimastreik auf.

Von den Arbeitsniederlegungen nicht betroffen sind die Münchner S-Bahnen, Betreiber ist die Deutsche Bahn. Laut Verdi werden auch explizite Schulbusse nicht betroffen sein.

München: Kita-Streik bereits am Mittwoch möglich

Bereits für Mittwoch haben die Gewerkschaften insbesondere Auszubildende, Praktikanten und Studenten der Landeshauptstadt München zu einem eintägigen Warnstreik aufgerufen. Dem Referat für Bild und Sport liegen bislang keine Erkenntnisse vor, in welchem Ausmaß die städtischen Kitas bestreikt werden. Eltern sollten bei der jeweiligen Kita-Leitung nachfragen, ob die Einrichtung am Mittwoch geöffnet ist.

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  • gubr am 01.03.2023 17:42 Uhr / Bewertung:

    Absolut treffend geschrieben. Bei allen Tarifabschlüssen im ÖD geht oft die Laufzeit unter. Da wird meist irgendeine Zahl ausgehandelt, meist um die 7% und die wird auch in den Medien präsentiert. Kaum irgendwo wird darauf hingewiesen, dass diese Erhöhung nicht sofort erfolgt, sondern in mehreren Stufen. Am Ende läuft es auf etwa 2.5% pro Jahr hinaus. Die unteren Tarifgruppen trifft es natürlich am heftigsten aber diese geringen Steigerungen haben auch oben langst ihre Spuren hinterlassen. Ich kenne Ihre Behörde nicht aber ich wette sie sucht händeringend IT Fachkräfte. Welcher kompetente ITler arbeitet denn für E13/14 im ÖD wenn er problemlos in der Wirtschaft 30-50% mehr bekommen kann? Da soll man sich dann nicht wundern wenn da mal ein richtiges Sicherheitsproblem auf uns zukommt. Ich wurdere mich wie die Polizei noch ihre Abteilungen für Cyberkriminalität usw besetzen kann. Die Beamtenbesoldungen sind ja an die Tarife quasi gekoppelt.

  • Claus am 01.03.2023 14:03 Uhr / Bewertung:

    Die AZ könnte ja mal bei den SWM nachfragen, wieso sie eigentlich die Forderung der Gewerkschaften ablehnen. Gibts dafür Gründe, oder ist das nur der rituelle Tarifstreit-Reflex?

    Wie im Artikel geschrieben jammern die gleichen SWM doch seit Jahren, dass sie nicht genug Personal für Bus und Bahn finden. In einer Marktwirtschaft (Angebot und Nachfrage und so...) sollten die Stadtwerke da eher freiwillig die Bezahlung erhöhen, um endlich genug Personal zu finden - statt sich engstirnig mit ihren verbliebenen Arbeitnehmern herumzustreiten.

  • gubr am 01.03.2023 17:28 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Claus

    Das hat rein gar nichts mit der MVG zu tun, sondern mit dem Öffentlichen Dienst im allgemeinen wonunzahlige Berufe darunter fallen. Da wird überall nach Tarif gezahlt, das ist sicher für einige Berufsgruppen ein vergleichsweise guter Lohn, für andere allerdings genau das Gegenteil.

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