Keine Tests, keine Masken: Jura-Prüfung in München – mit 0G

Während in der Gastro und Bahn Impfpässe kontrolliert werden, gibt es für das Staatsexamen keine solchen Regeln. Hier wird ohne Test und Maske geprüft. Die Studenten können nur hoffen, dass niemand infiziert ist.
Helena Ott |
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Bei den aktuellen Jura-Prüfungen gibt es keine 3G-Kontrollen. (Symbolbild)
Bei den aktuellen Jura-Prüfungen gibt es keine 3G-Kontrollen. (Symbolbild) © Friso Gentsch/dpa

München - Es kommt selten vor, dass Prüflinge die Vorschriften für eine Prüfung zu lax finden. In diesem Fall findet es Dominik Winkler "geradezu verantwortungslos", dass er elf Tage am Stück mit 150 anderen Rechtsreferendaren in einem Raum das zweite Staatsexamen schreiben soll.

Ohne, dass er oder die anderen vorher gültige Impfnachweise oder negative Testergebnisse vorzeigen müssen. Am Dienstag ging es los mit Zivilrecht. Die 3G-Regel - geimpft, genesen oder getestet - die schon den gesamten Herbst bei Lesungen, in Restaurants oder im Kino gilt, gilt nicht bei einer Prüfung, die vom Bayerischen Justizministerium abgenommen wird.

"Ich versteh' einfach nicht, warum man bei derart hohen Zahlen in Kauf nimmt, ein weiteres Super-Spreader-Event zu provozieren", sagt Dominik Winkler. Der 30-jährige heißt eigentlich anders, möchte seinen richtigen Namen, aber wegen der laufenden Prüfung nicht öffentlich nennen.

Am Eingang wird Fieber gemessen

Seit Dienstag sitzt er jeden Tag fünf Stunden mit 150 anderen in einem Raum. Die Tische hätten 1,5 Meter Abstand und am Eingang wurde Fieber gemessen. Aber eine Maske müsse nur tragen, wer den eigenen Platz verlässt.

Einzelne Prüflinge hätten erkältet gewirkt, sagt Winkler "da dreht man sich jetzt natürlich jedes Mal um, wenn jemand hustet". Keine idealen Bedingungen um fünf Stunden lang Fälle in Zivilrecht zu lösen. Warum er sich dem trotzdem aussetzt? Um nicht noch einmal von vorne beginnen zu müssen: "Die meisten bereiten sich auf diese Prüfung eineinhalb Jahre lang vor."

Der angehende Rechtsanwalt findet es schlicht nicht fair, gegenüber Betrieben und Kulturschaffenden, die sich strikt an Einlasskontrollen halten und gegenüber dem Personal auf den Intensivstationen – bei einer Sieben-Tage-Inzidenz über 700 in München.

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Künftig finden Prüfungen nur noch mit 3G-Kontrollen statt

Für Winkler selbst ist das ein sensibles Thema, er selbst hatte in der Familie einen schweren Verlauf, sagt er nach der ersten Prüfung am Telefon. Als er das Infoblatt des Bayerischen Justizministeriums sah, konnte er nicht glauben, dass die Prüfung ohne 3G-Kontrollen ablaufen sollte und wandte sich direkt an das Prüfungsamt.

Er fragte dort, ob die Abstände zwischen den Tischen vergrößert werden könnten. "Da hieß es nur, das sei so kurzfristig nicht möglich." Dazu hätten neue Räume angemietet und neue Vorladungen versandt werden müssen.

Als die Schutzmaßnahmen nun von der Landesregierung am Mittwoch noch einmal verschärft wurden, gab das Prüfungsamt bekannt, dass künftige Prüfungen nur noch mit 3G-Kontrollen stattfinden werden. Dies gelte aber ausdrücklich nicht für bereits laufende Prüfungen.

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Prüflingen stehen Selbsttests zur Verfügung

Das Justizministerium bestätigt auf AZ-Anfrage die Regeln für die laufenden Prüfungen. Eine kurzfristige Einführung der 3G+-Regelung sei rechtlich nicht möglich gewesen, so eine Sprecherin, "weil dies im Hinblick auf die verfassungsrechtlich gewährleistete Berufsfreiheit der Prüflinge unverhältnismäßig gewesen wäre."

Sie hebt jedoch hervor, dass Prüflinge mit erhöhtem Gesundheitsrisiko, etwa Schwangere, in einem gesonderten Raum die Prüfungen ablegen können. Man wolle zudem alle Prüflinge bitten, sich während des Examenszeitraums täglich selbst zu testen. Dafür stelle man Tests zur Verfügung.

Für das Staatsexamen von Dominik Winkler und den Hunderten anderen Prüflingen heißt das trotzdem elf Tage hoffen, dass niemand im Raum infiziert ist, oder es die Aerosole nicht von Tisch zu Tisch schaffen. Ohne jemandem etwas Böses zu unterstellen, kann sich Dominik Winkler dennoch vorstellen, dass jemand mit nur leichten Symptomen sich nicht sofort testet und von der Prüfung abmeldet. "Da hängt einfach viel zu viel davon ab."

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21 Kommentare
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  • Kadoffesalod am 25.11.2021 11:21 Uhr / Bewertung:

    Der angehende Rechtsanwalt will doch nicht ernsthaft die Situation bei der Prüfung mit dem Treiben in einer Wirtschaft, Diskothek, anderen Kulturveranstaltungen etc. vergleichen?

    Bei der Prüfung für das Staatsexamen rennt keiner herum, es werden keine Köpfe zusammengesteckt, die Identität aller Beteiligten ist zweifelsfrei bekannt und die Beteiligten wissen - insbesondere als Jurastudenten - welche Folgen Falschangaben zur eigenen Gesundheit und etwaigen Risikofaktoren für ihre berufliche Zukunft hätten.

    Wenn jeder die bestehenden Regelungen einhält, d. h. zu jeder Zeit 1,5 Meter Mindestabstand voneinander, konsequente Pflicht zum Tragen einer FFP2 Maske, welche nur am Prüfungstisch abgenommen werden darf, Meldepflicht / Selbstauskunft bei Symptomen und Risikofaktoren, und zusätzlich noch die Kontrolle mit Messung der Körpertemperatur eines jeden Prüflings, ist die Ansteckungsgefahr dort sehr gering.

  • Witwe Bolte am 25.11.2021 10:10 Uhr / Bewertung:

    Andererseits: gestern Besuch in einem Münchn. Pflegeheim mit Impfnachweis und aktuellem negativen schriftl. Schnelltest, (den man irgendwo in der Stadt hat machen lassen müssen) plus sehr strenger FFP-Maskenpflicht, sogar im hauseigenen Garten.
    Und das Pflege- und sonstige Hauspersonal: fast alle ohne Maske! Auch im direkten Kontakt mit den Pflegebedürftigen.
    Da fühlt man sich als Besucher/in total verar........

  • koeju am 25.11.2021 11:35 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Witwe Bolte

    Manches ist nicht nachvollziehbar: Bei meiner Physiotherapie gelten bei mir als Selbstzahler (1 mal die Woche Rücken) die 2G+-Regeln, bei den die mit Rezept kommen 3G. Völlig Gaga. Für 20 Minuten Massage wäre ich eine Stunde unterwegs um mir einen Test mit Nachweis zu besorgen. Da mache selbst ich nicht mehr mit.

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