Kauft die Stadt das Rischart-Gelände für 100 Millionen?
München - Schon als Kind unternahm Magnus Müller-Rischart an Samstagen an der Buttermelcherstraße seine ersten Backversuche, so erzählt er es zumindest. Trotzdem zieht die Münchner Traditionsbäckerei nach 40 Jahren vom Gärtnerplatz weg. An der Theresienhöhe wird bereits an der neuen Backstube gebaut.
Mitte 2024 soll alles fertig sein. Das Grundstück an der Buttermelcherstraße braucht Rischart dann nicht mehr. Das Unternehmen will das 3760 Quadratmeter große Areal verkaufen. "Schweren Herzens" und mit einem "weinenden Auge" – und vor allem für richtig viel Geld.
Stadt bietet 100 Millionen Euro
Rischart hat ein Immobilienunternehmen mit der Vermarktung beauftragt und ein Bieterverfahren gestartet. Auch die Stadt gab ein Angebot ab: 100 Millionen Euro bietet sie Rischart an. Und die Bäckerei hat sich daraufhin entschieden, exklusiv mit der Stadt weiterzuverhandeln. So steht es in einer Sitzungsunterlage, die eigentlich nicht an die Öffentlichkeit dringen sollte, und die der AZ vorliegt.
Der Stadtrat soll am Donnerstag in der nicht-öffentlichen Sitzung des Kommunalausschusses entscheiden, ob er bei diesem Angebot mitgehen will. Allerdings zeichnet sich bereits ab, dass einige Stadträte noch mehr Bedenkzeit und Informationen brauchen. Wie die AZ seitens der Grünen und der SPD hört, soll der Beschluss vertagt werden.
100 Millionen und noch mehr
Denn 100 Millionen sind nicht das Ende der Investitionen, die die Stadt aufbringen müsste. Dazu kommen fünf Millionen Erwerbsnebenkosten plus etwa 78,3 Millionen Euro für den Bau der Wohnungen. Macht insgesamt eine Investition von 183,3 Millionen Euro – für 102 Wohnungen, die auf dem Grundstück Platz hätten.
Das heißt: Eine Wohnung würde durchschnittlich 1,8 Millionen Euro kosten. So rechnete es die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gewofag aus. Ihr Fazit: "Diese extrem hohen Kosten sind grundsätzlich nicht mit dem Geschäftsmodell der Gewofag (...) zu vereinbaren."
Kommunalreferentin Kristina Frank (CSU) schlägt deshalb vor, dass die Stadt das Grundstück selbst entwickelt. Grund dafür ist auch, dass sie auf Fördergelder vom Freistaat in einem zweistelligen Millionenbereich hofft. Ob diese Gelder allerdings wirklich fließen, ist unsicher. Trotzdem spricht sich Frank in ihrer Vorlage für den Kauf des Rischart-Grundstücks aus. Anders als vor drei Jahren. Damals zog sie sich nach Abstimmung mit der Stadtspitze aus den Verhandlungen zurück.
Auch die damalige Stadtratsmehrheit aus SPD- und die CSU-Fraktion lehnte den Kauf ab, nur Grüne und Linke wollten zuschlagen, obwohl die Gewofag schon damals betonte, dass sich der Kauf wirtschaftlich nicht rentiere.
Auch stehen beide Fraktionen einem Kauf aufgeschlossen gegenüber. Stefan Jagel, der Fraktionschef der Linken, beantragte bereits im Juli, dass die Stadt die Kaufverhandlungen wieder aufnehmen soll. Auch Grünen-Stadtrat Paul Bickelbacher hofft, dass der Kauf des Grundstücks gelingt, wie er zur AZ sagt.
Erste Runde: 79 Millionen Euro
Doch heute ist klar: Damals hätte die Stadt das Grundstück deutlich günstiger haben können: 79 Millionen Euro bot die Stadt Rischart an. Zwei Investoren boten noch mehr. Doch Rischart war damals trotzdem bereit, das Grundstück an die Stadt zu verkaufen. Die Eigentümer seien selbst mit dem Viertel verwachsen und fühlten sich den Menschen dort verpflichtet, heißt es in der Beschlussvorlage von damals. Möglicherweise sah sich Rischart auch der Stadt München verpflichtet. Denn das Grundstück an der Theresienhöhe, wo Rischart gerade eine neue Backstube errichtet, kaufte die Bäckerei der Stadt ab.
Angeblich lag der Preis damals bei 11,5 Millionen Euro, zumindest berichtet das damals eine Bäckerei-Fachzeitschrift.