Josef Schmid: "Die SPD muss ihre Arroganz ablegen"

 Josef Schmid, der unterlegene OB-Kandidat  der CSU, führt ab Mai die stärkste Fraktion im Rathaus und ärgert sich über Dieter Reiters SPD.
von  Julia Lenders
Da stehen die beiden ganz einträchtig nebeneinander: SPD-Mann Dieter Reiter (rechts) und Josef Schmid.
Da stehen die beiden ganz einträchtig nebeneinander: SPD-Mann Dieter Reiter (rechts) und Josef Schmid. © dpa

Josef Schmid, der unterlegene OB-Kandidat  der CSU, führt ab Mai die stärkste Fraktion im Rathaus und ärgert sich über Dieter Reiters SPD.

 AZ: Herr Schmid, heute geht's in den Urlaub, den Ihre Frau Ihnen noch am Wahlabend verordnet hat, oder?

JOSEF SCHMID: Ja, sie hat sich durchgesetzt. Wir fliegen ein paar Tage in den Urlaub, jetzt wird mal abgeschaltet. Meine Frau hat sich auch in den vergangenen Jahren immer um unseren Urlaub gekümmert. Ich schaue mir dann meistens erst kurz vorher an, wohin es geht.

Musste sie harte Überzeugungsarbeit leisten, damit Sie mitkommen?

Ach was, ich freue mich drauf. Ausgemacht war: Wenn ich OB werde, gibt es erst einmal keinen Urlaub. Dann hätte ich die Zeit gebraucht, um die Amtsübernahme vorzubereiten. Insofern verwundert es mich, dass der Kollege von der SPD jetzt auch in den Urlaub fährt. Wenn ich an seiner Stelle wäre, würde ich lieber schauen, dass die Bündnisgespräche vorankommen. Aber die nehmen ja eh einen sehr eigenartigen Verlauf.

Lassen Sie Ihr Handy im Urlaub an, damit SPD-Kollege Dieter Reiter Sie erreichen kann?

Ich schalte es ab, um mich zu erholen. Über die Fraktionsgeschäftsstelle kann mich Herr Reiter aber erreichen.

Haben Sie bislang noch nicht über eine mögliche Zusammenarbeit gesprochen?

In der Zeitung habe ich gelesen, dass Dieter Reiter und SPD-Chef Hans-Ulrich Pfaffmann gesagt haben, ich hätte ja jederzeit anrufen können. Das ist doch mehr als eigenartig! Der gewählte neue OB muss sich eine Mehrheit im Stadtrat zusammensuchen, das ist allein seine Sache!

Und er hat noch nicht versucht, Sie einzubinden?

Nein, und ich kann mich nur darüber wundern, welche Töne von der SPD kommen. Dass man mit der stärksten Rathaus-Fraktion sicherlich erst zuletzt spricht – so ungefähr waren die Formulierungen, die öffentlich bekannt wurden – das ist schon ein eigenartiger Politikstil, der an uns nicht spurlos vorüber geht. Wir bekommen so ein sehr genaues Bild davon, mit wem wir es zu tun hätten, wenn man mit uns sprechen würde.

Und was machen Sie daraus?

Ich möchte es jetzt mal bei dieser Formulierung belassen. Der Stil der SPD ist nicht gerade förderlich für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit im Stadtrat. Wäre ich OB geworden, wäre ich auf alle Demokraten zugegangen – auf Augenhöhe. Bei der SPD scheint das aber ganz anders zu sein. Und ich gewinne den Eindruck, dass die gar nichts gelernt haben aus ihrem schlechten Wahlergebnis und auch die Stadtgesellschaft nicht mehr verstehen.

Fakt ist, dass Rot-Grün gerade mögliche kleine Partner wegbrechen. Was ist also mit Schwarz-Rot-Grün?

Die SPD verprellt eine Kraft nach der anderen, indem sie alle von oben herab behandelt. Das gilt für einen Vertreter der Wählergruppe Hut oder einen Piraten genauso wie für die CSU. Zu denken, man könnte die stärkste Fraktion im Rathaus zur Hilfskrücke degradieren, die eine rot-grüne Koalition nach alter Façon rettet – diese Arroganz der SPD ist völlig fehl am Platz. Damit verprellt die SPD sämtliche möglichen Partner im Stadtrat.

Das heißt, Sie stehen für eine schwarz-rot-grüne Zusammenarbeit nicht zur Verfügung?

Ich stehe nicht zur Verfügung für eine Koalition von Rot-Grün, die die CSU als Hilfskrücke vorsieht. Dieses Ansinnen ärgert mich. Wir sind angetreten, um die alte, verkrustete, eingeschlafene rot-grüne Koalition abzulösen.

Irgendwie muss diese Stadt künftig aber regiert werden.

Das ist die Frage, die sich Herr Reiter und Herr Pfaffmann zu stellen haben.

Was müsste passieren, damit Sie sich eine Kooperation vorstellen können?

Was ich immer anbiete, ist ein Gespräch über eine Sacharbeit, die nicht die Fortsetzung einer jetzt schon wieder nach Posten heischenden rot-grünen Koalition zum Ziel hat. Wenn ich in der AZ lese, dass man in der SPD überlegt: Muss man dem Schmid jetzt einen Oberbürgermeisterposten anbieten? Und die anderen sagen... ...

Sie meinen Bürgermeister-Posten, der OB-Zug ist abgefahren...

(lacht) Das stimmt, der ist erst einmal abgefahren. Ich meinte natürlich Bürgermeister-Posten. Also andere in der SPD sind dagegen der Meinung, vermutlich kann man der CSU auch Referenten-Posten anbieten. Das alles zeigt, dass die SPD noch gar nichts verstanden hat. Entweder glauben die, dass alles, was ich im Wahlkampf gesagt habe, nicht mehr gilt. Oder sie haben nicht zugehört. Ich habe immer gesagt: Ich werde keinen Vertrag unterschreiben, in dem steht: Die CSU darf diese Referenten vorschlagen, die SPD jene. Ich möchte, dass Referenten- und Geschäftsführerposten offen ausgeschrieben und die besten ausgewählt werden.

Jetzt müssen am 2. Mai erst einmal der zweite und dritte Bürgermeister gewählt werden. Was schon recht bald ist.

Das ist Herrn Reiters Problem. Wer gewählt wird, hängt jetzt davon ab, wie er seine Gespräche weiterführt. Was uns anbelangt, ist es so: Wir würden immer zuerst über die Frage reden, welche Dinge können wir umsetzen, mit welchen Mehrheiten? Erst wenn sich eine Lösung der zentralen Probleme abzeichnet, kann es darum gehen, wer als zweiter oder dritter Bürgermeister mit welchen Befugnissen und Möglichkeiten ausgestattet wird.

Was sind die Themen, die für Sie Voraussetzung für eine Zusammenarbeit sind?

Dieselben wie im Wahlkampf. Beim Thema Wohnungsnot würde ich zum Beispiel darüber sprechen wollen: Wie ist das Planungsreferat ausgestattet, wie werden die Verwaltungsabläufe gestaltet, wer kontrolliert das und in wessen Verantwortung steht das? In der des OB, des zweiten Bürgermeisters, des dritten? Da muss es glasklare Zuständigkeiten geben.

Das heißt: Wenn Sie als zweiter Bürgermeister das Thema Wohnen in die Hand nehmen dürften, wären Sie mit von der Partie?

Das habe ich jetzt nicht gesagt. Ich beschreibe nur abstrakt, worum es mir geht. Ich will wissen: Wer kann entscheiden? Zu einem einzigen Bebauungsplan kommen oft zig Stellungnahmen rein - und am Schluss fehlt ein Entscheider, der dafür sorgt, dass etwas vorwärts geht. In anderen Themenfeldern ist das oft nicht anders.

Wenn Sie und Rot-Grün sich also über zentrale Themen verständigen können, stehen Sie dann als Bürgermeister zur Verfügung?

Dazu kann ich jetzt noch nichts sagen.

Natürlich wissen Sie für sich doch schon, ob Sie grundsätzlich bereit dazu wären.

Nein, das weiß ich nicht. Ich sehe mein Heil nicht darin, einen Dienstwagen zu haben und mein Büro zu wechseln. Es geht darum, Probleme zu lösen und die Sachpolitik voranzutreiben. Ich kann mir alles vorstellen: Zweiter Bürgermeister zu werden oder auch Oppositionsführer zu bleiben. Ich verspüre keinen Druck, meine Position zu verändern.

Können Sie sich neuerdings auch wieder eine dritte OB-Kandidatur vorstellen?

Darüber rede ich jetzt nicht. Die Leute haben genug vom Kommunalwahlkampf. Die müssen sich jetzt erst einmal mit dem Europawahlkampf beschäftigen. Aber im hier und heute sage ich Ihnen: Ich kann nur den Kopf schütteln über die verantwortungslose Gesprächsführung der SPD. Sie täuscht sich gewaltig, wenn sie meint, dass wir unbedingt als Partner zur Verfügung stehen. Wir sind nicht darauf angewiesen, mit irgendjemandem ein Bündnis einzugehen. Und wir sind auch nicht scharf auf irgendwelche Positionen. Die SPD muss ihre Arroganz ablegen. Sie wäre gut beraten, alles auf null zu setzen und zu einer vernünftigen sachbezogenen Zusammenarbeit zu kommen.

 

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