Schmid: Gattin Natalie verordnet ihm Zwangsurlaub
München - Löwenbräukeller, 19.02 Uhr: Nur eine Stunde nach Schließung der Wahllokale zieht Josef Schmid (44) zu den Tönen seines eigenen Wahlkampfsongs ein und lässt sich von den CSU-Fans feiern. Die klatschen so tapfer, als wollten sie vergessen machen, dass Schmid bei der Stichwahl mit einem Abstand von 13,4 Prozentpunkten deutlich gegen SPD-Mann Dieter Reiter verloren hat. Parole: trotzige Zuversicht.
Und doch: Als Schmid in einer Rede seiner „geliebten Frau Natalie“ dankt, verdrückt eine blonde CSU-Anhängerin in der ersten Reihe heimlich eine Träne. Schmid selbst wirkt aufgeräumt. „Sie haben mich in den letzten Wochen und Stunden immer geordnet und gefasst erlebt – und das bin ich heute auch“, meint er. Schließlich sei es ihm nicht darum gegangen, so gibt er sich betont bescheiden, „irgendeine tolle Position für mich selbst zu erreichen – sondern darum, dass die Probleme der Menschen gelöst werden“.
Wie ein Mantra sagt er in jedes Mikro, dass wichtige Wahlziele erreicht worden seien: „Rot-Grün hat keine Mehrheit mehr, und wir sind die stärkste Fraktion im Münchner Rathaus.“ Jetzt gelte es, konsequent weiterzuarbeiten.
Welche Rolle sieht Schmid, derzeit Fraktionschef im Rathaus, dabei für sich selbst? Zuletzt hatte er bei der Frage, ob er im Fall einer Niederlage bereit wäre für eine dritte Kandidatur, Skepsis durchklingen lassen. Zur AZ sagte er kürzlich: „Ich habe jetzt seit acht Jahren den Terminkalender eines OBs. Das kann man schon durchhalten, wenn die Familie so mitmacht wie die meinige. Aber ohne OB zu sein, jetzt nochmal sechs Jahre dranzuhängen als ständiger Kandidat – das ist schon eine gewaltige Anstrengung.“
Am Sonntag wollte er sich zu diesem Thema nicht mehr äußern: Erst stünden Gespräche mit den Parteigremien an. Selbst der Kanzlerin ist es nicht gelungen, Schmid auf den Rathaus-Thron verhelfen. Bundeskanzlerin Angela Merkel war vorige Woche eigens zum München-Besuch angereist und hatte ihn mit folgenden Worten empfohlen: „Was gut ist, kann noch besser werden, und dazu braucht es Josef Schmid.“
Die Münchner Wähler sahen das jetzt eindeutig anders. Gewiss war dem 44-Jährigen in Wahlkampfzeiten auch die Unterstützung seiner Frau Natalie. Sie zeigte sich oft im Stil einer First Lady an seiner Seite, schilderte ihre Sicht auf die Dinge in einem Internet-Blog. Auffällig war zuletzt, wie häufig sie sich für eine grüne Garderobe entschied – was von vielen als stille Werbung für eine schwarz-grüne Zusammenarbeit verstanden worden ist.
Die Ex-OB-Kandidatin Sabine Nallinger empfahl den Grünen nach dem ersten Durchgang der OB-Wahl dann aber, für SPD-Mann Reiter abzustimmen. Das dürften, so wie es aussieht, nun auch viele getan haben. Schmid selbst hatte sich dagegen mit fixen Koalitionsaussagen zurückgehalten. Im Gegenteil: Er erteilte starren Rathausbündnissen eine Absage und warb für eine sachbezogene Zusammenarbeit und wechselnde Mehrheiten – je nach Problemstellung.
Zurück zu Schmids Frau Natalie. Während ihr Mann gestern noch im Scheinwerferlicht steht und sich gefasst gibt, schnauft sie abseits kurz durch. Er sei „schon enttäuscht“ gewesen, sagt sie. Ein Stück hätten sie nun erreicht, bestimmt aber nicht das Ziel. „Aber jetzt ist erst mal gut.“ Womit? „Mit Wahlkampf.“
Morgen, so kündigte Natalie Schmid gestern gleich noch an, „gehe ich ins Reisebüro.“ In den Osterferien, so hat sie beschlossen, wird erst mal Urlaub gemacht. Dem wird sich Josef Schmid fügen dürfen.
- Themen:
- CSU
- Dieter Reiter
- Josef Schmid
- Löwenbräukeller