Jeder in München kennt diesen Laden in der Passage am Isartor – aber nun ist er weg
München - Es ist ein ungewöhnliches Bild, das sich momentan bietet, kurz bevor man durch den Ausgang des Breiterhofs am Isartor auf die Zweibrückenstraße tritt. Zwischen Nagelstudio, Imbiss und Florist enthüllt eine durchgängige Fensterfront den Blick auf eine völlig leergeräumte Ladenfläche. Es wirkt ein wenig wie ein großer Glaskasten inmitten der Passage, durch den man auf die Läden auf der anderen Seite hindurchblicken kann.
Innen, wo sich bis vor kurzem noch Hüte und Kappen stapelten, tritt man auf blanken Betonboden. An der Decke verlaufen offen die Metallrohre der Sprinkleranlage. Fast nichts deutet mehr auf Hut Breiter hin, bis auf den Schriftzug, der nach wie vor außen über der Glasfront hängt.
Seit Anfang des Jahres ist der Laden geschlossen. "Das ist natürlich sehr schade für uns", sagt Geschäftsführer Alexander Breiter. Aber große Investitionen, die an diesem Standort nötig waren, hätten sich seinen Worten zufolge mit dem Hutverkauf nicht ausgleichen lassen. Bald wird daher ein süd-indischer Supermarkt im ehemaligen Hutladen eröffnen.
Hut Breiter: Die anderen Filialen bleiben
Die weiteren Filialen des Hutmachers bleiben dagegen bestehen. Auch die Mitarbeiter aus dem Breiterhof können weiter im Unternehmen beschäftigt werden, wie Breiter sagt.
Doch mit dem Laden am Isartor schließt eine Institution. Auch wenn Hut Breiter ursprünglich nicht aus München kommt, ist das Unternehmen doch schon seit mehr als 100 Jahren in der Stadt ansässig. Entstanden ist die Firma in den Sechzigerjahren des 19. Jahrhunderts in Rott am Inn nahe Rosenheim. Der Gründer Adalbert Breiter verkaufte in der dortigen Umgebung von seinem Pferdewagen aus handgefertigte Hüte. Das Geschäft lief so gut, dass er zunächst nach Rosenheim und schließlich 1911 nach München expandierte.
1930 erwarb Breiter den Laden am Isartor. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude zerstört, jahrelang musste man mit einem Behelfsbau zurechtkommen. Die Hüte wurden in einer regelrechten Bretterbude verkauft, wie Alexander Breiter sagt, bevor 1972 das Haus errichtet wurde, das heute noch steht.
Aus für Hut Breiter: "Konnten das Geld hier nicht mehr reinholen"
Das Alter des Gebäudes macht sich allerdings bemerkbar. Umfangreiche Sanierungen sind nötig geworden, Breiter investierte dem Geschäftsführer zufolge eine sechsstellige Summe: Das Gebäude wurde komplett entkernt, Elektrik und Sprinkleranlage wurden erneuert.
Das Geld könne man mit dem Hutladen nicht mehr reinholen, sagt Breiter. Das liegt allerdings nicht am Mangel an Menschen, die durch die Passage zwischen Zweibrückenstraße und dem S-Bahnhof Isartor strömen, sondern an ihrer Absicht.
Noch immer hat der Durchgang laut Breiter eine "gewaltige Frequenz", aber die Ausrichtung der Passage habe sich geändert. "Es ist nicht mehr die Destination für Mode und Shopping", sagt der 37-Jährige.
Vielmehr liefen Schüler und Berufspendler hindurch, und die kämen eben nicht zum Shoppen, sondern bräuchten lediglich etwas vom Bäcker oder einen schnellen Imbiss.
Baustellen machten es Hut Breiter schwer
Wenig hilfreich sei zudem die Dauerbaustelle auf der Zweibrückenstraße – und vor allem die vielen Sperrungen auf der S-Bahn-Stammstrecke. "Das tut natürlich weh", klagt Breiter. Vor allen an den Wochenenden sei die S-Bahn ein Frequenzbringer. Aber wenn sie gesperrt sei, gehe niemand in die Passage.
Der Name Breiterhof wird weiterhin bestehen, kündigt der 37-Jährige an. Doch statt Hüten kann man hier bald unter anderem exotische Gewürze, Papadam-Fladenbrote oder Ghee-Butter kaufen: Der südindische Supermarkt Bharat, der bereits gegenüber in der Passage eine Filiale hat, übernimmt die Fläche. Geschäftsführer Ankur Gupta will eine Art "Little India" aufbauen, wie er sagt.
Es soll besondere Lebensmittel und Feinkost geben, aber nicht nur: Viele Kunden seien überfordert, wenn sie den bisherigen Laden betreten, beobachtet Gupta. Er will ihnen daher zeigen, was man mit den Waren anfangen kann. "Die indische Küche ist nicht nur Butter Chicken", sagt er und lacht.
Leerstand am S-Bahnhof: Warum noch ein Supermarkt eine gute Lösung sein könnte
Um das zu demonstrieren, soll im Laden eine Küche integriert sein. Die Kunden können dann bei der Zubereitung der Spezialitäten zuschauen und sie auch probieren. Langfristig sollen laut Gupta auch Kochkurse angeboten werden.
Dafür hat er bereits eine Konzession beantrag. Noch wartet er auf die Genehmigung. Er rechnet aber damit, Anfang März oder spätestens im April eröffnen zu können. Für Alexander Breiter ist der Supermarkt eigenen Worten zufolge die beste Lösung: "Der ist schon jetzt der Frequenzbringer."
Andrea Stadler-Bachmaier (Grüne), Chefin des Bezirksausschusses Altstadt-Lehel, bedauert dennoch den Weggang von Hut Breiter. "Es ist immer schade, wenn ein alteingesessener Laden aufgibt. Traditionshäuser prägen die Stadt." Sie glaubt zudem, dass der Standort durch den Umbau der Zweibrückenstraße wieder attraktiv wird, auch für Qualitätsmode.
Hut Breiter weg: "Das ist immer noch ein wichtiger Standort"
Im südlichen Teil sei das schon zu beobachten, durch die Verbreiterung von Rad- und Gehweg sei mehr Platz zum Flanieren. Von Händlern, die ans Aufgeben denken, wünscht sich Stadler-Bachmaier, dass sie mit der Stadtpolitik zuvor ins Gespräch gehen. Dann könnte man ihrer Aussage nach das künftige Potenzial besprechen.
Für Hut Breiter ist das freilich zu spät. Dass nun ein Supermarkt folgt, hält Stadler-Bachmaier dennoch für eine gute Lösung. In der Gegend gebe es nicht allzu viele. Den Breiterhof sieht sie nicht nur als Durchgangspassage: "Es ist nach wie vor ein wichtiger Standort." Viele Anwohner nutzten ihn zur Nahversorgung.
Auch Breiter glaubt an die Zukunft der Passage, insbesondere mit dem neuen Supermarkt: Der bestehende Laden laufe "wahnsinnig gut". Er hofft gemeinsam mit Gupta, dass das auch für den neuen Markt gilt.