Interview mit Münchens OB Dieter Reiter: "Ich fühle mich nicht unsicher"

Münchens SPD-Oberbürgermeister Dieter Reiter blickt auf 2016 zurück: Wie hat der Amoklauf die Stadt verändert? Was hält der OB von einer „Festung Rathaus“ – und wie sicher fühlt er sich eigentlich?
Interview: Felix Müller/Florian Zick |
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Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) in seinem Arbeitszimmer im Rathaus am Marienplatz.
Petra Schramek Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) in seinem Arbeitszimmer im Rathaus am Marienplatz.

Münchens SPD-Oberbürgermeister Dieter Reiter blickt auf 2016 zurück: Wie hat der Amoklauf die Stadt verändert? Was hält der OB von einer "Festung Rathaus" – und wie sicher fühlt er sich eigentlich?

München - Gemeinsam mit Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hat die AZ nochmal auf das Jahr 2016 in München zurückgeblickt. Thema des Interviews war vor allem die Sicherheit in München.


Der OB im Gespräch mit AZ-Lokalchef Felix Müller (l.) und Rathaus-Reporter Florian Zick (r.). Foto: Petra Schramek

AZ: Herr Reiter, der Terror-Alarm zu Jahresbeginn, der Amoklauf am OEZ – 2016 war kein einfaches Jahr.
Dieter Reiter: Das kann man wahrlich nicht behaupten.

Fühlen Sie persönlich sich unsicher in der Stadt?
Ich fühle mich nicht unsicher. Aber den Abend des Amoklaufs werde ich nicht vergessen: Die Nachricht von den Toten, die minütlich eingehenden Polizeimeldungen, das war natürlich sehr bedrückend. Und man musste zunächst ja den Eindruck haben, dass München überfallen wird.

Wie verändert so ein Ereignis das Sicherheitsgefühl in einer Stadt?
Für sich allein genommen vielleicht gar nicht mal so sehr. Aber wir hatten heuer ja durchaus noch andere Ereignisse: erst in Paris, später dann aber auch in Bayern, zuletzt in Berlin. Natürlich verändert das das Sicherheitsgefühl der Menschen. Auch wenn die Sicherheitsbehörden immer wieder bekräftigen, dass es keine konkrete Gefährdungslage in München gibt.

Verbessertes Einsatzkonzept: München ist vorbereitet

Hat München den Amoklauf schon verarbeitet?
Nein, noch nicht. Das ist alles schon noch sehr präsent, vor allem vor Ort. Aber es ist auch nicht so, dass ich tagtäglich auf das Thema Sicherheit angesprochen werde. Da geht es um die ganz einfachen Dinge, darum, dass die U-Bahn zu spät gefahren ist oder der Mülleimer dort mal wieder geleert werden muss.

Warum wird dann ausgerechnet jetzt so viel über Videoüberwachung diskutiert. Ist das kein Widerspruch?
Wir machen das dort, wo die Polizei zusätzliche Kameras für sinnvoll hält.

Von außen konnte man schon den Eindruck gewinnen, Sie hätten das Thema deswegen für sich entdeckt, weil die CSU da so forsch ist.
Ich kann Ihnen versichern, der Eindruck trügt. Entscheidend ist für mich die Einschätzung der für die Sicherheitslage maßgeblichen Akteure: Das sind der Polizeipräsident und der bayerische Innenminister. Dieses Thema bietet keinen Raum für parteipolitische Spielchen.

Wie unterscheiden Sie sich denn von der CSU in Ihren Positionen?
Wie gesagt, das ist für mich nicht maßgebend. Für mich ist die Einschätzung der Sicherheitskräfte entscheidend und das, was für die Münchnerinnen und Münchner wichtig ist.

Früchte des Terrors – Wie das Jahr 2016 das Leben verändert hat

Haben die Sicherheitskräfte Ihnen auch geraten, das Rathaus abzuriegeln?
Dass die Schließanlage im Rathaus ausgetauscht wird, das hat nicht unbedingt was mit Sicherheit zu tun – die hat ja ein fast schon historisches Alter. Aber wir werden mit Augenmaß und Fingerspitzengefühl vorgehen. Es wird keine Festung Rathaus geben. Es wird auch keine verbarrikadierten Büros oder öffentlichen Gebäude geben. Gleichzeitig nehme ich es ernst, wenn sich Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter nicht sicher fühlen. Das kann und werde ich nicht ignorieren. Entsprechende Maßnahmen sind bereits in Vorbereitung.

Was hat die Stadt aus den Erfahrungen der Amoknacht denn gelernt?
Die Zusammenarbeit zwischen Polizei, Stadt, Innenministerium und MVG hat gut geklappt. Die Polizei hat gut kommuniziert. Verhindern wird man einen solchen Amoklauf wohl nie können. Was wir daraus gelernt haben? Dass unsere Strukturen funktionieren.

Und Sie persönlich?
Ich persönlich habe gelernt, dass es ein Darknet gibt, das habe ich tatsächlich nicht gewusst. Wie einfach es offenbar ist, sich dort Waffen zu beschaffen, das schockiert mich. Hier ist der Gesetzgeber gefordert, sich Gedanken zu machen, wie man das in den Griff bekommen kann.

Sie sind also zufrieden mit dem Krisenmanagement der Stadt?
Wir haben einen Beitrag zum Funktionieren geleistet. Entscheidend war aber das Krisenmanagement der Polizei und des Innenministeriums.

Und wie sieht es mit der Sicherheit auf der Wiesn aus?
Die Maßnahmen wurden umgesetzt und haben funktioniert. Es gab nur wenige Beschwerden über die Kontrollen. Die meisten Besucher haben das akzeptiert.

Terrorangst: Deutlich weniger Touristen in München

Sicherheit und Flüchtlinge: In Teilen der Bevölkerung hängen die Themen zusammen.
Die Verunsicherung kann ich gut verstehen. Ich warne aber vor Pauschalverurteilungen. Die helfen nicht weiter, sondern spielen jenen in die Hände, die einen Keil in unsere Gesellschaft treiben wollen.

Wird über die Flüchtlingspolitik überhaupt noch so oft gesprochen wie vor einem Jahr?
Sicher nicht genauso oft wie vor einem Jahr.


Teil 2 des großen OB-Interviews lesen Sie am Montag, 2. Januar 2017, in der Abendzeitung oder auf abendzeitung-muenchen.de. Dann wird Dieter Reiter auf seine Pläne im neuen Jahr blicken.

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