In München angekommen: Die AZ testet die neuen E-Scooter

München - Ein wenig suchen muss man den Scooter zwischen den Radln, die an der U-Bahnstation geparkt sind – die App zeigt den Standort aber so genau, dass es eine kurze Suche ist. "Fahrt beginnen", steht auf dem Display, sobald man nah genug am Scooter dran ist. Ein Klick und es kann losgehen. Die App von "Tier Mobility", über die man die Elektroscooter ausleihen kann, könnte kaum simpler zu bedienen sein. Der Roller begrüßt einen mit einem "Pling" und schon kann man losrollen. 400 Fahrzeuge hat "Tier" am Wochenende im inneren Stadtgebiet verteilt, in den nächsten Wochen sollen es über 1.000 werden.
Nicht vergessen, den kleinen Ständer an der Seite einzuklappen, dann kann man losfahren. Den Gashebel rechts am Lenker sollte man sanft behandeln – die Scooter haben Zug drauf. Ansonsten ist der Roller einfach zu bedienen, die Bremsen funktionieren wie beim Fahrrad.
Polizei: Noch keine Unfälle mit E-Scootern
Spaziergänger und Radler verfolgen die Testfahrt auf dem Radweg (Gehwege sind Tabu für die Flitzer!) mit neugierigen Blicken. Genaue Ausleihzahlen vom ersten Wochenende will "Tier" nicht nennen – mindestens fünf Mal sei aber jeder Roller ausgeliehen worden. Und laut Polizei lief das Ganze bisher auch unfallfrei ab. Über Nacht werden die Scooter eingesammelt und aufgeladen.
Wo es keinen Radweg gibt, fährt man auf der Straße. Einige Zonen - darunter der Englische Garten - sind Sperrgebiet für die Roller, diese sind in der App rot markiert. Hat man genug von dem Vergnügen, parkt man den Roller an einer günstigen Stelle und klickt in der App auf "Fahrt beenden". Abstellen darf man die Scooter innerhalb der in der App genau markierten Ausleihzone (grob gesagt: der Mittlere Ring) Die Abrechnung erfolgt über Kreditkarte – 1 Euro zum Starten und dann 15 Cent pro Minute kostet der Spaß.
Erste Bilanz der E-Tretroller: "Test lief wirklich sehr gut"
Andere Anbieter stehen in den Startlöchern
Derzeit kann man die Roller in München nur über "Tier" ausleihen. Der Anbieter kooperiert mit der MVG: Ab 1. Juli kann man die Scooter über deren "MVG More"-App zumindest orten. Ab Herbst ist dort dann auch die Buchung möglich.
Einige andere Anbieter stehen schon in den Startlöchern: Sechs Firmen haben dem Kreisverwaltungsreferat (KVR) konkretes Interesse gemeldet, auch "Lime" – deren Scooter gibt's schon in Berlin, Köln, Frankfurt und Hamburg. Das KVR verlangt nur eine Selbstverpflichtung und teilt mit: "Über den genauen Zeitpunkt entscheiden die Anbieter." Lang werden die wohl nicht auf sich warten lassen.
Fahrbericht: Wo dem AZ-Redakteur der E-Scooter einfach ausgeht
Mütter und Väter erklären ihren staunenden Kindern, was da für ein seltsames Gefährt den Radlweg entlang saust. Aufgeregte Autofahrer wollen an der Ampel wissen, was der Spaß denn so kostet und ein gut gelaunter Harley-Fahrer macht sogar den Biker-Gruß, als er mich sieht. Kurzum: Braust man auf einem der brandneuen E-Scooter, die es seit dem Wochenende in München gibt, durch die Stadt, fühlt man sich ein bisschen wie ein Marsmännchen.
Der erste Eindruck auf einem von Hunderten Elektro-Rollern der Firma Tier: Die Haltestange ist stabil, der Vorderreifen gefedert und es gibt - anders als in anderen Ländern - zwei unabhängige, über Handhebel zu bedienende Bremsen für Vorder- und Hinterrad. Zu bemängeln ist das Tempolimit: In Deutschland ist - schnief! - schon bei 20 km/h Schluss, im Ausland erst bei 25 km/h. Dafür ist der E-Scooter schlau: Als ich bei der ersten Testfahrt den Englischen Garten queren will, wird meinem Roller wie von Geisterhand der Saft abgedreht. Er bleibt einfach stehen. Erst denke ich, der Akku sei leer, dann fällt mir ein: Der E-Garten ist tabu für E-Roller – rote Zone. Schnell rausschieben das Zweirad, dann geht es schon weiter.
Mein Fazit: E-Scooter sind durchaus etwas für ältere Herrschaften wie mich. Man schult den Gleichgewichtssinn, ist an der frischen Luft, aber vor allem "erfährt" man die Stadt nochmal völlig neu. Ich freue mich jedenfalls auf die nächste Tour!
Clemens Hagen
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