Immer weniger Bäume in München: Sogar die FDP macht sich Sorgen

Jedes Jahr werden in München weniger Bäume gepflanzt als gefällt werden. In einem Antrag will die Stadtratsfraktion FDP/Bayernpartei dazu genaueres wissen. Die AZ hat jetzt schon Antworten.
kra |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
15  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
In München werden jedes Jahr mehr Bäume gefällt als nachgepflanzt. (Symbolbild)
In München werden jedes Jahr mehr Bäume gefällt als nachgepflanzt. (Symbolbild) © Tobias Hase/dpa

München - Wenn sich schon die Stadtratsfraktion der FDP/Bayernpartei um den Zustand der Münchner Bäume sorgt und nicht wie sonst die Grünen oder die ÖDP, liegt vielleicht wirklich etwas im Argen. Mit einer Anfrage an den Oberbürgermeister will diese jetzt jedenfalls genauere Informationen zum Münchner Baumbestand haben. Vor allem dazu, wie viele Bäume jedes Jahr ersatzlos gefällt werden. 

Bereits im April alarmierte der BUND (AZ berichtete), dass im Münchner Stadtgebiet jedes Jahr rund 20.000 Bäume mehr gefällt als nachgepflanzt werden. Die Stadtratsfraktion FDP/Bayernpartei möchte nun wissen, ob diese Zahl stimmt (sie stimmt, das hat das Referat für Stadtplanung und Bauordnung gegenüber der AZ bestätigt) und bis wann die Stadt eine "positive Bilanz" anstrebt. Die Anfragesteller wollen außerdem wissen, bis wann das Referat für Stadtplanung und Bauordnung und die Untere Naturschutzbehörde einen Bericht dazu vorlegen, wie viele Bäume gefällt und nachgepflanzt werden. 

Münchner Bäume: Was wir wissen

Die konkretesten Informationen zum Baumschutz in München sind in einem Bericht vom 28. Juli 2021 vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung an den Stadtrat zu finden. Dort ist unter anderem zu lesen, dass die Stadt seit 2018 kontrolliert, ob die Ersatzpflanzungen für gefällte Bäume auch gemacht werden (das ist die Grundregel: pro gefälltem Baum muss ein neuer gepflanzt werden). Allerdings beziehen sich diese Kontrollen auf das Jahr 2013. Und waren lediglich Stichproben. Die würden laut dem Bericht nicht ausreichen, "um einer kontinuierlichen Bestandsminderung entgegen zu wirken". Die Pflanzmoral der Münchner sei zwar "durchaus bemerkenswert". Ohne Kontrollen würden aber ein Drittel aller notwendigen Ersatzpflanzungen jedes Jahr "verloren gehen".

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Fehlendes Personal, fehlende Umsetzung

Die genaueren Kontrollen dieser Ersatzpflanzungen der Jahre 2014/2015 dauern länger: Laut dem Bericht war dafür eine 3/4-Stelle vorgesehen, die aber seit September 2020 nicht besetzt war. Auch im Mai 2022 war die Stelle noch offen, allerdings laufe das Verfahren, um diese wieder zu besetzen. 

Und: Bereits im Mai 2018 wollte die Stadt damit anfangen, einen sogenannten "Ersatzpflanzungskataster" zu programmieren, also ein genaues Verzeichnis aller Baum-Ersatzpflanzungen. Laut oben genanntem Bericht vom Juli '21 sollte damit noch 2021 angefangen werden. Eine erneute Anfrage im Mai 2022 hat ergeben, dass die Programmierung "noch aussteht". 

Ersatzpflanzungen: Kein Platz mehr

Ebenfalls bemerkenswert: Das einfache System, dass pro gefälltem Baum einer nachgepflanzt werden muss, funktioniert in München ganz grundsätzlich nicht. Gibt es nämlich Gründe dafür, dass ein gefällter Baum nicht direkt mit einem neuen ersetzt wird – weil zum Beispiel kein Platz mehr da ist – muss man zahlen: 750 Euro sind das in der Regel pro Baum. Dieses Geld muss zweckgebunden für die Neupflanzung oder für "Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen" verwendet werden. Im Bericht schreibt das Referat für Stadtplanung aber: "die Möglichkeiten für sinnvolle Ersatzpflanzungen im öffentlichen Raum" seien "seit geraumer Zeit ausgeschöpft". 

Die Folge: Seit 2013 wurde, mit einer (!) Ausnahme im Jahr 2015, mit dem Ersatzgeld kein einziger Baum gepflanzt, sondern die bestehenden Bäume gepflegt und erhalten. Kein Wunder, dass der Baumbestand in München sinkt.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
15 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
  • Anemone am 29.07.2022 12:38 Uhr / Bewertung:

    Aber wenn ein Privatmensch in seinem Garten einen Baum fällen muss, weil er kaputt ist, muss er zwingend einen nachpflanzen!
    Und da kommen von der Unteren Naturschutzbehörde teilweise wirklich merkwürdige Vorgaben mit Bäumen, die ganz viel Wasser benötigen.

  • gast100 am 28.07.2022 23:09 Uhr / Bewertung:

    Jetzt geht es mir nicht um Bäume fällen sondern um einen Unfug der sich zur Zeit in München breit macht.
    Ich geh manchmal an der Marsopstr., am Kanal, entlang wo viele ältere Kastanien stehen.
    Gestern war eine Gartenbau Firma dort und hat von den Bäumen den wertvollen alten Efeu abgeschlagen. Ich dachte ich seh nicht richtig.
    Das gleiche am Sportplatz zwischen Inselmühlweg und PRof. Eichmann-Str.
    Gerade die Kastanien in der Marsopstr. sehen jeden Sommer wegen der Minirmotten so schäbig aus dass dieses Laub keine Funktion mehr hat.
    Der alte Efeubewuchs, ich meine alten blühfähigen Efeu, hat da komplett diese Funktion übernommen. Wertvoller Lebensraum für Insekten, Vögel konnten im Spätwinter die Früchte fressen. Entsetzlicher Aktioni s.mus.
    Und nein, Efeu bedroht oder schädigt keine Bäume, auch nicht im Winter.

  • Kaiser Jannick am 28.07.2022 21:20 Uhr / Bewertung:

    "Immer weniger Bäume in München: Sogar die FDP macht sich Sorgen"

    Ich bin kein FDP-Wähler, aber was soll die Überschrift suggerieren?

    Es ist doch zweifelsfrei die Grün/Rote-"Regierung", die mit den beiden SEM-Projekten hunderte Bäume und Pflanzen vernichten und lebensnotwendige Frischluftschneisen für die Stadt zubetonieren will. Nur damit noch mehr Zuzug in unsere eh schon chronisch überfüllte Stadt kommt. Mit dieser Regierung hat man endgültig den Bock zum Gärtner gemacht.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.