Idee für ganz München? Platz da für die Schani-Läden!
München - Es wird wärmer, die Vogerl singen, die Bäume schlagen aus und hier und da wird schon wieder daran herumgewerkelt: an den Schanigärten vor den Münchner Restaurants und Bars.
Ein Angebot für ausgelaugte Einzelhändler
Die Freisitze haben im vergangenen Jahr vielen Wirten den Umsatz gerettet. Ein Jahr später ist immer noch Lockdown, und neben den Gastronomen sind vor allem die Einzelhändler am Ende ihrer Kräfte. In Haidhausen kamen Lokalpolitiker deshalb auf eine Idee.
Jörg Spengler, der grüne Chef im Bezirksausschuss (BA), erklärt, man habe sich im März mit Gewerbetreibenden aus dem Viertel getroffen und erörtert, was man für die Geschäftsleute "in dieser desolaten Situation" tun könne. "Dabei kam die Idee auf, lasst uns Flächen vor der Tür verwenden, damit die da ihre Waren auslegen und auf sich aufmerksam machen können", sagt Spengler.
Das Schanigarten-Prinzip für Geschäfte - als Schani-Laden! Die befragten Geschäftsleute waren freilich begeistert. Wie Annette Braun vom Stoffladen Stoffzirkus. "Das ist eine super Idee, der Wahnsinn", sagt sie. "Die Leute haben keine Lust zum Einkaufen mit Negativtests. So wäre mehr Präsenz der Läden möglich."
Ein Kompromiss, dem alle Parteien zustimmen
Im Stadtviertelgremium allerdings gab es zunächst noch Bedenken. Es habe in der Vergangenheit viel Ärger mit zu voll gestellten Gehsteigen geben, erklärt Nina Reitz, die Chefin der SPD-Fraktion im BA. "Wir wollen ja in Zukunft mehr Platz für Fußgänger, nicht weniger." Auch sei es in Zeiten von steigenden Inzidenzzahlen kontraproduktiv, mehr Enge zu erzeugen.
Gleiche Anmeldung wie bei Schanigärten
Der Vorschlag wurde nochmal "intensiv diskutiert". Heraus kam ein Kompromiss, dem am Mittwoch schließlich der ganze Haidhauser Bezirksausschuss zustimmte - obwohl dafür Parkplätze weichen müssten.
Der Antrag sieht nun vor, "vor Ladenlokalen jeweils eine Parkfläche freizugeben für die Nutzung durch anliegende Einzelhändler, die von der Schließung im Lockdown betroffen waren oder sind, und die noch keine Waren im Außenbereich feilbieten", so der Wortlaut. Die Anmeldung dazu solle wie bei den Schanigärten erfolgen.
Das Projekt muss im Münchner Rathaus diskutiert werden
Beschlossen ist mit dieser Einigung zwar noch nichts: "Das ist jetzt erstmal ein Vorschlag an die Stadtverwaltung nach dem Motto, lasst uns das in Haidhausen einfach ausprobieren", sagt Spengler.
Durchaus denkbar aber, dass die Idee schon bald eine politische Etage höher diskutiert wird, im Rathaus nämlich. Dort stößt der Haidhauser Vorstoß in Teilen auf Begeisterung.
Bürgermeisterin Habenschaden ist positiv gestimmt
"Ich begrüße jeden Ansatz, unseren Händlern und Geschäftsleuten zu helfen - unbürokratisch und möglichst schnell", sagt die grüne Bürgermeisterin Katrin Habenschaden auf AZ-Nachfrage, "sie machen den Charme unserer Stadtviertel aus, und vielen steht das Wasser bis zum Hals."
Geradezu euphorisch reagiert man bei ÖDP und Freien Wählern. "Mir gefällt die Idee von Schani-Läden super", sagt Fraktionschef Tobias Ruff, "südländisches Flair gegen Coronagrau, ich bin absolut dafür." Auch Die Linke spricht sich dafür aus, "weil es den kleinen Läden hilft und den öffentlichen Raum umverteilt", sagt Fraktionschef Stefan Jagel.

Und auch bei der SPD ist man immerhin verhalten positiv: "Die Idee klingt charmant", sagt Fraktionschefin Anne Hübner, "modellhaft könnten wir so etwas gerne ausprobieren." Dauerhaft aber hält sie es für "schwierig" - weil die Anwohner nicht ständig auf alle Stellplätze verzichten können.
CSU und FDP sind skeptisch
Ein Gedanke, den freilich auch CSU und FDP äußern. "Spontan bin ich erst mal skeptisch", sagt FPD-Fraktionschef Jörg Hoffmann, Schanigärten seien ja gemütlich-dauerhafte Aufenthaltsorte, das wären Schani-Läden nicht, "wir sollten da nicht übers Ziel hinausschießen".

"Optisch eventuell schwierig" stellt sich das CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl vor, "das könnte ein bisschen ausschauen wie ein größerer Flohmarkt", gerade bei Regen, mit dann womöglich leeren Stellagen. Aber das sei nur "ein erster, persönlicher Gedanke", man werde das in der Fraktion diskutieren.
Auch andere Bezirke zeigen Interesse
Gut so, denn es könnten sich baldandere Stadtviertel anschließen. Die Maxvorstadt etwa, oder Schwabing, wo Ladenbesitzer gestern begeistert auf den Haidhauser Vorstoß reagiert haben.

Monika Wofinger etwa vom Modeladen Parita in der Belgradstraße. "Ich würde das richtig hübsch gestalten da draußen, ein Parkplatz als Fashionlaufsteg." Oder Florian von Stein vom Lampenladen Somewhere in der Maxvorstadt: "Wir könnten so viel mehr Kunden anlocken!"
Jörg Spengler hält das ebenfalls für vorstellbar: "Wir würden uns freuen, wenn wir da ein bisschen Vorreiter sein könnten in Haidhausen."