ICE-Attacke vor Gericht: Einen Zentimeter vom Tod entfernt

Mordversuch? Ein Junkie attackiert im ICE einen Schaffner mit einem Messer. Das Urteil.
von  John Schneider
Der Angeklagte und sein Anwalt Peter Pospisil.
Der Angeklagte und sein Anwalt Peter Pospisil. © Bernd Wackerbauer

München - Für die Staatsanwaltschaft ist es ein klarer Fall von versuchtem Mord: Hans T. (26, Name geändert) hatte in einem ICE auf der Fahrt nach Berlin einem Schaffner, der ihn nach seiner Maske gefragt hatte, mit einem Cuttermesser eine klaffende Wunde am Hals beigebracht (AZ berichtete). Nur um einen Zentimeter hatte Hans T. die Halsschlagader des Schaffners verfehlt. Im ICE hätte es keine Möglichkeit gegeben, dem Opfer das Leben zu retten.

Angeklagter: "Hatte nie vor, einen Menschen zu töten"

Der Angeklagte widerspricht im Prozess den Vorwürfen von Anfang an. "Ich hatte nie vor, einen Menschen zu töten", erklärt er über seinen Anwalt Peter Pospisil. Er sei damals im "Drogensumpf" versunken. An die Tat könne er sich nur in Bruchstücken erinnern.

Zwar sieht auch der Staatsanwalt, dass der Vorwurf der Heimtücke - ein Mordmerkmal - nicht untermauert werden konnte. Vor der Messerattacke hatte es nämlich bereits einen Faustschlag gegeben, so dass das Opfer nicht mehr arglos war.

Anklage fordert lebenslange Haft

Trotzdem bleibt der Ankläger bei dem Vorwurf des versuchten Mordes. Es sei in der Beweisaufnahme klargeworden, dass Hans T. aus niederen Beweggründen - ein anderes Mordmerkmal - gehandelt habe. Deshalb die Forderung nach lebenslanger Haft.

Der Anwalt des Opfers sieht das ähnlich, fordert 14 Jahre Haft, und berichtet in seinem Plädoyer, dass es seinem Mandanten körperlich gut gehe. Die Verletzungen von damals sind allesamt verheilt, aber psychisch leide der Schaffner immer noch unter dem traumatischen Erlebnis. Der Anwalt der Nebenklage fordert, dass sich die Justiz sogar die Möglichkeit einer Sicherungsverwahrung des Täters offen halten solle.

Fünf Jahre und sechs Monate Haft für Angreifer

Überzeugender sind am Ende aber offenbar die Argumente von Verteidiger Peter Pospisil. Der sieht keine Mordmerkmale und plädiert auf gefährliche Körperverletzung.

Dem folgt die Strafkammer des Vorsitzenden Richters Thomas Bott am Montag weitgehend. Mit fünf Jahren und sechs Monaten Haft bleibt die Kammer in ihrem Urteil nur knapp über der Forderung Pospisils (fünf Jahre Haft) und sieht wie er eine verminderte Schuldfähigkeit. Hans T. wird zudem in einer Entziehungsanstalt untergebracht.

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