Messerstecher vor Gericht: Er ging im ICE auf einen Schaffner los
München - Eigentlich will er das Geschehen von damals verdrängen. Das hat Karl G. (61, Namen geändert) bei der Polizei zu Protokoll gegeben. Der Schaffner war am 16. August 2020 in einem ICE auf dem Weg nach Berlin von einem Passagier (26) mit einem Cutter-Messer attackiert worden und trug eine klaffende Wunde am Hals davon.
Am Freitag musste der 61-Jährige aber noch einmal als Zeuge das traumatische Erlebnis Revue passieren lassen. Dem Angreifer von damals wird versuchter Mord vorgeworfen.
"Hatte nie vor, einen Menschen zu töten"
Aber der 26-jährige Peter L. widerspricht der Anklage. "Ich hatte nie vor, einen Menschen zu töten", lässt er Anwalt Peter Pospisil an seiner statt erklären. Er sei damals im "Drogensumpf" versunken, habe auf der Straße gebettelt, um Geld für Heroin zu bekommen und könne sich nur noch "bruchstückhaft" an die Tat erinnern. "Ohne Drogen wäre das nicht passiert", erklärt der Strafverteidiger für seinen Mandanten.
Der Anwalt sieht aber - im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft - weder Heimtücke noch die Absicht, eine Straftat zu verdecken, in dem Fall gegeben. Das Opfer sei nicht arglos gewesen, weil es vor dem Stich bereits einen Faustschlag gegeben habe. Außerdem sei sein Mandant von dem Versuch eines Tötungsdeliktes zurückgetreten und habe kein weiteres Mal zugestochen.
Situation im Zug eskaliert
Karl G. schildert die Attacke so: Der Angreifer habe ihm bei der Kontrolle gesagt, dass er ohne Ticket und Geld nach Berlin fahren wolle. Der Schaffner ging darauf aber nicht ein, sondern erklärte stattdessen, dass Peter L. ohne Maske nicht im Zug bleiben könne. Die Situation eskalierte schnell. Der 26-Jährige schlug den Schaffner und verwundete ihn mit einem Cutter-Messer am Hals. Karl G. kann sich noch an die Hand des Täters an seiner Seite erinnern. Er habe sich dann weggedreht, so dass ihn das Messer nur an der rechten Halsseite traf.
Der Angeklagte habe von ihm abgelassen. "Dann gab einen lauten Knall." Der Grund: Peter L. hatte die Fensterscheibe eines Abteils zerschlagen. Bei 250 Stundenkilometern Fahrtgeschwindigkeit. Der Schaffer zog die Notbremse. Peter L. sprang aus dem Fenster.
Er wurde am nächsten Tag bei Erfurt gefasst.