Hunderte Flüchtlinge kommen in München an: So ist die Lage am Hauptbahnhof

Mehr als 400 Flüchtlinge erreichen am Samstag in einem privaten Zug die Stadt. Ursprünglich sollten es sogar 1.500 sein. So lief die Ankunft am Hauptbahnhof.
von  Nina Job
Ankunft am Gleis 26: Der erste Sonderzug mit Flüchtlingen aus der Ukraine erreicht München am 12. März um 18.08 Uhr.
Ankunft am Gleis 26: Der erste Sonderzug mit Flüchtlingen aus der Ukraine erreicht München am 12. März um 18.08 Uhr. © Bernd Wackerbauer

München - "In Kürze wird das Gleis 26 gesperrt, der Zugverkehr wird dort eingestellt", hallt es am frühen Samstagabend immer wieder durch die Bahnhofshalle. "Es wird ein Zug erwartet mit Flüchtlingen aus der Ukraine." Reisende, die zum Starnberger Flügelbahnhof wollen, werden gebeten, den Eingang an der Arnulfstraße zu nehmen.

Der erste Sonderzug mit Kriegsflüchtlingen ist da

Um 18.08 Uhr ist er da: der erste Sonderzug, ausschließlich mit Flüchtlingen besetzt. Bis dahin waren die Menschen gruppenweise gekommen, in normalen Fernverkehrszügen zwischen anderen Reisenden. Bis zu 1.500 täglich waren es zuletzt, die meisten Frauen und Kinder.

Sie alle brauchen einen Schlafplatz, eine Unterkunft, Verpflegung und Unterstützung dabei, wie es für sie weitergeht. Eine immense Herausforderung für die Stadt und die vielen Helfer.

Nikolai Bloyd und sein Sohn Ellis begrüßen die Kinder mit Lollis.
Nikolai Bloyd und sein Sohn Ellis begrüßen die Kinder mit Lollis. © Bernd Wackerbauer

Ein privater Bahnunternehmer machte es möglich

Mit dem ersten Sonderzug sollten bis zu 1.500 Menschen gleichzeitig ankommen. Der private Bahnunternehmer Alex Dworaczek (47), dessen Firma RailAdventure in Pullach sitzt, hatte die Sonderfahrt organisiert. 16 Waggons hatte er gechartert und in Abstimmung mit dem Krisenzentrum in Warschau in der polnischen Hauptstadt und in Posen Schutzsuchende eingesammelt.

OB Dieter Reiter (r.) begrüßt den Bahnunternehmer Alex Dworaczek, der den Sonderzug organisiert hat.
OB Dieter Reiter (r.) begrüßt den Bahnunternehmer Alex Dworaczek, der den Sonderzug organisiert hat. © Bernd Wackerbauer

In München steigen rund 400 Menschen aus

Letztlich sind es dann doch nicht so viele. Die Polizei zählt gut 400. "Viele wollten lieber nach Berlin, in die von Polen nächstgelegene Großstadt in Deutschland", erklärt Dworaczek. Viele Ukrainer, die in seinen Zug gestiegen waren, seien zudem bereits in Frankfurt/Oder, Braunschweig und Würzburg ausgestiegen.

"Wir rechnen mit vielen unbegleiteten Kindern"

München wirkt am Samstagabend jedenfalls gut vorbereitet auf viele Neuankömmlinge. Am Bahnsteig warten Dutzende Helfer, darunter viele mit leuchtend gelben Westen vom Stadtjugendamt. "Wir rechnen mit vielen unbegleiteten Kindern", erklärt Sozialreferentin Dorothee Schiwy, die wie Oberbürgermeister Dieter Reiter und Bürgermeisterin Verena Dietl (alle SPD) selbst vor Ort ist.

Gleich nach der Ankunft des Zuges wird ein Mädchen in eine Klinik gebracht. Sie habe sich während der Reise immer wieder übergeben, heißt es.

MVG-Busse warten in der Arnulfstraße auf die Ankömmlinge, um sie in Notunterkünfte zu bringen.
MVG-Busse warten in der Arnulfstraße auf die Ankömmlinge, um sie in Notunterkünfte zu bringen. © Bernd Wackerbauer

Alle Flüchtlinge hatten Papiere dabei

Dolmetscher bitten die Ukrainer, grüppchenweise auszusteigen, Chaos will man vermeiden. Ältere Männer mit Gehstock, eine Frau im Rollstuhl, die vielen Mütter und ihre Kinder - alle müssen sich zunächst im Starnberger Flügelbahnhof registrieren lassen.

"Die Pässe werden fotografiert", erklärt Wolfgang Hauner, Sprecher der Bundespolizei. Die Reisenden seien aber bereits im Zug kontrolliert worden. "Alle haben Papiere dabei."

Die meisten Familien kommen im Regent-Hotel unter

Nach der Registrierung werden die Menschen verteilt. In der Arnulfstraße stehen mehrere MVG-Busse bereit, die die Ankömmlinge zu den Notunterkünften bringen. Die meisten Mütter und ihre Kinder haben es an diesem Abend aber nicht mehr so weit. Für sie ist das Regent-Hotel (186 Zimmer) in der Seidlstraße erste Anlaufadresse. Wiesn-Wirt Edi Reinbold hat das leerstehende Gebäude der Stadt für zehn Monate vermietet.

Viele Mütter und Kinder können die erste Nacht im Hotel Regent schlafen.
Viele Mütter und Kinder können die erste Nacht im Hotel Regent schlafen. © Bernd Wackerbauer

Auch Haustiere sind mitgereist

Dort warten Pasha P. (15) und seine Mutter Tanya (43). Sie kommen aus Charkiw, der zweitgrößten Stadt in der Ukraine. Die beiden sind sehr erschöpft, seit dem 3. März sind schon sie unterwegs, erzählt Pasha. Seine Mutter lässt kurz ihre Katze raus, die sie in einer Transportbox dabei hat. Auch Hunde und andere Tiere sind im Zug mitgefahren.

In einem Zelt wird auf Corona getestet, das andere dient zum Aufwärmen.
In einem Zelt wird auf Corona getestet, das andere dient zum Aufwärmen. © Bernd Wackerbauer

Nun müssen ihre Besitzer erst einmal einen Corona-Test machen, bis sie nach rund 18-stündiger Zugfahrt ins Bett kommen. Sollten sie positiv getestet werden, müssen sie in eine andere Unterkunft.

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