Hunderte Flüchtlinge kommen in München an: So ist die Lage am Hauptbahnhof

München - "In Kürze wird das Gleis 26 gesperrt, der Zugverkehr wird dort eingestellt", hallt es am frühen Samstagabend immer wieder durch die Bahnhofshalle. "Es wird ein Zug erwartet mit Flüchtlingen aus der Ukraine." Reisende, die zum Starnberger Flügelbahnhof wollen, werden gebeten, den Eingang an der Arnulfstraße zu nehmen.
Der erste Sonderzug mit Kriegsflüchtlingen ist da
Um 18.08 Uhr ist er da: der erste Sonderzug, ausschließlich mit Flüchtlingen besetzt. Bis dahin waren die Menschen gruppenweise gekommen, in normalen Fernverkehrszügen zwischen anderen Reisenden. Bis zu 1.500 täglich waren es zuletzt, die meisten Frauen und Kinder.
Sie alle brauchen einen Schlafplatz, eine Unterkunft, Verpflegung und Unterstützung dabei, wie es für sie weitergeht. Eine immense Herausforderung für die Stadt und die vielen Helfer.

Ein privater Bahnunternehmer machte es möglich
Mit dem ersten Sonderzug sollten bis zu 1.500 Menschen gleichzeitig ankommen. Der private Bahnunternehmer Alex Dworaczek (47), dessen Firma RailAdventure in Pullach sitzt, hatte die Sonderfahrt organisiert. 16 Waggons hatte er gechartert und in Abstimmung mit dem Krisenzentrum in Warschau in der polnischen Hauptstadt und in Posen Schutzsuchende eingesammelt.

In München steigen rund 400 Menschen aus
Letztlich sind es dann doch nicht so viele. Die Polizei zählt gut 400. "Viele wollten lieber nach Berlin, in die von Polen nächstgelegene Großstadt in Deutschland", erklärt Dworaczek. Viele Ukrainer, die in seinen Zug gestiegen waren, seien zudem bereits in Frankfurt/Oder, Braunschweig und Würzburg ausgestiegen.
"Wir rechnen mit vielen unbegleiteten Kindern"
München wirkt am Samstagabend jedenfalls gut vorbereitet auf viele Neuankömmlinge. Am Bahnsteig warten Dutzende Helfer, darunter viele mit leuchtend gelben Westen vom Stadtjugendamt. "Wir rechnen mit vielen unbegleiteten Kindern", erklärt Sozialreferentin Dorothee Schiwy, die wie Oberbürgermeister Dieter Reiter und Bürgermeisterin Verena Dietl (alle SPD) selbst vor Ort ist.
Gleich nach der Ankunft des Zuges wird ein Mädchen in eine Klinik gebracht. Sie habe sich während der Reise immer wieder übergeben, heißt es.

Alle Flüchtlinge hatten Papiere dabei
Dolmetscher bitten die Ukrainer, grüppchenweise auszusteigen, Chaos will man vermeiden. Ältere Männer mit Gehstock, eine Frau im Rollstuhl, die vielen Mütter und ihre Kinder - alle müssen sich zunächst im Starnberger Flügelbahnhof registrieren lassen.
"Die Pässe werden fotografiert", erklärt Wolfgang Hauner, Sprecher der Bundespolizei. Die Reisenden seien aber bereits im Zug kontrolliert worden. "Alle haben Papiere dabei."
Die meisten Familien kommen im Regent-Hotel unter
Nach der Registrierung werden die Menschen verteilt. In der Arnulfstraße stehen mehrere MVG-Busse bereit, die die Ankömmlinge zu den Notunterkünften bringen. Die meisten Mütter und ihre Kinder haben es an diesem Abend aber nicht mehr so weit. Für sie ist das Regent-Hotel (186 Zimmer) in der Seidlstraße erste Anlaufadresse. Wiesn-Wirt Edi Reinbold hat das leerstehende Gebäude der Stadt für zehn Monate vermietet.

Auch Haustiere sind mitgereist
Dort warten Pasha P. (15) und seine Mutter Tanya (43). Sie kommen aus Charkiw, der zweitgrößten Stadt in der Ukraine. Die beiden sind sehr erschöpft, seit dem 3. März sind schon sie unterwegs, erzählt Pasha. Seine Mutter lässt kurz ihre Katze raus, die sie in einer Transportbox dabei hat. Auch Hunde und andere Tiere sind im Zug mitgefahren.

Nun müssen ihre Besitzer erst einmal einen Corona-Test machen, bis sie nach rund 18-stündiger Zugfahrt ins Bett kommen. Sollten sie positiv getestet werden, müssen sie in eine andere Unterkunft.