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Hooligan-Schlägerei in München: Ehrenkodex erschwert Ermittlungen der Polizei

Mehr als einen Monat ist die Massenschlägerei zwischen Fußballfans in Sendling nun her. Doch anders als erwartet, kann die Polizei noch keine Ermittlungserfolge dazu vermelden.
von  AZ
Am Sendlinger Bunker kann die Polizei an jenem Abend viele Personalien feststellen - allerdings von Sechzgern, nicht von den Bayern, die sie davor überfallen haben.
Am Sendlinger Bunker kann die Polizei an jenem Abend viele Personalien feststellen - allerdings von Sechzgern, nicht von den Bayern, die sie davor überfallen haben. © privat

München - Nach der Massenschlägerei zwischen Löwen- und Bayern-Fans Mitte Mai in der Implerstraße tritt die Polizei bei ihren Ermittlungen offenbar auf der Stelle. Es geht um den Verdacht des Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung.

Bisher konnte aber noch keiner der Beteiligten mit Sicherheit identifiziert und festgenommen werden. Dabei hatte sich die Polizei in den Tagen nach der Auseinandersetzung noch sehr optimistisch gezeigt. Auf Aufnahmen seien teils auch Gesichter zu erkennen, hatte es geheißen. Szenekundige Beamte werteten die Bilder nun aus.

Bayern-Hooligans lauerten Löwen-Ultras auf

Zur Erinnerung: Bayern-Hooligans hatten am 14. Mai, am Muttertag, abends kurz nach 22 Uhr im Bereich der Kreuzung Impler- und Lindenschmitstraße Sechzig-Ultras abgefangen, die gerade von einem Auswärtsspiel zurückkamen. Beide Seiten gingen sofort aufeinander los. An der Massenprügelei waren nach Polizeiangaben jeweils 40 Anhänger beider Vereine beteiligt – Szene-Kenner bezweifelten die Zahlen und sprachen von einer Übermacht der Angreifer. Ein Video, das ein Anwohner mit seinem Handy aufnahm, zeigt, wie beide Lager auf dem Gehweg aber auch mitten auf der Fahrbahn aufeinander einprügeln.

Hooligan-Prügelei in München: Als die Polizei kommt, flüchten die Angreifer

Zu sehen sind junge Männer in weißen T-Shirts – dem Vernehmen nach die Bayern-Anhänger; viele von ihnen trugen Masken. Die "Uniformierung" diente wohl dazu, Freund und Feind besser unterscheiden zu können. Das Video dokumentiert auch die Brutalität bei der Massenprügelei. Zu sehen ist beispielsweise, wie mehrere Personen – mutmaßlich die Bayern – auf einen am Boden liegenden Mann eintreten.

Als die ersten Streifenwagen am Tatort eintrafen, rannten die Männer davon. Die Löwen-Fans zogen sich nach der Prügelei in ihren Szenetreffpunkt, einen Sendlinger Hochbunker, zurück. Dort bekamen sie wenig später Besuch von einem Großaufgebot der Polizei – was in der Nachbarschaft für großes Aufsehen sorgte. Sogar die Feuerwehr war im Einsatz, um die Umgebung auszuleuchten.

Trotz Videos: Darum ist die Ermittlung der Schläger so schwierig

Den Fahndern liegen mehrere Videos aus der Nacht vor. "Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen und gehen weiter", sagte Polizeisprecher Werner Kraus auf Nachfrage der AZ. Auf Videos sind einige der Schläger relativ gut zu sehen. Spezialisten des Präsidiums, sogenannte szenekundige Beamte, die sich in der Fan-Szene gut auskennen, haben sich die Aufnahmen inzwischen angesehen. Offenbar ist es aber schwieriger als erhofft, einzelne Personen zu identifizieren und ihnen zudem eine strafbare Handlung nachzuweisen. Zumal etliche der Schläger maskiert waren.

Die Fangruppen beider Vereine, die an der Auseinandersetzung beteiligt waren, zeigen sich, wie in solchen Fällen üblich, wenig kooperativ gegenüber der Polizei. Obwohl es bei der Massenschlägerei Verletzte gegeben haben dürfte, meldete sich bisher kein einziger Geschädigter bei der Polizei – auch das ist in der Szene mit ihrem ganz speziellen Ehrenkodex durchaus üblich.

Kommen Super Recognizer den Hooligans auf die Spur?

Das Präsidium verfügt über sogenannte Super Recognizer. Diese Männer und Frauen sind aufgrund ihrer besonderen Fähigkeiten in der Lage, einzelne Personen selbst in großen Menschenmengen zu finden und zu identifizieren. Auch diese Super Recognizer dürften inzwischen bei den Ermittlungen mit eingebunden sein. Ob sie Erfolg hatten, ist unklar. Das Präsidium schweigt und verweist auf noch laufende Ermittlungen.

Einige der an der Schlägerei beteiligten Ultras haben am Tatort zudem Sturmhauben und Schlagwerkzeuge zurückgelassen. Auch sie werden im Kriminallabor nach Spuren, beispielsweise DNS und Fingerabdrücken, untersucht. Ein Ergebnis ist nicht bekannt.

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