Hassbotschaften im Münchner Stadtrat: "Jede Politikerin ist betroffen"
München - Wenn sie erst einmal einen "vernünftigen Mann" treffen würde, wäre sie sicher keine Lesbe. Mit diesem Körper sollte sie besser mal eine Hungerkur machen.
Das sind zwei Beispiele, die Micky Wenngatz schnell einfallen, wenn man sie nach ihren Erfahrungen mit Hass und Hetze im Netz fragt. Wenngatz sitzt für die SPD im Stadtrat, ist als Vorsitzende des Vereins "München ist bunt", oft auf Demos gegen Rechts unterwegs und sie ist lesbisch. All das macht sie für Rechtsextreme, Demokratiefeinde, Frauenhasser und Verschwörungstheoretiker angreifbar.
Zeitweise erreichten sie sechs, sieben E-Mails am Tag, meistens dann, wenn sie zuvor öffentlich aufgetreten sei, sagt Wenngatz. Sie hat schon vor Jahren in ihrem E-Mail-Postfach einen eigenen Ordner für besonders schlimme Hassbotschaften angelegt. Aber auch bei ihr daheim im Briefkasten landet Post, die ihr Angst machen soll.
Angeklagt und bestraft sei bisher keiner der Verfasser
"Sie wollen damit kommunizieren, dass sie wissen, wo ich wohne", sagt Wenngatz. "Sie wollen den Druck erhöhen." Angst lasse sie sich aber keine machen - weil sie sich nicht den Mund verbieten lassen wolle.
Angeklagt und bestraft sei bisher keiner der Verfasser, sagt Wenngatz. Meist, weil sich der Täter nicht ausfindig machen ließ oder weil er sich noch in den Grenzen der Meinungsfreiheit bewegte.
Trotzdem habe sich zumindest der Umgang von Polizei und Staatsanwaltschaft mit dieser Form der Kriminalität verbessert. "Die Sensibilität ist viel größer als früher." Das ist auch notwendig: Wenngatz geht davon aus, dass früher oder später jede ihrer Kolleginnen im Stadtrat hässliche Nachrichten bekommt - per Mail, in Sozialen Netzwerken oder im Briefkasten.
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