Handy-Vertrag überführt Westend-Kidnapper

Ermittler verhafteten den mutmaßlichen Kidnapper der Münchner Bankiers-Gattin. Der 52-Jährige beging einen verräterischen Fehler: Ein Papier in der Wohnung, die er angemietet hatte, führt auf seine Fährte nach Thailand.  
von  Ralph Hub
Die Provinz Phrae liegt weitab von den Touristenzentren im Norden Thailands. Aus der Gegend stammt auch die Ehefrau von Mario S. (52)
Die Provinz Phrae liegt weitab von den Touristenzentren im Norden Thailands. Aus der Gegend stammt auch die Ehefrau von Mario S. (52) © imago

Ermittler verhafteten den mutmaßlichen Kidnapper der Münchner Bankiers-Gattin. Der 52-Jährige beging einen verräterischen Fehler: Ein Papier in der Wohnung, die er angemietet hatte, führt auf seine Fährte nach Thailand.

München - Mario S. hatte sich alle Mühe gegeben, seine Spuren gründlich zu verwischen. Doch ein weggeworfener Handy-Vertrag im Hausmüll seines Schlupfwinkels im Westend wurde dem 52-Jährigen zum Verhängnis. Zielfahnder stöberten den früheren IT-Experten in Thailand auf und verhafteten ihn.

Eine der spektakulärsten Entführungen der letzten Jahre ist so gut wie aufgeklärt. Knapp 8500 Kilometer entfernt, in der Provinz Phrae im Norden Thailands endete die Flucht von Mario S.; der studierte Computerexperte aus dem Rheinland lebt seit mehreren Jahren in Asien. 2012 hatte er seinen Job bei einer Münchner Computerfirma an den Nagel gehängt. Er ließ sich auszahlen und heiratete seine Frau, eine gebürtige Thailänderin. Gemeinsam bauten sie 2014 ein Haus in Phrae.

Im Mai 2015 kehrte er nach München zurück. Er hatte eine alte Rechnung zu begleichen. Angeblich geht es dabei um 1,5 Millionen Euro. Offenbar eine Investition bei der Stadtsparkasse, um die sich der IT-Experte betrogen fühlt.

Am 10. Juni überwältigte er in Ottobrunn die Frau eines Sparkassen-Managers. In einem Brief forderte er rund 2,5 Millionen Lösegeld. Er fuhr mit der 46-Jährigen ins Westend. Ihr Sohn (12) blieb zurück.
In der Bergmannstraße hatte der Entführer als Versteck eine Wohnung angemietet. Doch dann ging alles schief. Der Geisel gelang auf einem Parkplatz die Flucht.
Als Mario S. klar wurde, dass der Coup gescheitert war, versteckte er sich in der Wohnung. Er rasierte sich den verräterischen Bart ab und putzte die Zimmer, während ihn Polizisten in der Stadt suchten.

Am Abend fuhr er zum Flughafen. Er wollte zurück nach Thailand. Die Sicherheitskontrollen waren kein Problem. Noch war er nicht enttarnt. Er zeigte seinen Pass. Wie von allen Passagieren mit Ziel außerhalb der EU wurde auch von ihm ein Foto gemacht. Wenig später saß er in der Maschine und hob ab. Die Flucht schien geglückt.

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Doch dem Entführer war ein entscheidender Fehler unterlaufen. Im Hausmüll seines Verstecks hatten die Ermittler einen Vertrag für ein Prepaid-Handy entdeckt. Damit war den Fahndern nun auch der Name des Verdächtigen bekannt. Die Ermittler konnten mit Hilfe des Handys den Fluchweg rekonstruieren. „Dabei hat uns die Vorratsdatenspeicherung maßgeblich geholfen“, sagt Markus Kraus.

In seinem Haus in Phrae bekam Mario S. am letzten Freitag Besuch von der thailändischen Polizei. Die deutsche Botschaft hatte den Pass des 52-Jährigen einziehen lassen. Damit war der Aufenthalt des IT-Experten mit einem Schlag illegal. Er sitzt inzwischen in Abschiebehaft. Auch die Ehe mit einer Thailänderin kann Mario S. nicht schützen.

In München wird er sich vor dem Landgericht verantworten müssen. „Wir ermitteln wegen Freiheitsberaubung, erpresserischen Menschenraubs und versuchter schwerer Erpressung“, sagt Staatsanwältin Judith Henkel. Mario S. droht im Fall einer Verurteilung eine Haftstrafe zwischen fünf bis 15 Jahren.

 

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